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Aus Homeoffice wird Tele­arbeit – aber wie tauglich ist die Gesetzes­novelle?

Vor vier Jahren einigten sich die Sozialpartner auf arbeits-, sozialversicherungs- und steuerrechtliche Regelungen zum Thema Homeoffice. Mit 1.1.2025 tritt die Novelle zum Gesetz in Kraft, der Begriff Telearbeit wird damit in das österreichische Recht eingeführt. Das bedeutet mehr örtliche Flexibilität, der Unfallversicherungsschutz hinkt jedoch nach.

Von Michael Gogola (A&W-Blog)

Homeoffice im Gesetz

Vor dem Hintergrund der COVID-19-Pandemie und auf der Grundlage einer Sozialpartnereinigung haben mit 1.4.2021 erstmals Regelungen zum Thema Homeoffice Eingang in das österreichische Arbeitsrecht gefunden. Erstmals wurde eine Definition von „Homeoffice“ ins Gesetz aufgenommen. Die seither geltenden Bestimmungen des § 2h AVRAG regeln lediglich die Arbeit in der (vorwiegend: eigenen) Wohnung des bzw. der Arbeitnehmer:in und sehen bei Zurverfügungstellung von digitalen Betriebsmitteln durch den bzw. die Arbeitnehmer:in einen verpflichtend zu leistenden Kostenersatz in angemessener Höhe vor. Der Arbeitnehmer:innenseite ist es 2021 auch gelungen, flankierende Regelungen zum Schutz der Beschäftigten durchzusetzen. So wurde etwa der Versicherungsschutz bei Unfällen im Homeoffice sowie bei Wegen zum und aus dem Homeoffice ausgeweitet, außerdem erfolgte eine Ausweitung im Dienstnehmerhaftpflichtgesetz, das seitdem Haftungserleichterungen auch für Haushaltsangehörige vorsieht.

Novelle zur Telearbeit: Arbeiten in Wohnung, Büro und an sonstigen Orten

Mit 1.1.2025 erfolgt eine Ausweitung der Regelungen über den Bereich der (eigenen) Wohnung hinaus. Der Begriff „Homeoffice“ wird im Gesetz durch „Telearbeit“ ersetzt und sämtliche Orte außerhalb der Betriebsstätte des Arbeitgebers sind damit erfasst. Die bisher etwas schwierige Abgrenzung zwischen dem (gesetzlich erfassten und geschützten) Bereich der Wohnung und sonstigen Orten entfällt daher künftig. Erstmals werden nun generelle Regelungen für die Arbeitserbringung in mobiler Weise – unabhängig vom Ort – gelten. Telearbeit liegt nach der Neufassung des § 2h AVRAG somit vor, wenn an einer „selbst gewählten, nicht zum Unternehmen gehörenden Örtlichkeit“ gearbeitet wird. Auch Örtlichkeiten wie Coworking-Spaces oder Hotelzimmer, die bislang ausdrücklich nicht in den Geltungsbereich der Homeoffice-Regelungen gefallen sind, sind damit erfasst.

Ansonsten ändern sich die bisherigen arbeitsrechtlichen Bestimmungen des § 2h AVRAG jedoch nicht wesentlich. Bei Telearbeit in jeder Form und an jedem Ort ist angemessener Kostenersatz zu leisten. Außerdem bleibt es bei der Notwendigkeit einer schriftlichen Vereinbarung über Telearbeit – diese hat nun auch Angaben über die Örtlichkeit, an der gearbeitet werden soll, zu enthalten. Eine Rücktrittsmöglichkeit aus wichtigem Grund ist außerdem gesetzlich in § 2h AVRAG vorgesehen.

Bessere Bedingungen mit Betriebsvereinbarung

Die Ausweitung der Bestimmungen von Homeoffice auf Telearbeit entspricht auch einer zentralen Erkenntnis der von der Bundesregierung beauftragten Evaluierung der Homeoffice-Regelungen, wonach sich eine große Zahl von Arbeitnehmer:innen weitergehende Regelungen wünscht. Ein weiteres Ergebnis der Evaluierung war jedoch auch der Wunsch nach einem erzwingbaren Betriebsvereinbarungstatbestand. Das würde bedeuten, dass Betriebsräte eine Betriebsvereinbarung vor der Schlichtungsstelle erzwingen können, wenn der Arbeitgeber sich weigert, eine Betriebsvereinbarung abzuschließen. Einen solchen erzwingbaren Tatbestand umzusetzen, war von der Bundesregierung jedoch offenbar nicht gewünscht, obwohl sich in der Praxis deutlich zeigt: Wo Betriebsvereinbarungen bestehen, funktioniert mobiles Arbeiten konfliktfreier und die Zufriedenheit bei Arbeitgeber:innen und Arbeitnehmer:innen ist höher. Der freiwillige Tatbestand des § 97 Abs 1 Z 27 ArbVG lautet nun „Festlegung von Rahmenbedingungen für Arbeit in Telearbeit“.

Bestehende Vereinbarungen bleiben gültig

Bestehende Betriebs- und Einzelvereinbarungen müssen ab 1.1.2025 nicht neu abgeschlossen werden, sie bleiben aufrecht. Lediglich wenn eine Ausweitung in örtlicher Hinsicht (wenn also z. B. neben die Wohnung noch ein Coworking-Space als Arbeitsort treten soll) beabsichtigt ist, muss eine Anpassung erfolgen.

Was ändert sich beim Unfallversicherungsschutz?

Besonders kritisch zu beurteilen sind die Änderungen zur sozialversicherungsrechtlichen Absicherung von Telearbeiter:innen. So sieht § 175 ASVG ab 1.1.2025 ein – einigermaßen komplexes – mehrstufiges Modell vor, das abhängig vom Ort der Telearbeit ein unterschiedliches Schutzniveau gewährt. Dahinter steht erkennbar das Motiv, den Unfallversicherungsschutz für Wegunfälle von überwiegend „eigenwirtschaftlich“ motivierten Reisebewegungen zu trennen. Nicht jeder Weg zu oder von einem Telearbeitsort soll also geschützt sein.

Telearbeit im engeren Sinn

So wird im Hinblick auf den Unfallversicherungsschutz zwischen Telearbeit im engeren Sinn und Telearbeit im weiteren Sinn unterschieden. Telearbeit im engeren Sinn liegt vor, wenn in der eigenen Wohnung, in der Wohnung eines bzw. einer nahen Angehörigen oder im Coworking-Space gearbeitet wird. Wird in der eigenen Wohnung gearbeitet, so besteht – wie bisher – umfassender Unfallversicherungsschutz bei der Arbeit sowie bei (sämtlichen) Wegunfällen. Wird in der Wohnung eines bzw. einer nahen Angehörigen oder im Coworking-Space gearbeitet, so besteht zwar Unfallversicherungsschutz bei der Arbeit, bei Wegunfällen jedoch nur dann, wenn sich der Telearbeitsort „in der Nähe zur Wohnung (…) oder Arbeitsstätte befindet oder die Entfernung von der (eigenen) Wohnung zum Telearbeitsort dem sonst üblichen Arbeitsweg entspricht“.

Telearbeit im weiteren Sinn

Für Telearbeit im weiteren Sinn, also Arbeit an sämtlichen anderen Orten, die nicht die eigene Wohnung, die Wohnung eines bzw. einer nahen Angehörigen oder ein Coworking-Space sind, besteht zwar Schutz bei Unfällen bei der Arbeit, jedoch kein Schutz auf Arbeitswegen. Aus Sicht von Gewerkschaft und Arbeiterkammer ist jedenfalls klar: Der Schutz für Arztwege, Befriedigung lebensnotwendiger Bedürfnisse und Ähnliches muss unabhängig vom Ort der Tätigkeitsausübung gegeben sein!

Steuerlich keine Änderungen

In steuerlicher Hinsicht ändert sich durch die Telearbeitsnovelle nichts. Weiterhin ist die Möglichkeit vorgesehen, Kostenersatzzahlungen im Ausmaß von bis zu drei Euro pro Tag für maximal 100 Tage pro Jahr steuerfrei zu leisten – lediglich die Begrifflichkeit (und somit der Umfang) soll sich auch hier ändern: Künftig wird von der „Telearbeitspauschale“ gesprochen. Das bedeutet, dass Zahlungen des Arbeitgebers als Abgeltungen für digitale Arbeitsmittel oder im Rahmen eines Pauschales von drei Euro pro Telearbeitstag, maximal also 300 Euro pro Jahr, steuer- und sozialversicherungsfrei ausgezahlt werden können. Wird die Steuerbegünstigung nicht oder nicht in vollem Umfang ausgeschöpft, so kann die Differenz zusätzlich als Werbungskosten („Differenzwerbungskosten“) geltend gemacht werden. Daneben besteht (weiterhin) ein grundsätzlicher Anspruch auf Kostenersatz gemäß § 1014 ABGB analog für Aufwendungen, die den Arbeitnehmer:innen abseits der digitalen Arbeitsmittel entstehen, z. B. für Strom und Heizung. Zudem können Aufwendungen für ergonomisches Mobiliar (Bürostuhl, Schreibtisch etc.) über die gewöhnliche Nutzungsdauer mit bis zu 300 Euro pro Jahr abgesetzt werden.

Fazit

Die Telearbeitsnovelle ab 1.1.2025 bedeutet eine Ausweitung der gesetzlichen Regelungen über die Wohnung des bzw. der Arbeitnehmer:in hinaus und entspricht dem Wunsch vieler Beschäftigter. Nun erhalten also auch z. B. Arbeitnehmer:innen im Coworking-Space einen gesetzlichen Anspruch auf Zurverfügungstellung von digitalen Arbeitsmitteln. Werden diese nicht zur Verfügung gestellt, haben sie einen Anspruch auf Kostenersatz. Die Neuregelung des Unfallversicherungsschutzes stellt sich hingegen leider als misslungen dar. Schließlich sollte auch auf Arbeitswegen (z. B. zum Arzt oder zum nächstgelegenen Supermarkt während der Mittagspause) sichergestellt sein, dass Arbeitnehmer:innen bei Unfällen geschützt sind. Außerdem braucht es einen erzwingbaren Betriebsvereinbarungstatbestand für Telearbeit, um gute Bedingungen für alle Arbeitnehmer:innen sicherstellen zu können.


Dieser Beitrag wurde am 20.11.2024 auf dem Blog Arbeit & Wirtschaft unter der Creative-Commons-Lizenz CC BY-SA 4.0 veröffentlicht. Diese Lizenz ermöglicht den NutzerInnen eine freie Bearbeitung, Weiterverwendung, Vervielfältigung und Verbreitung der textlichen Inhalte unter Namensnennung der Urheberin/des Urhebers sowie unter gleichen Bedingungen.

Titelbild: Vinzent Weinbeer / Pixabay

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