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True Story Award: Die besten Geschichten der Welt

Rahul Bhatia (The Guardian), Hannah Dreier (New York Magazine) und Juan José Martínez d’Aubuisson (Redacción Regional, El Salvador) heimsten die Preise beim global ausgerichteten Journalistenpreis “True Story Award” ein. 3.000 Besucher*innen waren beim Festival mit dabei.

Am Wochenende ist Bern zur Hauptstadt des globalen Journalismus geworden. Bei über 40 Publikumsveranstaltungen in der Innenstadt erzählten Journalisten und Journalistinnen aus aller Welt von ihren für den True Story Award 2024 nominierten Recherchen und von ihrer Arbeit. 

Zum Festivalauftakt am Freitagnachmittag berichteten Jean Peters und David Schraven über die Recherche von Correctiv über ein rechtsextremes Geheimtreffen in Potsdam. Die Enthüllung von Vertreibungsplänen hatte zu Jahresbeginn deutschlandweit zu Demonstrationen geführt. Danach sprach Holger Stark, stellvertretender Chefredakteur der ZEIT, mit Stella Assange über die Situation ihres Mannes, WikiLeaks-Gründer Julian Assange, dem weiterhin die Auslieferung in die USA droht. Die Anwältin betonte, dass eine Verurteilung ihres Mannes in den USA dazu führen könne, dass weltweit kein Journalist mehr vor einer Strafverfolgung wegen Geheimnisverrats sicher sein könne.   

25.000 Schweizer Franken für den ersten Preis

Am Freitagabend wurden dann die Gewinnerinnen und Gewinner bekannt gegeben. Die Schweizer Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider eröffnete die Preisverleihung vor 300 Gästen, darunter die 36 nominierten Reporterinnen und Reporter. Anschliessend skizzierte der Cartoonist Patrick Chappatte in einer Keynote den aktuellen Stand der globalen Medienlandschaft. Der Höhepunkt des Abends war die Bekanntgabe der drei Preisträger durch die Hauptjury.

Der erste Preis geht an Rahul Bhatia und mit The Trials of an Indian Witness: How a Muslim Man was caught in a Legal Nightmare an ein Werk, das sich laut Jury durch seine Originalität, seine Finesse und seine akribische Liebe zum Detail auszeichnet. Ein Mann hat etwas gesehen, und er will aussagen, Namen nennen. Aber er ist nur ein Mann, und seine Worte werden weder von der Polizei noch von den Gerichten angehört. Wir befinden uns in Indien, dem Land der Ausgrenzung. Der Mann bleibt hartnäckig: Er glaubt an die Gerechtigkeit und wird nicht aufgeben. Zwei Jahre lang folgt der Journalist dem Mann, erforscht, was er gesehen hat, seine Familie, sein Umfeld und seine rechtlichen Schritte. Mit kleinen, eleganten und aussagekräftigen Strichen zeichnet er ein nuanciertes Porträt des bevölkerungsreichsten Landes der Welt. Bhatia erhält für seine Recherche ein Preisgeld in der Höhe von 25.000 Schweizer Franken. 

Der zweite Preis wird für eine Geschichte verliehen, die die Macht des beharrlichen Nachforschens veranschaulicht. Es handelt sich um die tiefgründige Reportage The Kids on the Night Shift von Hannah Dreier über das Unrecht, das einigen der schwächsten Mitglieder der Gesellschaft angetan wurde, und das Versagen der Regierung, sie zu schützen. Elegant geschrieben, enthüllt sie Schichten der endemischen institutionalisierten Heuchelei und sozialen Doppelzüngigkeit. Es ist die Geschichte eines Kinderarbeiters in einem Schlachthof in den USA, der in einem ausbeuterischen System gefangen ist, dem er nicht entkommen kann, und der durch seine Komplexität und die Darstellung von Widersprüchen zum Nachdenken anregt.

Der dritte Preis geht an einen erschütternden Beitrag, der uns direkt in die blutverschmierten Zellenblöcke eines honduranischen Frauengefängnisses versetzt. Der Journalist Juan José Martinez d’Aubuisson rekonstruiert in We, The Massacred anschaulich ein Massaker an sechsundvierzig weiblichen Gefangenen durch rivalisierende Insassinnen. Durch eine Kombination aus mutigen Berichten aus dem kriminellen Untergrund und Interviews mit den betroffenen Frauen aus erster Hand vermittelt der Autor einen außergewöhnlichen Einblick in die chronischen Probleme Lateinamerikas mit Gewalt, Korruption und sozialer Ungleichheit.

Die Gewinnerinnen und Gewinner setzten sich gegen 33 weitere Nominierte durch, die in Bern anwesend waren. Insgesamt wurden 942 Beiträge aus 101 Ländern in 18 Sprachen eingereicht.

3.000 Besucher*innen beim Festival

Am Samstag und Sonntag erzählten schließlich 45 Journalist:innen aus 25 Ländern bei Publikumsgesprächen in acht Locations in der Berner Innenstadt von ihren Recherchen und lieferten dabei authentische Einblicke in ihre Arbeit. An den Veranstaltungen haben etwas mehr als 3.000 Besucher teilgenommen. «Der Zuspruch unseres Publikums zeigt für mich, dass sich Menschen für spannende Geschichten und relevante Recherchen rund um den Globus interessieren. Und für einen direkten Austausch und die Hintergründe von journalistischer Arbeit», sagt die Programmleiterin des True Story Festivals, Rocío Puntas Bernet.

Der True Story Award ist der erste global ausgerichtete Journalistenpreis, der Vorbild und Ansporn für Journalistinnen und Journalisten in aller Welt sein soll. Zudem sollen die Stimmen der Reporterinnen und Reporter über die Grenzen ihrer Heimatländer hinaus bekannt gemacht und damit die Vielfalt der Perspektiven in den Medien erhöht werden. Der True Story Award wird von einer unabhängigen Stiftung verliehen und würdigt die Arbeit von Reporterinnen und Reportern, die sich durch die Tiefe ihrer Recherchen, die Qualität ihres Journalismus und dessen gesellschaftliche Relevanz ausgezeichnet haben.


ERSTER PREIS
Rahul Bhatia
The Trials of an Indian Witness: How a Muslim Man was caught in a Legal Nightmare
Originalsprache: Englisch
Erstmals veröffentlicht: Guardian Long Read, Vereinigtes Königreich, 2. März 2023

ZWEITER PREIS
Hannah Dreier
The Kids on the Night Shift
Originalsprache: Englisch
Erstmals veröffentlicht: The New York Times Magazine, USA, 25. September 2023

DRITTER PREIS
Juan José Martínez d’Aubuisson 
We, The Massacred 
Originalsprache: Spanisch
Erstmals veröffentlicht: Redacción Regional, El Salvador, 14. September 2023

EHRENDE ERWÄHNUNGEN
Andreas Babst (Schweiz), Inside the Taliban’s Luxury Hotel; Elaheh Mohammadi (Iran), A Country’s Grief; Facundo Fernández Barrio, Miriam Lewin (Argentinien), The «Happiest Days» of Argentina’s Repressors; Nemanja Rujević, Ingrid Gercama, Nathalie Bertrams, Tristen Taylor (Serbien), Parrots as valuable as Cocaine


Titelbild: Die True Story Awards-Gewinner Juan José Martinez d’Aubuisson/3. Preis (links) und Rahul Bhatia/1.Preis (Mitte) mit Moderatorin Carolin Roth (rechts). Fotograf: Meinrad Schade

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