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Vom Hilfsprojekt zum Buchverlag

Der in der Schweiz lebende Augenarzt Armin Junghardt engagiert sich in Togo für eine Augenklinik, ist Stiftungsgründer und gibt neuen Texten mit einem neuen Verlag eine Chance. – Sonntag ist Büchertag 

Interview: Urs Heinz Aerni

Urs Heinz Aerni: Herr Junghardt, Sie haben eine gut laufende Augenarztpraxis, gründeten eine Stiftung gegen Augenkrankheiten in Togo, bauen momentan an einer Klinik und nun haben Sie auch einen Verlag. Wie würden Sie Ihr Temperament beschreiben?

Armin Junghardt: Mein Temperament? Ja, das ist eine gute Frage. Ich bin sicher nicht „kaltblütig“ im Sinne von „gleichgültig“, aber auch nicht „heißblütig“ im Sinne von „übertrieben umtriebig“. Ich gehe mit offenen Augen durch die Welt. Peter von Matt hat ein Buch geschrieben über die „Möglichkeiten der Literatur“

Aerni: …das übrigens 2023 im Hanser Verlag erschienen ist…

Junghardt: Genau, und hier beschreibt er dabei drei Typen: Übeltäter, trockene Schleicher und Lichtgestalten. Zu den ersten beiden will ich nicht gehören. Viele Leute gehen unbewusst durch diese Welt. 

Aerni: Das erste Buch über das Projekt in Togo stammt in Zusammenarbeit mit der Autorin Valeria Sogne. Es ist gleichzeitig eine Anleitung für alle, die sich gesellschaftlich engagieren und eine Stiftung gründen möchten. Was war die Initialzündung für dieses Buch?

Junghardt: Die Initialzündung ist mit Sicherheit auf Schwierigkeiten zurückzuführen, welche uns auf Schritt und Tritt von Anfang an bis heute begleitet haben. Man will Gutes tun und macht sich damit viel Arbeit und viele Probleme: Von der Gründung über die Verhältnisse vor Ort bis hin zu den Finanzbehörden müssen Hürden überwunden werden. Niemand gratuliert einem für das Engagement, und das braucht viel Energie. Das Buch zeigt, wie Probleme von Anfang an umgangen oder verhindert werden könnten.

Aerni: Die geopolitische Lage zeigt sich weltweit im Umbruch. Militärische Konflikte nehmen zu, Demokratien geraten unter Druck. Was motiviert Sie zu Ihrem Projekt in Togo?

Junghardt: Ja, leider versinkt die Welt in Konflikten. Viele internationale Organisationen haben versagt und können Kriege nicht aufhalten. Armut und Abhängigkeit bleibt in vielen Ländern erhalten, und so liegt es nahe sich zu engagieren. Dabei hat Hilfe zur Selbsthilfe den Vorrang.

(Das Interview wird nach dem Foto fortgesetzt)

Buchcover
Junghardt/Sogne – Stiftung. Foundation (ars remata)

Aerni: Was heißt das?

Junghardt: Hilfsprojekte gilt es nicht nur aufzubauen, sondern sie auch zu begleiten und in eigene Verantwortung zu übergeben. Projekte, die hauptsächlich auf Geldspenden basieren, sind oft nicht zielführend. Unser Projekt in Togo ist zwar ein Tropfen auf den heißen Stein. Aber immerhin: Wir sind nicht gleichgültig. Viele Tropfen werden den Stein kühlen. Ohne Engagement wird das Leben ärmer! Wir bauen tatsächlich eine Augenklinik mit über 547`000 Backsteinen. Ein großes Projekt mit dem wir in Kürze starten.

Aerni: Stimmt es, dass nach Ihrem Stiftungsbuch weitere Bücher im neuen Verlag geplant sind? Wenn ja, welche Art von Büchern werden es denn sein?

Junghardt: Ja, das Stiftungsbuch ist wirklich schön geworden. Alles wurde selber entworfen und klimaneutral in der Schweiz gedruckt. Das Papier stammt aus nachhaltiger Produktion, was eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein sollte. Und unser Programm wird vielfältig sein.

Aerni: Soll heißen?

Junghardt: Ein dominierendes Genre steht nicht zur Diskussion. Wir wollen nicht nur aus einer Ecke veröffentlichen. Gesucht werden gute Texte aus jeder Sparte. Das Schwert im Firmenlogo steht für die beste Auswahl, also dank messerscharfen Entscheidungen für oder gegen ein Buchprojekt.

Aerni: Wie viele Titel befinden sich in der Pipeline?

Junghardt: Momentan arbeiten wir an sieben Projekten. Ganz nach dem Motto: „ars remata“ auf gut deutsch: „Kunst und Worte“.  Das nächste Buch ist ein Fachbuch über die „Strich-Skiaskopie“. Das hat zu tun mit der Bestimmung der Brillenstärke von Kindern, aber nicht nur.

Aerni: Das klingt nach einem trockenen Sachbuch…

Junghardt: Warten Sie es und die anderen Bücher ab.

Aerni: So wie es scheint, glauben Sie an die Kraft von Sprache, Texten und Büchern?

Junghardt: Ja, unbedingt! Bücher sind und bleiben wichtig in jedem Leben. Bücher haben eine große Kraft! Ich bevorzuge Bücher aus Papier. Unser Verlag wird auch elektronische Bücher, also „ebooks“ publizieren. Bücher sind die Grundlage aller Bildung, sie brauchen immer Energie und Zeit. Als Gymnasialschüler hatte ich viel Zeit und habe Bücher häufig nicht verstanden. Häufig wusste ich nicht, wieso ich dieses oder jenes Buch lesen muss. Bücher brauchen eine gewisse Reife des Lesers. Wenn man sie denn liest, so können Sprache, Texte und Bücher die Welt verändern und haben eine enorm unterschätzte Kraft.

Aerni: Verraten Sie uns schon etwas über weitere Projekte?

Junghardt: Wie bereits angetönt veröffentlichen wir ein Fachbuch über die Strich-Skiaskopie. Eine Methode, welche im Mittelalter entwickelt wurde und fast vergessen ist. Sie dient der Brillenbestimmung von Kindern, wohlgemerkt ohne Computer. Das Buch ist dem Fachpublikum vorbehalten.

Aerni: Was mich als Laie auch interessieren könnte…

Junghardt: Aber es sind auch Kinderbücher, Poesie, Kriminalromane und Reisebücher geplant. Wir sind gespannt, denn ein erfolgreicher Verlag geht nur mit Büchern, die ebenso erfolgreich beim Publikum ankommen.


 Der Augenarzt und Stiftungsgründer Armin Junghardt veröffentlichte zusammen mit Autorin Valeria Sogne das Buch „Stiftung | Foundation – Das Stiftungsbuch“ im neu gegründeten Verlag ars remata, das jetzt im Buchhandel erhältlich ist. ISBN 978-3-9525864-0-2.

Der junge Verlag mit Sitz in Ennetbaden (Schweiz) wird weitere Bücher veröffentlichen und zeigt sich offen für neue Texte: www.arsremata.ch

Titelbild: (c) Urs Heinz Aerni.

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