Macht und Medien
Aus der Sicht von verantwortungsvollem Journalismus für eine starke Zivilgesellschaft. Die genossenschaftlich organisierte Nachrichtenagentur cooppa könnte dabei helfen.
Ein Gastbeitrag von Ilse Kleinschuster
Vor vielen Jahren bin ich – aus dem Verständnis heraus, dass die gesellschaftlichen Verhältnisse besser sein könnten – einer zivilgesellschaftlich organisierten Allianz, dem Verein „Initiative Zivilgesellschaft“, beigetreten. Eine der Initiativen dort war die „Vereinigung der Medienkultur“. Medien- und Sprachkultur war mir schon lange ein besonderes Anliegen.
Seit meinem Eintritt in die utopischen Sphären dieser „Initiative Zivilgesellschaft“ musste ich zunehmend erkennen, wie wichtig es ist, Sprache so einzusetzen, dass sie nicht als Waffe, sondern als ein dem Gemeinwohl dienendes Instrument verwendet wird. Würde diese Ansicht zu einem Axiom für Demokratie, so dachte ich damals, wäre der Tag nicht fern, an dem eine mündige Zivilgesellschaft als Teil einer emanzipierten Menschheit das Schicksal in den Lebensfragen ihrer Gemeinschaften und des Planeten selbst in die Hand nehmen könnte.
Strukturell, so dachte ich, wäre dann das Ziel erreicht: in global vernetzter Verständigung, d.h. demokratisch, die Weichen zu stellen in Richtung einer am Gemeinwohl orientierten Wirtschaft ohne Profit- und Konkurrenzzwang, versorgt durch ein ihr dienendes, selbstverwaltetes Finanzwesen, befruchtet aus einem freien Kultur- und Geistesleben. Bald jedoch wurde ich eines Besseren belehrt. Globale, autoritäre, gegen Rechtsstaatlichkeit gerichtete Stimmen verwenden eine Sprache, die gesellschaftlich aufhetzend wirkt und den Krieg schon in sich trägt. Ja, eine Sprache, in der sehr wohl auch Umweltthemen beschrieben werden, aber in einer Art, in der nationalistisches Denken Umweltschutz gleich auch als HEIMATSCHUTZ bezeichnet.
Heute – in einer immer komplexer werdenden globalen Gesellschaft auf einem „begrenzten Planeten“ braucht es aber mehr denn je Überlebenskonzepte und -strategien für einen sinnvollen Prozess in Richtung „Große Transformation“ – und, um diesen der Gesellschaft verständlich zu vermitteln, braucht es nicht nur lösungsorientierten Qualitätsjournalismus, sondern in diesen eingebettet Transformationsjournalismus.
Alternative Medien
In Zeiten von drohendem Verlust an Lese – und Medienkompetenz ist dies wohl eine große Herausforderung. Noch liegt das Überleben von Printmedien vielfach in den Händen von Inserenten, aber ein Rückgang ist bereits im Gange, so dass bereits vom „großen Artensterben“ traditioneller Medien gesprochen wird.
Hierfür ist aktuell das Sterben der „Wiener Zeitung“ ein trauriges Beispiel, aber es ist darüber hinaus ein Sonderbeispiel für destruktive, willkürliche, medienpolitische Entscheidungen. Eine Art Neuaufstellung der „Wiener Zeitung“ sei zwar – laut ministerieller Aussage – sichergestellt, damit aber noch lange nicht ihre finanzielle und politische Unabhängigkeit. Nicht nur die Opposition nennt diese Vorgangsweise eine demokratiepolitische Schande.
Journalismus in einer echten Demokratie, so meine ich, müsste „systemrelevant“ sein und Journalisten sollten sich bewusst sein, dass sie eine „öffentliche Aufgabe“ erfüllen. Wenn sie im Tagesgeschehen sich – nach bestem Wissen und Gewissen – als zentrale Instanz für notwendige Debatten zu organisieren und diese auch verantwortungsvoll zu moderieren versuchen, d.h. wenn sie wirklich versuchen, unterschiedliche Ansichten zur Geltung zu bringen und gängige Dilemmata zu benennen, dann hätten sie schon einen großen Teil ihrer verantwortungsvollen Aufgabe als „vierte Macht im Staat“ erfüllt. Tun sie dies wieder, dann hätten sie eine Chance, diese Macht zurückzugewinnen. Handeln sie jedoch weiter im Einverständnis mit den Mächtigen, dann wird sich – auch bei uns das Machtgefüge weiter in Richtung „Eliten“ verschieben – und das Vertrauen in die Demokratie wird weiter sinken.
Es erscheint mir sehr bedenklich, wenn nicht nur Private, sondern auch Staatliche, „die öffentliche Hand“, über einen beachtlichen Finanztopf für Inserate verfügen, denn so lässt sich doch auch von dieser Seite auf subtile Weise Einfluss auf die Berichterstattung nehmen. Sollte das nicht völlig neu geregelt werden?!? Vor allem, wenn jetzt infolge der Digitalisierung Medien vielfach unter Druck stehen, sich der ungeheuerlichen Konkurrenz von Gratis-Medien, die zum großen Teil von Inseraten leben, ausgesetzt sehen. Höchste Zeit, dass die Politik auf allen Ebenen endlich zu einer neuen transparenten Form der Mittelvergabe zu finden versucht.
Eine Alternative: Die cooppa
Um sich dem Dilemma der Mittelvergabe zu entziehen, haben sich 2018 ein paar Menschen genossenschaftlich zusammengefunden, um Transformations- oder besser gesagt, Wissenschaftsjournalismus in Österreich zu etablieren. Ein mutiges Unterfangen diese Gründung der cooppa durch zwei Experten, denen es zwar auch um Gewinn, aber primär um Gewinn FÜR die Gesellschaft, geht: Dr. Fritz Hinterberger, Nachhaltigkeitsforscher, Vizepräsident und Geschäftsführer des Club of Rome, Austrian Chapter und Gründer von SERI (Sustainable European Research Institute, einem europaweiten, unabhängigen Think-Tank, der seit 20 Jahren in Österreich die Möglichkeiten einer nachhaltigen Entwicklung für die europäische Gesellschaft erforscht) und Manfred Ronzheimer (Wissenschaftsjournalist, TAZ/Berlin).
Die Idee zur Gründung der cooppa entstand beim Pfingst-Symposium 2017 in der GEA-Akademie Schrems, wo es um gemeinwohlorientiertes, gemeinsinniges und gemeinsames Wirtschaften in der Praxis ging. Es ist die cooppa also eine genossenschaftlich organisierte Nachrichtenagentur einer neuen Bewegung – ein Zusammenschluss engagierter JournalistInnen mit engagierten Organisationen, Unternehmen und Einzelpersonen – mit dem Ziel, Themen des Wandels zu einer zukunftsfähigen Gesellschaft gemeinsam konstruktiv, positiv und wirkungsorientiert im deutschsprachigen Raum zu verbreiten.
Mit seinen journalistischen Beiträgen, einem News-Telegramm, Informationsbündelung aus der Nachhaltigkeits-Szene u.a. Angeboten hat dieses Format Plattform-Charakter und wäre – bei entsprechender kooperativer und monetärer Unterstützung – auch geeignet, eine derzeit wachsende „zivilgesellschaftliche Gemeinschaft im Wandel“ zu stärken – in Richtung „politisches Wirksamwerden von unten“, „zivilgesellschaftlicher Sog-Generierung“ mittels demokratischer Strukturen: Digitale und reale Plattformen für „Bildungsoffensiven“, „Partizipation“, „Bürgerinnenversammlung“, „Bürger-/ Zukunftsrat“.
Aktivierung und Stärkung der zivilgesellschaftlichen Bewegungen ist zurzeit das Ziel vieler Proponenten einer nachhaltigen Entwicklung (AGENDA 2030) und daher finde ich die operative Umsetzung als Vision für die Zukunft der Zivilgesellschaft sehr wichtig.
Wir hoffen auf Ihre (eure) Unterstützung – www.cooppa.at/
Ilse Kleinschuster ist seit vielen Jahren Mitglied im Verein „Initiative Zivilgesellschaft“ und Gründungsmitglied der kooperativen Nachrichtenagentur für Nachhaltigkeit (cooppa).
Titelbild: AbsolutVision auf Unsplash
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