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Sozialökologische Transformation

Dieser Tage wurde in der Regierung die neue österreichische Sicherheitsstrategie (ÖSS) mittels Umlaufbeschluss abgesegnet. Bis dato fehlt eine Befassung durch das Parlament. Nach ersten Informationen geht es um eine enge sicherheitspolitische Bindung an die EU und eine Erweiterung und Vertiefung unserer – schon jetzt umfangreichen – Zusammenarbeit mit der NATO.

Ein Gastbeitrag von Ilse Kleinschuster

Widerstand aus dem Friedensbereich – siehe https://www.versoehnungsbund.at/wordpress/wp-content/uploads/2023/12/Oesterreichische-Friedensstrategie-online.pdf – wird laut, aber geflissentlich von Seiten der Regierung überhört, wenn nicht gar diskreditiert. Für das neutrale Land Österreich bedeutet EU-Hochrüstung einen Verlust an Steuergeld, da dadurch unser Verteidigungsbudget belastet wird (Als EU-Land 2% des BIP für Militär und Rüstung, d.h. bis 2032 60 Mrd. Euro).

Wir erleben die gefährlichsten Zeiten in der Geschichte der Menschheit, so der Direktor des Schwedischen Friedensforschungsinstituts SIPRI, Dan Smith, der heuer im Juni seinen jährlichen Analysebericht zu den Atomwaffen veröffentlichte. Die Weiterentwicklung in den Nukleararsenalen schreitet voran. Je kleiner die Atomwaffen werden, umso höher ihre Einsatzwahrscheinlichkeit. Nicht ohne Grund zeige die sogenannte Weltuntergangsuhr (Doomsday Clock – eine vom Wissenschaftsbeirat der Zeitschrift „Bulletin of the Atomic Scientists“ erfundene fiktive Uhr, die durch die Stellung ihrer Zeiger eine Bewertung der Gefahren durch Atomwaffen und später weiterer internationaler Krisen anzeigt) nur mehr 90 Sekunden vor Mitternacht.

Ich weiß, das wird alles nicht gern gehört!

Und ich möchte mich daher auf die paar obigen Zeilen negativer Berichterstattung, die ich einer Publikation des Österreichischen Friedensrates entnommen habe (Bulletin BETRIFFT FRIEDEN Nr.4/ 2024) beschränken. 

Meine Absicht hinter diesem Beitrag ist mein Wunsch, jungen Menschen mit ihrem großen Verlangen nach Gewaltfreiheit mit einem Hoffnungsschimmer entgegenzukommen, ihnen Perspektiven vor Augen zu halten, die sich durch Friedensbildung, materielle und mentale Abrüstung, Zeit für erzieherische, kulturelle und soziale Transformation auszeichnen. Diesen Schimmer von Hoffnung habe ich mir selbst bewahren können, weil ich nie aufgehört habe, an die gemeinsame Menschlichkeit zu glauben. Unterstützung darin habe ich immer wieder in Vorbildern gefunden (Martin Luther King, Mahatma Gandhi, Bertha von Suttner u.a.).

Betonen möchte ich zunächst in diesem Zusammenhang meine große Besorgnis über die Normalisierung und Eskalation der Anwendung von Krieg als Mittel zur Konfliktlösung, den Anstieg von Militärausgaben, die Einführung von Militarismus in die Gesellschaft und Schulen, auch in europäischen Ländern. Mit dieser Entwicklung einher geht die zunehmende Spaltung der Gesellschaft, die sich bereits destruktiv auf unser aller Lebensbedingungen auswirkt.  

Krieg ist heute wohl als der extremste Akt eines irrationalen Modells von menschlicher Entwicklung nach der Zeit der AUFKLÄRUNG und nach 80 Jahren Frieden in Europa zu bezeichnen. Wieso konnte es zu einer derartigen Dominanz von Ausbeutung, auch der Umwelt, durch den enthumanisierten Einsatz von immer mächtigeren Technologien kommen? Warum haben Fortschritte im Bewusstsein der Menschlichkeit – wie sie in der Gründung der Vereinten Nationen in der Zusammenarbeit mit ‚willigen‘ Regierungen, der Erklärung der Menschenrechte und nicht zuletzt der UN-Ziele für Nachhaltige Entwicklung manifestiert sind – nicht jenen Erfolg gehabt, den man sich noch in den 80-er Jahren davon versprochen hat?

Warum stehen Krieg und Aufrüstung wieder anstelle von Diplomatie und Deeskalation?

Haben wir es verabsäumt, die junge, starke Umweltbewegung, wie sie Greta Thunberg mobilisiert hat, für die Friedensbewegung zu begeistern? „Wir“, damit meine ich eine engagierte Zivilgesellschaft, die sich nie einig war, welche Art von Bündnissen am notwendigsten ist. Aber ist es nicht grotesk, dass diese Graswurzel-Uneinigkeit sich jetzt in der nationalen Politik niederschlägt und wie die Fragen nach einer nachhaltigen, zukunftsfähigen Politik für eine friedliche Gesellschaft sich im Schatten geopolitischen und ideologischen Gerangels um Macht und um Ressourcen abspielt?

Es wäre zu schön, wenn sich breite Bündnisse bildeten, die eine sozial-ökologische Transformation doch noch beschleunigen könnten. Ich träume: Wie könnten wir diesen Prozess einer sozial-ökologischen Transformation doch noch gemeinsam und sozial gerecht gestalten? Oder ist es zu spät, weil die neue österreichische Sicherheitsstrategie (ÖSS) uns einen Strich durch die Rechnung machen wird?

Es ist 17 Uhr am Wahlsonntag, 29. Sept. 2024 und ich wage es nicht, mir die Wahl-Berichterstattung im ORF anzuhören.


Hier der Link zur Österreichische Sicherheitsstrategie 2024 im Volltext:
Österreichischen Sicherheitsstrategie ( 583,6 KB)


Titelbild: Nick Fewings / Unsplash

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Ein Gedanke zu „Sozialökologische Transformation

  • Es tut mir leid darauf hinweisen zu müssen, dass weder sozialökologische Transformation noch Friedenspolitik Wahlkampfthemen waren. Diese Themen waren somit auch nicht wahlentscheidend. Was muss noch alles Passieren, damit sich Politik, Medien und WählerInnen um ihre Überlebensfragen kümmern? – Zu den Überflutungen noch große Waldbrände? Dass Deutschland auch in die laufenden Kriege aktiv hineingezogen wird?

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