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Tren Maya bedroht Jaguar und andere Tierarten

Mexiko: Der Tren Maya bedroht Artenvielfalt, Wasserqualität und historisches Erbe der Maya. Während Präsident Andrés Manuel López Obrador das Projekt lobt, ketten sich Aktivist*innen an die Bagger.

Von Manuel Valdivia (desinformémonos / NPLA)

Die Maya-Vorfahren glaubten, der Jaguar repräsentiere das Universum, deshalb war das Tier ein Machtsymbol. Heute ist der Jaguar in großer Gefahr, zusammen mit anderen Tierarten auszusterben. Raúl Padilla Borja sieht den Grund dafür im Bau des Tren Maya, insbesondere des Abschnitts 5, der die mexikanischen Städte Cancún und Tulum im Bundesstaat Quintana Roo verbinden soll. Der Umweltschützer Padilla Borja ist Präsident der Bürgervereinigung Jaguar Wildlife Center.

In dem Gebiet, in dem es früher sagenhafte Bäume gab, hat die wahllose Abholzung für die neue Bautrasse nur einen riesigen trockenen Streifen hinterlassen. Padilla Borja ist der Ansicht, dies sei die Spitze des Eisbergs der möglichen Umweltkatastrophe für den Süden des Landes. Er und andere Kritiker*innen des Infrastrukturprojekts sind besorgt darüber, dass die mexikanische Regierung keine Umweltverträglichkeitsprüfung durch das Ministerium für Tourismus (Sectur) und den Nationalen Fonds für Tourismusentwicklung (Fonatur) vorgelegt hat.

Während Präsident AMLO das Projekt lobt, ketten sich Greenpeace-Aktivist*innen an die Bagger

„Sie berücksichtigen weder die Anzahl der betroffenen Arten der Flora noch der Fauna. Viele dieser Arten sind in Mexiko und weltweit wichtig und gehören der Risikokategorie an“, bekräftigt Padilla Borja, der sich in der Bürgervereinigung, der er seit 2015 vorsteht, für die Überwachung der Tierwelt im Gebiet der Gemeinde Solidaridad einsetzt.

Ende März hielt Mexikos Präsident Andrés Manuel López Obrador im Nationalpalast eine Pressekonferenz zum Thema ab. López Obrador verteidigte das Projekt: 50.000 Arbeiter*innen seien daran beteiligt, es werde eine Strecke von über 1.500 Kilometer durch die Bundesstaaten Chiapas, Tabasco, Campeche, Yucatán und Quintana Roo geschaffen. Am gleichen Tag begleitete Padilla Borja Aktivist*innen von Greenpeace, um die Aussetzung des Projekts zu fordern und sich selbst an die Maschinen zu ketten.

Die Zerstörungen bedrohen die Artenvielfalt, die Wasserqualität und den Tourismus

In diesem Kontext erzählt der Umweltschützer, dass die Verantwortlichen des Tren Maya die Trasse bereits zum vierten Mal verlegt haben, um in den Dschungel vorzudringen, in dem unter anderem Jaguare leben. „Bäume werden zu Hunderttausenden gefällt. Und in jedem einzelnen Baum lassen sich unzählige Gruppen von Wirbeltieren wiederfinden“, erklärt er.

Wenn das Projekt fortgesetzt wird, so der Experte, wird es zu weiteren Umweltschäden kommen. Dazu gehöre etwa die Verseuchung des Grundwasserspiegels. Er erinnert daran, dass es in diesem Gebiet sehr durchlässiges Kalkgestein gibt, das im Laufe der Zeit unterirdische Flüsse und ein verzweigtes Netz von Höhlen und Grotten geschaffen hat, die Kalksteinlöcher in die Höhlendecke bildeten. Die als Cenoten bekannten Einstiegslöcher in den Höhlendecken stellen eine wichtige Touristenattraktion dar.

AMLO bestreitet Artenvielfalt in betroffenen Gebieten

„Das Trinkwasser, das sich durch den Regenzyklus im Kalkgestein abgelagert hat, birgt viele Informationen, nicht nur biologische. Denn es gibt hier Arten, die von der Wissenschaft noch nicht beschrieben wurden. Bislang konnten diese Arten nur durch Höhlentauchgänge erforscht und beschrieben werden. Außerdem gibt es auch paläontologische Informationen, wie fossile Überreste von Menschen aus der Eiszeit“, fügt der Präsident des Jaguar Wildlife Center hinzu.

Im Gegensatz dazu versicherte López Obrador in seiner Konferenz, dass das Projekt Bahnbrücken vorsehe, um das Gebiet zu durchqueren: „Die unterirdischen Flüsse und Cenoten werden nicht berührt, sie sind überhaupt nicht betroffen. All das gehört zum größten Teil den Hotels, die sich von der Küste ins Landesinnere ausbreiten und Land kaufen. Die betroffenen Gebiete sind kein Hochgebirge, und auch kein Urwald, es sind Sonnenblumenfelder“, so Präsident López Obrador. Viele Beweise sprechen dagegen: In dem entsprechenden Gebiet gibt es Zedern, Sapotillbäume, Sumachgewächse und Weißgummibäume.

Nicht nur die Natur wird zerstört, auch das historische Erbe der Maya

Padilla Borja fügt der Liste der Umweltauswirkungen die Zerstörung des historischen Erbes hinzu, da sich in den Cenoten Eingänge zu Altären mit spätklassischen Stuckarbeiten aus verschiedenen Epochen der Mayakultur befinden.

Der Urwald sei verwundet, könne weiter „ausbluten“, meint Padilla Borja. Die Stimmen von Umweltschützer*innen und Wissenschaftler*innen, die von einer Gemeinschaft von Schauspieler*innen und Sänger*innen unterstützt werden, fänden kein Gehör: „Selbst die Wissenschaftler werden ignoriert. Besonders besorgniserregend ist die Lage in Calakmul, wo ein Biosphärenreservat betroffen ist, das eigentlich geschützt werden sollte. Die gravierenden Auswirkungen betreffen den Regenwald von Campeche und sehr spezifisch die Höhle des sogenannten Fledermausvulkans (Volcán de los Murciélagos).“

„Pandemien beginnen mit Zerstörung der Fauna und Entwaldung“

Aus all diesen Gründen fordert der Umweltschützer Padilla den mexikanischen Präsidenten auf, den Dialog zu suchen und auf die Expert*innen zu hören: „Wir haben als Menschheit gerade eine Pandemie durchgemacht und es scheint, als hätte das die Gesellschaft nicht zum Nachdenken gebracht. Denn Pandemien beginnen dann, wenn es zu einer Zerstörung der Fauna und zur Entwaldung kommt.“


Dieser Beitrag erschien auf npla.de, lizensiert unter Creative Commons Namensnennung-Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0 international. Originalartikel: desinformémonos.org 

Titelbild: CHUTTERSNAP on Unsplash

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