Chile: Altnazis, Pinochet und José Kast
Mehrere deutsche NS-Täter hatten im Zweiten Weltkrieg für Nazideutschland gekämpft und flüchteten anschließend mit ihren Familien nach Chile. Dort halfen sie und ihre Nachkommen dabei, die Pinochet-Diktatur mit aufzubauen und wurden dafür mit Privilegien belohnt. Von Chile aus gelang es ihnen, die Denkweise wieder aufleben zu lassen, für die ihre Väter in Europa gekämpft hatten.
Von NPLA / Prensa Opal
Schauen wir einmal, ob diese Familien nicht nur denselben Ursprung, sondern auch andere Gemeinsamkeiten in ihrer Weltanschauung haben und versuchen wir, daraus Schlussfolgerungen zu ziehen. Denn einer der gegenwärtigen Nachkommen dieser Familien schickt sich gerade an, die Macht über unser Land zu übernehmen: José Antonio Kast. Der Rechtsextremist hat die erste Runde der Präsidentschaftswahlen gewonnen und tritt am 19. Dezember gegen den linken Kandidaten Gabriel Boric an.
Nur ein einfacher Soldat der Wehrmacht
Nach dem Zweiten Weltkrieg entkam der Richter Karl Werner Paulmann mit seiner Familie dem zerstörten Deutschland und gelangte mit Hilfe des Roten Kreuzes nach Lateinamerika. Nach zwei Jahren in Argentinien zogen sie nach Chile; sowohl Paulmann als auch seine Söhne knüpften Geschäftsbeziehungen und wurden ein wichtiger Teil des gesellschaftlichen Lebens. Zwei seiner Söhne, Horst Paulmann Kemna und Jürgen Paulmann Kemna erhielten sogar die chilenische Staatsbürgerschaft für besondere Verdienste (por gracia), dank eines zu Zugeständnissen neigenden Präsidenten sowie einer Gruppe Abgeordneter. Einer dieser Abgeordneten war José Kast.
Damals wurde das entbehrungsreiche und beispielhafte Leben dieser unternehmerischen Immigranten im Kongress präsentiert. Erwähnenswert ist dabei, dass die Betonung darauf lag, dass der Familienpatriarch aus seinem Heimatland geflohen sei, weil er nur ein einfacher Soldat der Wehrmacht gewesen sei. Allerdings war an dieser Version des armen unschuldigen Soldaten nicht viel dran.
Die Tageszeitung El Mostrador stellte am 22. Februar 2012 anhand offizieller Dokumente fest, dass Paulmann ein glühender Nationalsozialist, Sturmbannführer der Waffen-SS und SS-Richter war, gegen den wegen seiner Beteiligung an mehreren Morden ermittelt wurde. Er rettete sich nur vor diesen Ermittlungen, weil er vor deren Abschluss verstarb. Seine Familie hat diese Informationen wissentlich verschwiegen.
Vielleicht lag es am Einfluss des Vaters, dass zumindest einer seiner Söhne, Horst Paulmann Kemna (einer der reichsten Männer Chiles, Anm. d. Ü.), die Vorliebe für Verbindungen zu Nationalsozialisten beibehielt. Der Anwalt Winfried Hempel, der in der berüchtigten Paul Schäfer war Mitglied in einer christlichen CVJM-„Eichenkreuz“-Gruppe und nahm als Sanitäter am Zweiten Weltkrieg in Frankreich teil. In Chile wurde er Anführer der deutschen Sektensiedlung Colonia Dignidad, die er Anfang der 1960er Jahre gegründet hatte – mit der Zustimmung des damaligen chilenischen Präsidenten Jorge Alessandri. Alessandri wurde später Kollaborateur der Pinochet-Diktatur als Mitglied des Staatsrates, dessen Aufgabe es war, eine neue Verfassung zu schreiben, um die Ignacio Urrutia Bonilla, der Paul Schäfer sehr nahe gestanden haben soll (das berichtete der als Kind von den Sektenanhängern gekidnappte Efraín Vedder Venhoff am 9. Juli 2005 gegenüber der Tageszeitung La Nación). Ignacio Urrutia ist heute Vizepräsident der Republikanischen Partei, deren Vorsitzender José Kast ist.
Auch Rodolfo Stange war Besucher der Colonia Dignidad
Paul Schäfer selbst ließ Akten von seinen Besucher*innen anfertigen. Zu den Freund*innen der Colonia Dignidad gehört demnach auch Rodolfo Stange (UDI), Generaldirektor der Militärpolizei Carabineros während der Pinochet-Diktatur. Gegen ihn wird wegen des Mordes an Cecilia Magni und Raúl Pellegrin (der Fall Degollados) ermittelt. Sowohl Ignacio Urrutia als auch José Kast haben öffentlich ihre Bewunderung für Stange bekundet. Ein weiterer Besucher, der in den Akten auftaucht, ist der Oberstleutnant Andrés Magaña Bau, gegen den wegen der Ermordung von Bäuer*innen in Paine ermittelt wird (siehe unten).
Erik von Baer, Großvater der UDI-Senatorin Ena von Baer, war überzeugter Nationalsozialist und SS-Mitglied, der nach Kriegsende vor den Alliierten nach Belgien flüchtete. Im chilenischen Konsulat in Amberes versuchte er, einen Passierschein der antikommunistischen Regierung von González Videla zu bekommen, indem er vorgab, er sei nur ein einfacher Wehrmachtssoldat, der auf der Flucht vor sowjetischer Verfolgung sei. Die chilenische Zeitung El Ciudadano wertete Gerichtsakten aus und kam zu einem anderen Resultat: In Europa hätte Erik von Baer vor Gericht gestellt werden können, weil er als SS-Mitglied in einem Labor arbeitete, dass zum Vernichtungslager Auschwitz gehörte. Seine Frau saß sogar bei den Nürnberger Prozessen auf der Anklagebank, weil sie Kriegsgefangene angegriffen haben soll.
Der Sohn dieses ‚einfachen Wehrmachtssoldaten‘, Heinrich von Baer, wurde während der Pinochet-Diktatur zum Rektor der Universität de la Frontera ernannt; seine Enkelin Ena von Baer (UDI) erlangte traurige Berühmtheit als eine der Politiker*innen, die illegal von Unternehmen finanziert wurden (der Fall SOQUIMICH). Erst vor Kurzem bekundete Ena von Baer öffentlich ihre Unterstützung für die Kandidatur von José Kast.
Ultramar-Direktor war überzeugter Nazi
Julio Alberto von Appen Oestmann, NS-Spion und Agent Provocateur des Naziregimes, kam bereits 1937 nach Chile. Er enthüllte seine wahre Identität aber erst 1945, als er von Ermittlern des 50. Dezernats, der chilenischen Antispionageeinheit, festgenommen und verhört wurde. „Ich war und bin Aktivist der Nazipartei. Ich leugne das genauso wenig, wie Sie ebenfalls keinen Grund haben, ihre politische Einstellung zu verbergen“, soll er am 8. April 1945 gegenüber der Zeitung La Hora erklärt haben.
Nachdem seine wahre Identität aufgeflogen war, musste Julio von Appen Chile verlassen – kehrte allerdings schon 1952 als Direktor der Schifffahrtsagentur Ultramar wieder zurück. Über seinen Erfolg und seine zahlreichen Kontakte wird spekuliert, er habe möglicherweise mit der CIA zusammengearbeitet oder sei Nutznießer eines wirtschaftlichen Netzwerks geworden, das Nationalsozialist*innen außerhalb Europas ein neues Leben ermöglichen sollte. Mit Ultramar gelang es ihm, ein Wirtschaftsimperium in Chile aufzubauen, das nach seinem Tod 1971 von seinen Söhnen Sven und Wolf weitergeführt wurde.
Neben dem Unternehmen haben diese möglicherweise einen Teil der politischen Überzeugungen des Vaters übernommen, denn beide wurden Bewunderer der Diktatur und Kollaborateure der politischen Rechten. Das belegen ihre zahlreichen Spenden an die Pinochet-Stiftung und den neoliberalen Thinktank CEP (der gegründet wurde, um die Wirtschaftsreformen der Diktatur zu verteidigen). Ein weiterer Beleg sind Drohungen von Sven von Appen aus dem Jahr 2013. Er drohte, man werde dafür sorgen, einen neuen Pinochet einzusetzen, sollte (die damalige) Präsidentin Michelle Bachelet die Wirtschaft nicht gut führen. Weitere Spenden flossen an die Wahlkampagnen von Politiker*innen wie dem angeklagten Präsidenten Sebastian Piñera.
Sven von Appen ist inzwischen verstorben, doch Wolf und seine Nachkommen führen die Tradition fort – im aktuellen Wahlkampf spendete die Familie von Appen 33 Millionen Pesos (36.000 Euro) an 25 Kandidat*innen, 23 davon von der Partei Vamos por Chile. Drei von ihnen, Rojo Edwards, Harry Jürgensen und Pollyanna Rivera sind bekannte Aktivist*innen der Republikanischen Partei, ein weiterer war Marineadjutant unter Pinochet.
Vom Reichssicherheitshauptamt zum BND
Walter Rauff war SS-Sturmbannführer, Gruppenleiter im RSHA, direkt mitverantwortlich für den Holocaust (er war unter anderem an der Entwicklung von Gaswagen für Massentötungen beteiligt) und später BND-Agent. Ende der 1940er Jahre gelangte Rauff mit Papieren des Roten Kreuzes nach Lateinamerika und zog 1958 nach Chile, wo ihn bereits seine Kinder erwarteten. Diese hatten ein Studienstipendium in Chile von einem gewissen Augusto Pinochet erhalten, der damals Militärattaché in der ecuadorianischen Hauptstadt Quito war.
Rauff war nicht nur regelmäßiger Besucher der Colonia Dignidad, sondern führte dort auch Gefechtsübungen durch. Das erklärte Franz Baar, Opfer von Folter und Zwangsexperimenten in der Colonia Dignidad, 2015 gegenüber dem Investigativjournalisten Carlos Basso. Diese Aussage wird auch von zwei CIA-Dossiers gestützt, aus denen hervorgeht, dass deutsche Kriegsverbrecher, die das Regime und insbesondere die Geheimpolizei DINA berieten (Walter Rauff und Enrique Pschold Reschenbach), die Kolonie besuchten, dort mit Waffen handelten und Kurse durchführten.
1947 wurde der antikommunistische kosakische Militär und Generalmajor der Wehrmacht, Semión Nikolayevich Krasnov gemeinsam mit seinem Vater (ebenfalls ein NS-Kollaborateur) von der Roten Armee gehenkt. Allerdings gelang es seiner österreichischen Ehefrau und seinem Sohn Miguel Krassnoff Martchenko nach Südamerika zu fliehen, wo sie schließlich ebenfalls in Chile landeten. Dieser Sohn wurde im Lauf der Zeit hochrangiges Mitglied der chilenischen Armee und darüber hinaus Mitglied der DINA, der Geheimpolizei Pinochets. Als Teil der DINA war Krassnoff an den schlimmsten Diktaturverbrechen beteiligt: Er verübte Entführungen, Exekutionen (Antonio Llidó Mengual, Diana Arón), Folter (etwa an Gabriel Salazar, Träger des Nationalen Geschichtspreises) und Vergewaltigungen. Für die Summe dieser Verbrechen wurde er zu mehr als 800 Jahren Haft verurteilt.
Pinochet würde Kast wählen
„Wäre Pinochet am Leben“, sagte José Kast 2017 in einem Radiointerview, „dann würde er mich wählen.“ Darüber hinaus bekundete er, Krassnoff zu kennen, sein Buch gelesen zu haben und nicht alles zu glauben, was im Prozess gegen ihn ausgesagt wurde. Manchmal könnten auch Gerichte irren, sekundierte kürzlich Antonio Barchiesi, Generalsekretär der Republikanischen Partei, in Bezug auf die Anklagen und Urteile gegen Krassnoff.
Auch Miguel Krassnoff taucht in den Akten Paul Schäfers als Freund der Colonia Dignidad auf.
Bis hierhin haben wir beleuchtet, wie deutsche Nazis der Wehrmacht oder der Waffen-SS es schafften, nach Chile zu gelangen, indem sie vortäuschten, einfache Soldaten gewesen zu sein, um Passierscheine in Konsulaten oder vom Roten Kreuz zu bekommen. Waren sie mit ihren Familien dann eine Zeitlang in Chile, wurden sie zu Unternehmer*innen und respektierten Persönlichkeiten innerhalb der chilenischen Gesellschaft. Sie oder ihre Nachkommen sahen sich nicht nur der Diktatur, sondern auch den rechten Parteien verpflichtetet, den politischen Erben der Diktatur. Mit anderen Worten: Sie trennten sich nie von den nationalsozialistischen Idealen und sahen in Pinochet einen Verbündeten, mit dem sie einen Teil ihrer Einstellungen teilten: Nationalismus, Antikommunismus, Religiosität und ein Staat als Kriegsmaschine, der die Unternehmensmacht zu unterstützen hat. Diese Familien halten weiterhin das Andenken Pinochets in Ehren.
Die Familie von José Kast
Weist auch die Familie von José Kast Ähnlichkeiten zu den ehemaligen NS-Familien auf, die weiterhin in Chile aktiv sind?
Michael Kast, der Vater von José Kast, kämpfte im Zweiten Weltkrieg zuletzt als Wehrmachtsoffizier. Nach dem Krieg entkam er zweimal den Alliierten und verschleierte seine Vergangenheit, indem er sich als Mitarbeiter des Roten Kreuzes ausgab. In den 1950er Jahren gelangte er nach Chile. Seine erste Anlaufstelle war das Anwesen der Familie Schepeler, zu der Enrique Schepeler Pinochet (Präsident des Obersten Gerichtshofs) und Enrique Schepeler Vásquez (Anwalt von Walter Rauff) gehörten.
Michael Kast zog mit seiner Familie ins zentralchilenische Paine, wo er sich im Lauf der Jahre nicht nur einigen Wohlstand, sondern auch das Image eines angesehenen katholischen und antikommunistischen Unternehmers aufbaute. Eine Zeitlang lebte er unauffällig als Besitzer des Restaurants Bavaria und Produzent von Pökelfleisch. Doch mit Beginn der Diktatur verschrieben sich er und seine Familie dem Pinochet-Regime, so wie die anderen aus dem Dritten Reich importierten NS-Verbrecher*innen.
„Sie wissen nicht, was ein Krieg ist“
Bereits kurz nach dem Pinochet-Putsch, am 13. September 1973, wurde der MIR-Aktivist und ehemalige Arbeiter des Bavaria, Pedro León Vargas Barrientos, von bewaffneten „Zivilisten“ verhaftet und auf die Polizeiwache in Paine verschleppt. Dort wurde er zusammen mit anderen Inhaftierten gefoltert. Einige Tage darauf bat seine Schwester, Silvia Vargas Barrientos, Michael Kast um Hilfe. Er soll ihr lediglich geantwortet haben: Sie wisse nicht, was ein Krieg sei. Pedro war einer von 70 Bauern und Arbeitern, die in jenen Tagen in Paine ermordet wurden.
Während die Menschen in Paine gefoltert und ermordet wurden, brachte Olga Rist den Carabineros Essen und betete für deren Wohlergehen. Christian Kast, der gemeinsame Sohn von Michael und Olga, teilte sich Grillfleisch und Getränke mit Polizisten, Soldaten und Zivilisten, im selben Kommissariat, in dem die Gefangenen gefoltert und ihnen die Zähne ausgeschlagen wurden. Zeugen wollen gesehen haben, dass Christian Kast auch direkt an Verhören teilgenommen hat. Andere Zeugen versichern, dass Michael Kast höchstselbst die Kaserne besuchte, während dort gefoltert wurde.
Miguel Kast, der älteste Sohn von Olga und Michael, wurde Mentor der Chicago Boys (Promoter einer ultraliberalen Wirtschaftsdoktrin, die 1982 die schlimmste Wirtschaftskrise in der Geschichte Chiles auslöste), Minister unter Pinochet und Berater der DINA. Von Miguel Kast ist seine Nähe zu Francisco José Cox bekannt (ein Priester, dem Pädophilie vorgeworfen wird), sowie dass er eine fast väterliche Bewunderung für Diktator Pinochet hegte.
José Kast, 1966 ebenfalls als Sohn von Olga und Michael geboren, war als junger Mann einer der Anführer der „Sí“-Kampagne, die sich 1988 für eine Fortsetzung der Diktatur einsetzte. Er war Anhänger von Jaime Guzmán und Aktivist der UDI, doch inzwischen führt er seine eigene Partei: die Republikanische Partei.
José Kast hat öffentlich geleugnet, dass seine Familie in die Verbrechen von Paine verstrickt gewesen sei. Er argumentierte, die Familie von Pedro Vargas habe weiterhin im Bavaria gearbeitet und gute Beziehungen zu seiner Familie. Als Antwort schrieb Silvia Vargas am 18. Oktober 2017 einen Brief an den Chefredakteur des Mostrador. Das Arbeitsverhältnis sei keineswegs fortgesetzt worden, so Vargas. Vielmehr seien kurz nach dem Mord an Pedro ihr Vater und dessen Bruder entlassen worden. Außerdem betont sie, dass es keineswegs gute Beziehungen gegeben habe und dass sie keine Unterstützung bekommen habe um herauszufinden, was mit ihrem Bruder passiert ist. Bis heute hat Kast auf diesen Brief weder geantwortet noch sich öffentlich dazu geäußert.
José Kast hat zudem geleugnet, dass seine Familie Verbindungen zum Nationalsozialismus gehabt habe, mit dem Argument, sein Vater sei nur ein einfacher Wehrmachtssoldat gewesen. Dabei gibt es Parallelen zwischen dessen Geschichte und der anderer NS-Verbrecher. Angesichts der Verbrechen der Wehrmacht insbesondere an der Ostfront schreibt der Autor Omer Bartov in seinem Buch „Hitlers Wehrmacht“, dass die Angehörigen der Wehrmacht keineswegs bloß einfache Soldaten gewesen seien, sondern eine tiefe ideologische Bindung zum Nationalsozialismus hatten. Er schreibt unter anderem: „Das Rechtssystem der Wehrmacht hat sich an der NS-Weltanschauung orientiert, mit allen ihren sozialdarwinistischen, expansionistischen, antikommunistischen und rassistischen Attributen. Und diese haben sie sowohl gegen ihre realen oder eingebildeten Feinde angewendet, als auch gegen ihre eigenen Leute.“
Es ist also wahrscheinlich, dass die Indoktrinierung der Soldaten durch das NS-System dazu geführt hat, dass sie die NS-Weltanschauung an ihre Kinder weitergegeben haben. Sie sahen ihre Nation bedroht durch Globalismus, Multikulturalismus, Marxismus sowie Reformen, die ihre Werte wie Familie und Religion angriffen. An dem Punkt war die Suche nach nationaler Reinheit auch verbunden mit der Eliminierung dieser Gegner*innen.
Die Weltanschauung von José Kast
Wie sieht nun die Weltanschauung von José Kast und seinen Anhänger*innen aus? In seinem aktuellen Parteiprogramm schlägt der Präsidentschaftskandidat vor, die Linken zu verfolgen, einen Graben durch die Wüste zu ziehen, um die Migration zu stoppen, aus dem UN-Menschenrechtsausschuss auszutreten, sowie Ehe und christliche Religion zu fördern. Aber das sind nur Teile von etwas Größerem. Liest man etwa die wahnwitzigen Kolumnen, die Camilo Cammás, Aktivist und Kandidat der Republikanischen Partei, auf der Website der Stiftung Cuide Chile veröffentlicht (gegründet von Kasts Ehefrau María Pilar Adriazola), erfahren wir etwa Folgendes: Für die Republikanische Partei sind die wahren Feinde der Globalismus (die UNO oder internationale Organisationen, die angeblich von Tycoons jüdischer Herkunft wie Soros oder Rothschild kontrolliert werden), der Multikulturalismus (Migrationsbewegungen, die angeblich von der Linken gefördert werden, um eine ethnische Durchmischung zu provozieren) und der Marxismus (die Ideologie, die von der globalen Verschwörung der Großunternehmer*innen verwendet wird, um die Nation und die westliche Kultur europäischen Ursprungs zu zerstören).
José Kast will nicht aus der UNO austreten, weil ihr Länder mit linken Regierungen angehören, sondern weil seine wahnsinnigen Parteigenoss*innen glauben, die UNO sei Teil einer Weltverschwörung, um eine globale Regierung zu errichten. Damit ist deren argumentative Grundlage dem historischen Nationalsozialismus mehr als ähnlich. Diese Weltanschauung soll bei nach der zweiten Runde der Präsidentschaftswahlen am 19. Dezember in Chile herrschen.
Unser Kampf heute muss sich daher nicht nur darauf konzentrieren, die revolutionären Prozesse voranzutreiben, sondern auch den Vormarsch des Faschismus aufzuhalten. Denn mit jedem bisschen Macht, die sie erhalten, verdüstert sich die Zukunft.
Gekürzt und leicht modifiziert übernommen von Prensa Opal. Übersetzung: Darius Ossami
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