Aus für die „Wiener Zeitung“ besiegelt
Die schwarz-grüne Bundesregierung lässt die Wiener Zeitung als täglich erscheinendes Qualitätsmedium fallen. Das renommierte Blatt soll künftig nur mehr monatlich erscheinen.
Ein Kommentar von Udo Bachmair, Präsident der Vereinigung für Medienkultur
Sie gilt als älteste Zeitung der Welt. Dem seit 1703 (!) erscheinenden Blatt wird seitens der Bundesregierung nun der Garaus gemacht. Keine Hoffnung mehr besteht auf weitere finanzielle Unterstützung. Mit Jahreswechsel soll das schon jetzt legendäre Medium, abgespeckt um das einnahmenträchtige Amtsblatt, nur mehr Monatszeitung sein.
Schon zu Zeiten der schwarz-blauen Koalition unter Kanzler Sebastian Kurz war die Wiener Zeitung schwer unter Druck geraten. Der Ex-Regierungschef wollte aus der Wiener Zeitung überhaupt nur ein Verlautbarungsorgan der Republik machen. Nun scheint wenigstens der Fortbestand als Monatsblatt wahrscheinlich. Ein allerdings nur schwacher Trost.
Die engagierte Redaktion reagierte entsetzt auf die geplante Einstellung der Zeitung als tägliche Printausgabe: „Wenn man nun willkürlich die Grundlage der Zeitung wegdekretiert, ist zu befürchten, dass dieses Juwel namens Wiener Zeitung digital wie auch in jeder anderen Form dem Untergang geweiht ist“, sagt Chefredakteur Walter Hämmerle, der immer wieder mit profunden und kritischen Analysen und Kommentaren aufgefallen ist.
ÖVP-Medienministerin Raab lässt jegliche Bereitschaft vermissen, einen Rettungsschirm für den Fortbestand der Wiener Zeitung aufzuspannen. Der grüne Koalitionspartner lässt die bereits unter ihrem Gönner Kurz überforderte Ministerin gewähren. Auch sie nimmt damit sehenden Auges eine weitere Reduktion der Medienvielfalt in Kauf.
Vor dem Hintergrund einer ohnehin starken Boulevardisierung der Medienlandschaft hierzulande ist das von der Regierung verfügte Ende einer qualitätsorientierten Tageszeitung jedenfalls demokratiepolitisch höchst bedenklich.
Der Presseclub Concordia sieht im Aus für die Wiener Zeitung als täglich erscheinendes Blatt eine „Verstümmelung“. Einem hochwertigen, textbasierten Nachrichtenmedium werde der Todesstoß versetzt- und das ohne Not.
Die Vereinigung der Europajournalistinnen und -journalisten befürchtet, dass eine Umstellung auf eine monatliche Erscheinungsweise ein erster Schritt in Richtung völliger Einstellung der Wiener Zeitung sein könnte.
Und die Wiener Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler (SPÖ) zur Entscheidung der Regierung: „In der Wiener Zeitung gibt es wertvollen Raum für verschiedene Meinungen und differenzierte Berichterstattung, auch zu Wissenschaft und Kultur. Ich schätze sie als wichtige Stimme“.
Der Verlust dieser Stimme droht Österreichs Medienlandschaft noch ärmer zu machen.
Titelbild: Moritz Ettlinger
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