244 Millionen Kinder gehen nicht zur Schule
Die UNESCO widmet den Internationalen Tag der Bildung 2023 jungen Frauen und Mädchen in Afghanistan, denen der Zugang zu Bildung verwehrt bleibt: „Der Krieg gegen Frauen muss aufhören!“ Bildungsungleichheit auch in Österreich ein Problem.
Von Moritz Ettlinger
244 Millionen Kinder weltweit gehen nicht zur Schule, 763 Millionen Kinder, Jugendliche und Erwachsene können weder lesen noch schreiben. Das geht aus den neuesten Zahlen hervor, die die Organisation der Vereinten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur (UNESCO) anlässlich des Internationalen Tages der Bildung am 24. Jänner bekanntgegeben hat.
Der Aktionstag wurde im Jahr 2018 von den Vereinten Nationen (UN) ins Leben gerufen, um an das Menschenrecht Bildung und insbesondere die Wichtigkeit von Bildung für das Erreichen von inklusiven, gerechten und nachhaltigen Gesellschaften zu erinnern. Das Recht auf Bildung ist in der – rechtlich nicht bindenden – Erklärung der Menschenrechte der UN verankert.
Afghanistan: „Der Krieg gegen Frauen muss aufhören“
Im Jahr 2023 widmet die UNESCO den Tag insbesondere Mädchen und Frauen in Afghanistan. 80 Prozent aller Mädchen und jungen Frauen dort, insgesamt 2,5 Millionen, wird der Zugang zu Schule und Universität verwehrt. Erst im Dezember letzten Jahres hatten die Taliban Afghaninnen vom Besuch von Universitäten ausgeschlossen.
„Kein Land der Welt sollte Frauen und Mädchen den Zugang zu Bildung verwehren“, sagt UNESCO-Generaldirektor Audrey Azoulay. „Die internationale Gemeinschaft hat die Verantwortung, dafür zu sorgen, dass die Rechte der afghanischen Mädchen und Frauen unverzüglich wiederhergestellt werden. Der Krieg gegen Frauen muss aufhören.“
Zwischen 2001 und 2021 habe es große Fortschritte in Sachen Bildung für Frauen und Mädchen in Afghanistan gegeben, heißt es vonseiten der UNESCO. In dieser Zeit hätten sich die Einschreibungszahlen auf allen Bildungsebenen von rund einer Million auf etwa zehn Millionen verzehnfacht. „Die Entscheidungen der De-facto-Behörden in Afghanistan drohen die Entwicklungserfolge, die das Land in den letzten 20 Jahren erzielt hat, zunichte zu machen“, warnt die UN-Organisation in einer Presseaussendung.
Anstieg von Ernährungsunsicherheit und Unterernährung
Auch Amnesty International kritisiert die Taliban scharf – nicht nur in Sachen Bildung. „Es ist dringend notwendig, dass der UNO-Sicherheitsrat dem drastischen Niedergang der Rechte von Frauen und Mädchen in diesem Land Einhalt gebietet. Die Welt sieht zu, wie die Taliban Frauenrechte durch zahlreiche diskriminierende Einschränkungen systematisch dezimieren“, sagte Yamini Mishra, Regionaldirektorin von Amnesty International für Südasien Mitte Jänner.
Als besonders dramatisch sieht Amnesty das im Dezember erlassene Verbot für NGOs, mit Frauen in Afghanistan zusammenzuarbeiten. Das Verbot habe zu einem Anstieg der akuten Ernährungsunsicherheit und Unterernährung beigetragen und die Rechte von Frauen auf Gesundheit oder eben Bildung weiter beschnitten.
„Es ist, als würden die Taliban das Land absichtlich in eine Hungersnot treiben. Ihre diskriminierende, frauenfeindliche Politik führt zu einem schockierenden Ausmaß an Ernährungsunsicherheit und macht die Bereitstellung internationaler Hilfe fast unmöglich“, so Mishra.
Über Afghanistan hinaus fordert die UNESCO die internationale Staatengemeinschaft dazu auf, das Recht auf Bildung für alle, unabhängig von Alter, Herkunft oder geographischer Lage zu fördern.
Der Fokus müsse dabei in Anlehnung an die Ziele für nachhaltige Entwicklung der UN (SDGs) auf dem lebenslangen Lernen liegen. “Nur lebenslange Bildung, die bereits in den ersten Lebensjahren beginnt, kann den Kreislauf der Armut durchbrechen, Gesundheit verbessern, die Menschen auf menschenwürdige Arbeitsplätze mit Möglichkeiten zur Umschulung und Höherqualifizierung vorbereiten und den Klimawandel eindämmen”, sagt David Atchoarena, Direktor des UNESCO-Instituts für lebenslanges Lernen.
In Österreich wird Bildung vererbt
Auch in Österreich sind die Bildungschancen, wenngleich auf einem anderen Level, weiterhin ungleich verteilt. Der größte Faktor ist dabei die Ausbildung der Eltern: Laut Auswertungen der Arbeiterkammer (AK) schließen 57 Prozent der Kinder von Akademiker*innen ein Studium ab, während es bei Kindern von Eltern, die maximal die Pflichtschule absolviert haben, nur sieben Prozent sind.
Oder umgekehrt: Bei knapp der Hälfte aller österreichischen Studierenden, die 2020/21 an inländischen Hochschulen zum Studium zugelassen wurden, hat zumindest ein Elternteil einen Hochschulabschluss, wie der Bildungsbericht der Statistik Austria zeigt. Zum Vergleich: Im Jahr 2021 hatten knapp 24 Prozent der Österreicher*innen im Erwerbsalter (zwischen 25 und 64 Jahren) einen Hochschulabschluss. Bildung wird in Österreich also stark vererbt.
Bildung und Armut
Das hat auch Folgen für armutsbetroffene Kinder und Jugendliche, merkt die Caritas anlässlich des Tages der Bildung an. „Es ist in Österreich leider noch immer Realität: Ein Aufwachsen in Armut bedeutet für die Kinder von heute noch immer viel zu häufig ein kurzer Bildungsweg und schlussendlich auch ein Erwachsenenleben in Armut“, sagt Michael Landau, Präsident der Caritas Österreich.
Die aktuelle Teuerungskrise habe die Situation weiter verschärft, hält Landau fest. „Damit die Kosten für Wohnung und Heizung gedeckt werden können, wird an allen anderen Ecken gespart. Häufig betrifft das Bildungsausgaben für die eigenen Kinder.“
In einer SORA-Umfrage im Auftrag der Caritas gaben rund 35 Prozent der Befragten an, aufgrund der Inflation Abstriche bei der Förderung ihrer Kinder machen zu müssen. Die Politik müsse dem entschieden entgegenwirken, fordert die Caritas.
Dabei helfen könnten laut der Hilfsorganisation der Ausbau von Kindergartenplätzen, kostenlose Nachhilfe sowie Neukonzeptionierung der Deutschförderklassen, die in der derzeitigen Form zu Isolation führen würden.
Titelbild: Kenny Eliason auf Unsplash
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