Wie viel darf Hilfe kosten?
Das Programm „Ohne Alkohol mit Nathalie“ soll Menschen dabei helfen, ihren Alkoholkonsum zu reduzieren. Einige Fragen bleiben dabei offen.
Ein Gastbeitrag von Max Sternbauer
Ohne Alkohol mit Nathalie (OAmN) ist ein Projekt der Journalistin Nathalie Stüben. Vor einigen Jahren hatte sie mit einem Alkoholproblem zu kämpfen. Es war ihr gelungen, nüchtern zu werden und hat dann einen Podcast gestartet, um über das Thema Alkoholsucht zu berichten.
Hauptsächlich interviewt sie hierzu Menschen die ähnliche Erfahrungen erlebt haben. Es existiert parallel dazu auch einen YouTube-Account und beiden Kanälen merkt man die Professionalität an. Ihr Programm soll, laut Eigendefinition, ein Angebot schaffen für Personen, die sich von „klassischen“ Unterstützungen nicht angesprochen oder noch nicht dafür bereit fühlen, beispielsweise für Selbsthilfegruppen.
Nathalie Stüben ist gern gesehener Gast in Talkshows, die sich mit dem Thema Alkoholsucht beschäftigen. Sieht man sich die Auftritte von ihr genauer an, fällt schnell auf, dass die gleiche Geschichte wiederholt wird; wie ihr klar geworden ist, ein Alkoholproblem zu haben. Diese Geschichte begegnet einem auf Schritt und Tritt. Es ist die Geschichte einer jungen Journalistin, die lange Zeit nicht gemerkt hatte, wie ihr die Zügel aus der Hand geglitten waren und sie ihren Alkoholkonsum nicht mehr im Griff hatte.
Eines Tages war ihr Entschluss gefallen einen Strich zu ziehen, sie hörte auf zu trinken und startete den schon erwähnten Podcast. Wenn man mit dieser Frage im Hinterkopf, nach ihrer Expertise, der Website von OAmN einen Besuch abstattet, wird man diese und andere Geschichten finden, wie die Sucht nach Alkohol überwunden wurde. Man wird viel Trost und Zuspruch finden und viele freundliche Gesichter. Wissenschaftliche Daten finden sich – abgesehen von Hinweisen beim Test „Wie bedenklich ist dein Trinkverhalten“ – dagegen nur wenige. So fair muss man aber sein: OAmN ist keine medizinische Instanz, es werden keine Therapien angeboten. Doch es ist eben auch mehr als nur ein Podcast.
Auf der Website kann man einen Fragebogen ausfüllen, der die mögliche Bedenklichkeit des eigenen Trinkverhaltens aufzeigen soll, also wie hoch die Chance ist, Alkoholiker*in zu werden. Entwickelt sich daraufhin ein ungutes Gefühl, dass man eventuell doch zu viel trinkt, kann man bei OAmN ein Programm buchen.
Eines der Programme heißt: „Die ersten dreißig Tage ohne Alkohol,“ und soll dazu dienen, den Weg in ein alkoholfreies Leben zu erleichtern. Im Paket enthalten sind tägliche Mails und Videos mit Tipps, Erfahrungen und Strategien. Dazu bekommt man ein Tagebuch. Dieses Programm kostet beinahe dreihundert Euro. Auf mehrmalige Nachfrage hin an das Team von OAmN war nicht erkennbar gemacht worden, was die hohen Kosten rechtfertigt bzw. worin der Unterschied zwischen den kostenlosen und den kostenpflichtigen Inhalten besteht.
OAmN kann man wohl als Lifestyleprodukt verstehen; es werden schöne Geschichten verkauft. Wobei der Content teilweise von den Kund*innen selbst gestellt wird, mit ihren Geschichten. Ein Flugbegleiter erzählt, wie ihm OAmN weitergeholfen habe, dass er sich dabei gefühlt habe „wie eingewickelt in eine kuschelige Decke mit Kakao.“
Der Ansatz des Programms ist sicher lobenswert. Ob der kostenpflichtige Teil das Geld wert ist, muss allerdings jede*r für sich selbst beantworten.
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Titelbild: Mathew Schwartz auf Unsplash
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Mir hat die kostenfreien Inhalte von Natalie geholfen seit nun fast einem Jahr abstinent zu leben. Ich würde ihr Angebot nicht als Lifestyel Programm bezeichnen, sondern als ein Wachruetteln an die Gesellschaft, dass wir uns zu jeder guten und schlechten Gelegenheit -also eigentlich immer- sofort Einen genehmigen… und glauben, dass dies psychisch und körperlich keine Folgen hat. Und darüber hinaus auch noch, dass dies zu unserer Kultur gehört .Neue wissenschaftliche Erkenntnisse zeigen auf, dass jeder Fingerhut Alkohol für uns Gift ist und es keine wie auch immer gearteten Vorteile gibt, wenn man Alkohol trinkt. Natalie hat mir geholfen, dies zu begreifen und praktisch umzusetzen. Ich bin Ihr sehr dankbar!