Die Krise wird nach unten weitergereicht
Die heimische Wirtschaft steckt in einer tiefen Krise. 2023 war ein Rezessionsjahr. 2024 war noch schlechter. Und auch für 2025 sagen Österreichs führende Wirtschaftsforschungsinstitute erneut eine schrumpfende Wirtschaftsleistung voraus.
WIFO und IHS schlagen Alarm – zurecht. Doch ihre wirtschaftspolitische Schlussfolgerung überrascht: Nicht Investitionen, nicht gezielte Impulse. Sondern „Lohnzurückhaltung“ soll jetzt her.
Pensionen, Sozialleistungen, Beamtengehälter – alles soll weniger stark steigen als die Inflation. Das ist kein Ausweg aus der Krise, das ist ihre Verlängerung mit anderen Mitteln.
Blockierte Maßnahmen, verpasste Chancen
Genau jene Ökonomen, die jetzt weniger Einkommen fordern, haben zuvor zentrale Maßnahmen gegen die Teuerung blockiert. Gabriel Felbermayr, Direktor des WIFO, trat während der Inflationskrise wiederholt als Mahner auf – allerdings vor allem dann, wenn es um Preisbremsen für Haushalte ging.
Im Juni 2022 etwa warnte das WIFO ausdrücklich vor Eingriffen in die Preisbildung.
Ein Mietpreisdeckel? „Nicht unproblematisch.“
Ein Strompreisdeckel? „Nicht empfehlenswert.“
Eine Senkung der Mehrwertsteuer auf Lebensmittel? „Sozial nicht treffsicher.“
Besteuerung der Rekordgewinne der Energiekonzerne? “Nicht zielführend.”
Vermögensbezogene Steuern zur Finanzierung der Krisenkosten? “Nicht vertrauensfördernd”
Folgenreiche Fehler
Während die Preise davonzogen, kamen hunderttausende Haushalte an ihre finanziellen Grenzen. Trotzdem lehnten Felbermayr und Kollegen nahezu jede Form der Preisregulierung ab.
Selbst als Mieten in Österreich deutlich stärker stiegen als anderswo, sprach sich Felbermayr im März 2023 noch gegen eine Mietdeckelung von 2 Prozent aus. Und während er im Sommer 2022 noch gegen einen Strompreisdeckel war, räumt er heute ein, man hätte die Preisbremse auch auf Erdgas ausweiten sollen. Ja, hätte man. Er räumt inzwischen Fehleinschätzungen ein. Man hätte „die Inflationsbekämpfung viel stärker in den Vordergrund stellen sollen“.
Die Folgen wirtschaftlicher Untätigkeit
Weil das nicht passiert ist, kam Österreich schlechter durch die Krise als viele andere Länder. Staaten, die aktiv eingegriffen haben – durch Preisbremsen, Mietdeckel oder staatliche Eingriffe in die Märkte – hatten niedrigere Inflationsraten, stabileren Konsum, weniger Wirtschaftseinbruch.
In Österreich hingegen wurde gezögert. Und nun, wo die Löhne beginnen aufzuholen, sollen sie wieder gedrückt werden – mit Verweis auf die Produktivität, auf Sparzwänge im öffentlichen Sektor oder auf ökonomische „Notwendigkeiten“.
Felbermayr wörtlich: „Eine Rezession ist nun mal hart.“ Ja – niemand weiß das besser als die Menschen, deren Löhne und Pensionen er jetzt kürzen will. Sie zahlen die hohe Miete, den teuren Strom, den doppelt so teuren Wocheneinkauf.
Für wen wird eigentlich Politik gemacht?
Diese Wirtschaftspolitik ist nicht neutral. Sie schützt Vermögen, nicht Einkommen. Sie verteidigt Marktlogik, nicht soziale Gerechtigkeit. Sie spricht von Wettbewerbsfähigkeit, wenn sie in Wahrheit die Lohnkosten senken will. Und sie nennt es „Sachzwang“, wenn sie politische Spielräume leugnet.
Was wir jetzt brauchen, ist eine Wirtschaftspolitik, die Verantwortung übernimmt:
Eine Politik, die Preise dämpft, den Konsum stabilisiert, Investitionen ermöglicht – und die nicht zulässt, dass ausgerechnet jene, die schon die Teuerung tragen mussten, nun auch noch die Krise bezahlen.
Dieser Beitrag wurde am 27.03.2025 auf moment.at veröffentlicht und unter der Creative-Commons-Lizenz CC BY-SA 4.0 veröffentlicht. Diese Lizenz ermöglicht den Nutzer*innen eine freie Bearbeitung, Weiterverwendung, Vervielfältigung und Verbreitung der textlichen Inhalte unter Namensnennung der Urheberin/des Urhebers sowie unter gleichen Bedingungen.
Titelbild: Der WIFO-Ökonom Gabriel Felbermayr (Foto: BMEIA / CC 2.0 BY)
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