Langsam woch’s ma z’amm
Vom Traum zur Wirklichkeit und wieder zurück – UZ-Urgestein Michael Wögerer über 10 Jahre Unsere Zeitung
Unglaublich, aber wahr. Heute vor 10 Jahren – am 4. Juli 2014 – wurde das Projekt Unsere Zeitung mit einem einfachen Facebook-Eintrag aus der Taufe gehoben. Dahinter stand nicht viel mehr als die Idee eines 32-jährigen Querdenkers (zu einer Zeit, als dieser Begriff noch positiv konnotiert war). Nach und nach entwickelte sich aus dem anfänglichen Hirngespinst das, was es heute ist: Eine demokratische Online-Zeitung mit Geschichte und Zukunft
Wir lachn viel – Wir streitn oft
Wenn aus einem ICH ein WIR wird, schließen sich Potentiale zusammen. Der eine kennt sich gut mit Homepages aus, die andere bringt gerne ihre Gedanken zu Papier, jemand, der gut und gerne Grafiken bastelt, hilft tatkräftig mit. Unsere Zeitung wächst zu dem, wofür es entstanden ist: Ein gemeinsames Projekt, in dem sich mehr und mehr Menschen engagieren. Freilich bringt dies auch Meinungsverschiedenheiten mit sich, egal, ob es sich um die inhaltliche Ausrichtung oder um organisatorische Ziele handelt. Doch so richtig gestritten wurde in diesen 10 Jahren bei uns ganz selten.
Wir san uns manchmal völlig fremd – Doch froh, dass wir uns habn
Das Schöne an der heutigen Welt ist die Möglichkeit der Vernetzung. Um eine Online-Zeitung zu betreiben, braucht es keine teure Redaktionsstube – man muss sich nicht einmal persönlich kennen. Wo auch immer du gerade bist (und Internetzugang hast), von dort aus kannst du mitschreiben und mitdiskutieren. In den vergangenen 10 Jahren haben wir dabei tausende Kilometer überwunden – von Wien bis Vorarlberg, vom Kanton Aargau bis Solothurn, von Graz bis ins spanische Saragossa. Und was Unsere Zeitung dabei ganz besonders macht im Vergleich zu anderen progressiven Medienprojekten, ist die Vielfalt der Themen, mit denen wir uns beschäftigen.
Wir sehn uns oft zwa Monat net – Das is halt so, das ghört dazu
Hinter dem Projekt Unsere Zeitung steht kein milliardenschwerer Konzern, keine einflussreiche Partei, keine Kirche. Wir finanzieren uns ausschließlich durch regelmäßige Kleinspenden, die unsere Leser:innen Monat für Monat überweisen. Im Moment können wir damit mit Mühe den laufenden Betrieb finanzieren, aber wir sind leider nicht in der Lage, Honorare für die journalistische Arbeit zu zahlen. Das bringt natürlich mit sich, dass unsere ehrenamtlichen Redakteure und Gastautorinnen Brotjobs brauchen, um ihr Leben zu finanzieren und nicht immer für die UZ zur Verfügung stehen. An dieser Stelle deshalb ein großes DANKESCHÖN an das Team und an alle, die mitmachen. In den vergangenen 10 Jahren konnten 4.229 Beiträge veröffentlicht werden, das sind über 35 Artikel pro Monat!
Wir riskiern nix – Wir prüfen uns täglich
Ein afrikanisches Sprichwort sagt:
Als die Reise von Unsere Zeitung begann, wussten wir noch nicht, wer und wie viele sich der Gruppe anschließen werden. Klar war, dass wir kein klassisches Startup-Projekt sind, das wie eine Rakete aus dem Boden schießt und (wie so oft) bald wieder in der Versenkung verschwindet. Wir lassen uns Zeit, entwickeln uns Schritt für Schritt weiter und behalten die langfristigen Ziele im Auge.
Die österreichische Medienlandschaft (ein Stück weit) zu verändern, war und ist das übergeordnete Anliegen seit der Gründung von Unsere Zeitung. Das Umfeld ist seither nicht einfacher geworden, aber unsere Leidenschaft, eine gute Zeitung für die Vielen zu machen, bleibt bestehen. Wenn wir auf die Welt blicken, erkennen wir die bittere Notwendigkeit, weiterhin ein Sprachrohr für Demokratie, Frieden und Nachhaltigkeit zu sein.
Mit Blick auf die zurückliegenden 10 Jahre und vorausschauend auf viele weitere möchte ich abschließend nochmals mit Wolfgang Ambros sprechen:
Manchmal is alles einfach
Und dann wieder net
Und manchmal is einfach ein Traum
Doch eigentlich is es unbeschreiblich –
Und langsam wochs ma zamm!
Ich habe Sie vor ein paar Tagen gefunden und schnaufe immer auf, lächelnd, wenn ich einfach angenehme, deutsche Töne vernehme. Und so interessiert mich, was Unsere Zeitung ‚aufs Papier‘ bringt in diesen schluchzend schlimmen Zeiten. Ich lebe schon seit Ewigkeiten auf dieser ach so nassen Insel im Norden, England, und sehne mich nach friedvollen Stimmen aus dem Süden. I ben aus Ulm ond jetzt leb e en Liverpool.