Zahl der weltweiten Hinrichtungen stark gestiegen
Obwohl die Anzahl der Staaten, die an der Todesstrafe festhalten, zurückgeht, wurden im Jahr 2022 zumindest 883 Menschen in 20 Ländern staatlich exekutiert. Über 300 mehr als im Jahr zuvor.
Von Moritz Ettlinger
Die Zahl der weltweit Hinrichtungen ist hoch wie seit fünf Jahren nicht mehr. Das geht aus aktuellen Zahlen hervor, die die Menschenrechtsorganisation Amnesty International in einem neuen Bericht veröffentlicht hat. Demnach wurden im Jahr 2022 mindestens 883 Menschen in 20 Ländern staatlich hingerichtet. Hinzu kommen laut Amnesty tausende Exekutionen in China, die unter Verschluss gehalten würden. 2021 waren es noch 579 Exekutionen in 18 Ländern.
Die höchsten bestätigten Zahlen verzeichnet der Iran, der für 65 Prozent der bekannten globalen Hinrichtungen verantwortlich ist. „Wir beobachten derzeit eine beispiellose Welle an Hinrichtungen im Iran“, sagt Julia Duchrow, stellvertretende Generalsekretärin von Amnesty International in Deutschland. 2022 wurden dort zumindest 576 Menschen getötet, 2021 waren es 214.
In Saudi-Arabien stieg die Zahl der staatlichen Tötungen von 65 (2021) auf 196 im Jahr 2022 an. In Ägypten wurden 24 Menschen hingerichtet. Gemeinsam gehen 90 Prozent der weltweit registrierten Hinrichtungen auf das Konto dieser drei Länder.
Im vergangenen Jahr wurden nach Unterbrechungen außerdem in Afghanistan, Kuwait, Myanmar, Palästina (Gazastreifen) und Singapur wieder Todesurteile vollstreckt. Die USA verzeichnen einen Anstieg von elf (2021) auf 18 Tötungen (2022) und liegen damit an vierter Stelle der bekannten Hinrichtungen.
Weiters wurden 2022 im Irak, in Singapur, Kuwait, Somalia, im Südsudan, in Palästina, im Jemen, in Bangladesch, Myanmar, Belarus, Japan, Afghanistan, Nordkorea, Syrien und Vietnam Todesurteile vom Staat vollstreckt.
Verdopplung der Tötungen nach Drogendelikten
Ein großer Teil des Anstiegs geht auf Tötungen nach Drogendelikten zurück. Die Zahl jener Menschen, die aufgrund von Straftaten im Zusammenhang mit Drogen verurteilt und hingerichtet wurden, hat sich Amnesty International zufolge im vergangenen Jahr mehr als verdoppelt.
Die NGO kritisiert diese Exekutionen besonders: „Hinrichtungen wegen Drogenstraftaten sind ein Verstoß gegen internationales Recht, das die Verhängung der Todesstrafe auf ‚schwerste Verbrechen‘ beschränkt“, so Amnesty in einer Aussendung. Menschen aus sozial benachteiligten Verhältnissen sowie ethnische Minderheiten seien zudem besonders häufig davon betroffen.
125 Länder gegen die Todesstrafe
Auf der anderen Seite gaben 2022 sechs Länder bekannt, die Todesstrafe vollständig oder teilweise abgeschafft zu haben. Kasachstan, Papua-Neuguinea, Sierra Leone sowie in der Zentralafrikanischen Republik entsagten der staatlichen Hinrichtung vollständig, Äquatorialguinea und Sambia schaffte sie für gewöhnliche Verbrechen ab.
In Liberia, Ghana, Sri Lanka, Malaysia und auf den Malediven wurde außerdem Schritte in Richtung Abschaffung der Todesstrafe eingeleitet. Insgesamt setzten sich im Dezember letzten Jahres 125 Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen mit einer Resolution für die weltweite Loslösung von der Todesstrafe ein.
Titelbild: Global Panorama/flickr.com; Lizenz: CC BY-SA 2.0
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