Greta Thunberg: Menschheit rast „in die falsche Richtung“
Die schwedische Aktivistin Greta Thunberg, Initiatorin der globalen Klimabewegung „Fridays for Future“, warnte am fünften Jahrestag des Pariser Klimaabkommens eindringlich davor, dass die Menschheit nicht genug tut, um die globale Erwärmung unter 2 Grad Celsius zu halten – ein Ziel, das in dem wegweisenden Abkommen von 2015 festgelegt wurde. „Die Kluft zwischen dem, was wir tun müssen, und dem, was tatsächlich getan wird, wird von Minute zu Minute größer. Wir rasen immer noch in die falsche Richtung“, sagte Thunberg in einer Videobotschaft, die in den sozialen Medien veröffentlicht wurde.
Transkription
AMY GOODMAN: Der Generalsekretär der Vereinten Nationen, António Guterres, hat die Staats- und Regierungschefs der Welt aufgefordert, wegen der Klimakrise den Ausnahmezustand auszurufen. Sein Aufruf erschien am Samstag während eines virtuellen Klimagipfels anlässlich des fünften Jahrestages des Pariser Klimaabkommens von 2015.
GENERALSEKRETÄR ANTÓNIO GUTERRES: Fünf Jahre nach Paris sind wir immer noch nicht auf dem richtigen Weg. In Paris wurde versprochen, den Temperaturanstieg auf möglichst nahe 1,5 Grad zu begrenzen. Aber die in Paris gemachten Zusagen reichen bei weitem nicht aus, um dieses Ziel zu erreichen, und selbst die Zusagen werden nicht eingehalten. Der Kohlendioxidgehalt ist auf einem Rekordhoch. Heute ist es 1,2 Grad wärmer als vor der industriellen Revolution. Wenn wir den Kurs nicht ändern, könnten wir in diesem Jahrhundert auf einen katastrophalen Temperaturanstieg von mehr als 3 Grad zusteuern…
Können wir noch leugnen, dass wir uns in einer dramatischen Notlage befinden? Deshalb rufe ich heute alle Staats- und Regierungschefs weltweit auf, in ihren Ländern den Klimanotstand auszurufen, bis CO2-Neutralität erreicht ist. Etwa 38 Länder haben dies bereits getan und die Dringlichkeit und den Einsatz erkannt. Ich fordere alle anderen auf, zu folgen.
AMY GOODMAN: U.N.-Generalsekretär António Guterres sprach am Samstag auf einem virtuellen Klimagipfel, um den fünften Jahrestag des Pariser Klimaabkommens von 2015 zu würdigen. Vor dem Gipfel veröffentlichte die 17-jährige schwedische Klimaaktivistin Greta Thunberg ein Video, in dem sie sagt, dass viel mehr getan werden muss, um die Klimakrise zu bekämpfen.
GRETA THUNBERG: Mein Name ist Greta Thunberg, und ich lade Sie ein, Teil der Lösung zu sein.
Vor fünf Jahren unterzeichneten die Staats- und Regierungschefs der Welt das Pariser Abkommen und versprachen, den Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur auf deutlich unter 2 Grad Celsius zu begrenzen und 1,5 Grad anzustreben, um zukünftige Lebensbedingungen zu sichern. Seitdem ist viel passiert, aber die notwendigen Maßnahmen sind immer noch nicht in Sicht. Die Kluft zwischen dem, was wir tun müssen, und dem, was tatsächlich getan wird, vergrößert sich von Minute zu Minute. Wir rasen immer noch in die falsche Richtung.
Die fünf Jahre nach dem Pariser Abkommen waren die fünf wärmsten Jahre, die jemals aufgezeichnet wurden. Und in dieser Zeit hat die Menschheit auch mehr als 200 Gigatonnen CO2 ausgestoßen. Es werden Zusagen gemacht, weit entfernte hypothetische Ziele gesetzt und große Reden geschwungen. Doch wenn es um die sofortigen Maßnahmen geht, die wir brauchen, befinden wir uns immer noch in einem Zustand der völligen Verweigerung, während wir unsere Zeit damit verschwenden, mit leeren Worten und kreativer Rechnungslegung neue Schlupflöcher zu schaffen.
Wenn Sie sich, die derzeit beste verfügbare Forschung durchlesen, wird Ihnen klar, dass die Klima- und Umweltkrise ohne einen Systemwechsel nicht zu lösen ist. Das ist keine Meinung mehr; das ist eine Tatsache. Die Klimakrise ist nur ein Teil einer größeren Nachhaltigkeitskrise. Zu lange haben wir uns von der Natur entfernt, den Planeten, unser einziges Zuhause, schlecht behandelt und gelebt, als gäbe es kein Morgen. Bei der derzeitigen Emissionsrate wird unser verbleibendes CO2-Budget für 1,5 Grad innerhalb von sieben Jahren komplett aufgebraucht sein, lange bevor wir überhaupt die Chance haben, unsere Ziele für 2030 oder 2050 zu erreichen.
Aber ich sage Ihnen, es gibt Hoffnung, denn die Menschheit ist noch nicht genug sensibilisiert worden. Wir können weder eine Krise lösen, ohne sie als Krise zu behandeln, noch können wir etwas wie eine Krise behandeln, wenn wir die Notlage nicht verstehen. Also lassen Sie uns dies zu unserer Hauptpriorität machen. Schließen wir uns zusammen und verbreiten wir Bewusstsein. Wenn wir uns dessen bewusst sind, dann können wir handeln. Dann wird die Veränderung kommen. Das ist die Lösung. Wir sind die Hoffnung. Wir, die Bevölkerung.
AMY GOODMAN: Die Klimaaktivistin Greta Thunberg äußert sich in einem Video, das sie vor dem virtuellen Klimagipfel am Samstag anlässlich des fünften Jahrestages des Pariser Klimaabkommens 2015 veröffentlicht hat. Greta wird am 3. Januar 18 Jahre alt.
Die Übersetzung aus dem Englischen wurde von Anita Köbler vom ehrenamtlichen Pressenza-Übersetzungsteam erstellt.
Dieser Beitrag erschien auf pressenza.com, Kooperationspartner von Unsere Zeitung. Originalartikel: democracynow.org
Titelbild: Democracy Now!/Screenshot