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USA: Der Feind steht immer links

In neuen Lehrunterlagen der US-Marine wird der Sozialismus als terroristische Ideologie bezeichnet. Im Bundesstaat Florida werden Lehrer_innen derweil gesetzlich gezwungen, ihre politische Zugehörigkeit bekanntzugeben.

Von Danijel Jamrič

Die US-Marine kramt derzeit ein altes Feindbild aus der Mottenkiste: den Sozialismus. In neuen Lehrmaterialen für angehende Marineoffiziere findet sich ein Katalog an Fragen, von denen eine lautet: „Welcher terroristischen ideologischen Kategorie gehören Anarchisten, Sozialisten und Neonazis an?“ Die korrekte Antwort darauf sei: „politische Terroristen“. Das deckte das Onlineportal The Intercept unter Berufung auf einen anonymen ehemaligen Mitarbeiter des US-Militärs auf. Antisozialistische Ideologien seien in der Armeeführung stark ausgeprägt, zitiert The Intercept den ehemaligen Mitarbeiter. Ein Sprecher der Marine reagierte auf die Vorwürfe, das Lehrbuch mit der entsprechenden Passage sei Teil des genehmigten Lehrplans für Antiterrorismus-Schulungen und stelle keine politische Aussage dar.

Tatsächlich wirkt es eher so, als wolle die US-Marine ihren Nachwuchs nicht nur auf die Außenpolitik der USA etwa gegen das sozialistische Kuba einschwören, sondern auch in das Vorgehen gegen den „inländischen Extremismus“. Zwar bezeichnen FBI und „Heimatschutzministerium“ diesbezüglich rassistische und rechtsextreme Kräfte als die „tödlichste terroristische Bedrohung“ für die USA, doch umfasse das Vorgehen der Behörden gegen „inländischen Extremismus“ auch zahlreiche Maßnahmen gegen linke und progressive Kräfte. Von mitunter willkürlicher Beobachtung und Verfolgung betroffen seien dabei insbesondere Vertreter_innen und Angehörige aus dem Umfeld der Black Lives Matter-Bewegung. Aber auch Umweltschützer_innen sowie anarchistische Gruppen – oft unter dem Begriff „Antifa“ subsumiert – sind Zielscheibe der Behörden, fasst der Bericht von „The Intercept“ zusammen.

Was die Delegitimierung linker Standpunkte in den USA bedeuten kann, zeigt aktuell das Beispiel Florida: Gouverneur Ron de Santis hat in dem Bundesstaat kürzlich ein Gesetz unterzeichnet, das LehrerInnen an Schulen zur Angabe ihrer politischen Zugehörigkeit verpflichten soll. Zuvor hat De Santis Lehrkräfte beschuldigt, Schüler_innen mit linken Ideologien zu „indoktrinieren“. Die Zeitung „Peoples World“ befürchtet nun, dass die in Florida regierenden Republikaner ihre Angriffe gegen die Demokratie weiter verstärken. Auch Lehrergewerkschaften zeigen sich besorgt und warnen vor einem „Generalangriff“ der Republikaner auf die Freiheit von Bildung und Wissenschaft.

Linke Aktivist_innen waren in den USA lange Zeit Opfer politischer Verfolgung, insbesondere in den 1930er-Jahren sowie während des Kalten Krieges. Die Repressionen und Verfolgungen sind unter dem Begriff „Rote Angst“ (red scare) in die Geschichte eingangen. Heute hat der Begriff „Sozialismus“ in Teilen der amerikanischen Bevölkerung wieder an Popularität gewonnen. Eine von der NY Times zitierte Umfrage aus dem Jahr 2019 ergab, dass 40 Prozent der US-Amerikaner_innen lieber in einem sozialistischen als in einem kapitalistischen Land leben würden, eine Mehrheit der jüngeren Frauen bevorzuge demnach sogar mehrheitlich den Sozialismus. Der Begriff wird in den USA jedoch allgemeinsprachlich weit gefasst und umschließt neben demokratischen Sozialismus auch sozialdemokratische Politik.


Titelbild: U.S. Navy / Mass Communication Specialist 3rd Class Daniel C. Coxwest auf Flickr/ CC BY 2.0

Quellen:

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6 Gedanken zu „USA: Der Feind steht immer links

  • Mein Kommentar zu : USA -Der Feind steht immer links
    Ja, das ist die Wahrheit.
    Auf die weißen Streifen der US-Flagge möchte ich schreiben: Dies ist ein Land, das vor 500 Jahren von Geld- und Machthungrigen Kriminellen aus Europa auf gestohlenem Indianerland gebaut wurde. Wurden reich durch unmenschliche Sklaverei, werfen Atombomben auf Hiroshima und Nagasaki ab, stehle deutsche Patente und werden zur Weltmacht. Es kämpfte und verlor einen langen und unmenschlichen Krieg gegen das kleine Vietnam, war das eine Arschtreterei. Das kubanische Volk wurde 60 Jahre lang mit einem Embargo belegt, aber es ist so hart wie die Vietnamesen und wird sich wehren und gewinnen. Übrigens wird Wladimir Putin bestimmt die Krimm zurückgeben,wenn die USA den Indianern ihr Land wieder zurück giebt.

    Antwort
    • Rolf Schäfer

      Die Idee Krim gegen Indianerland finde ich witzig.
      Aber, lieber Hoffmann, Deine Verwendung der Begriffe „Land“ und „Volk“ finde ich bedenklich. Mit denen fasst Du jeweils die Nationen zusammen und unterscheidest gar nicht mehr zwischen Volk und Führung. Und auch das Volk ist ja keine Einheit, sondern zerfällt zumindest und die Sorte, die so reich ist, andere für sich arbeiten zu lassen, damit der Reichtum der Reichen gemehrt wird und die Sorte derer, die für andere arbeiten.
      Zweitens ist Geld- und Machthunger in der Marktwirtschaft nicht kriminell, sondern gilt unter dem Begriff „Konkurrenz“ als geschäftsförderlich – auch wenn durch diese Konkurrenz fortlaufend Existenzen ruiniert werden.
      Aber wie gesagt: Die Idee mit dem Land-Tausch gefällt mir. ☺ oederland@nord-com.net

      Antwort
  • Pingback: Anti-kommunism i den US-amerikanska marinkåren - RiktpunKt.nu

    • Nein, keine Zensur. Wurde soeben freigegeben.

      Antwort

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