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„Am Fließband“

Dieser sozialkritische Roman von Upton Sinclair beschreibt die intensiven Ausbeutungsmethoden des Fordismus und Taylorismus

Von Werner Lang

Upton Sinclair wurde am 20. September 1878 in Baltimore geboren. Seinen alkoholkranken Vater zog es mit seiner Familie im Jahr 1888 nach New York City. Seine Familie war sehr arm. Daher verbrachte Sinclair viel Zeit mit seinen wohlhabenden Großeltern. Er erzählte später, dass es das Erleben dieser Extreme war, die ihm in einen Sozialisten verwandelte.

1948 brachte Sinclair unter anderen einen sozialkritischen Roman über die Automobilindustrie und Fließbandarbeit bei Henry Ford heraus. Er erzählte die Geschichte des Fabrikarbeiters Abner Shutt, der in die Fließfertigung des Henry Ford hineinwuchs, Spezialist für das Verschrauben von Radnaben wurde, dann Vorarbeiter und nach drei Jahrzehnten aus dem immer schneller getakteten Bandbetrieb hinausgeschleudert wurde und von Henry Ford selbst, der vom besessenen Tüftler, den die neue Technologie faszinierte, vom Demokraten und Humanisten zum „Getriebenen seines Geldes“ wird. Henry Ford wird zum Sklaven seiner eigenen Milliarden; nicht er besitzt die Milliarden, sie besitzen ihn:

Nun war er Milliardär, und sein Geld hielt ihn gefangen wie das Spinnennetz die Fliege.
(S. 253)

Please, Mr. Foreman, slow down your assembly line.

Please, Mr. Foreman, slow down your assembly line.

No, I don`t mind workin`, but I do mind dyin`.

(Detroit Blues, gesungen von Joe L. Carter)

Die furchtbaren Erfindungen von Ford >Arbeitsbeschleunigung< und >Zeitnehmen< beanspruchten jeden Arbeiter in der Produktion bis zum äußersten seiner Leistungsfähigkeit. „Jeder muss auch die letzte Unze Kraft seines Körpers hergeben. Henry Ford leugnete das natürlich. So sanft, so überzeugend schrieb er über den Nutzen der wissenschaftlichen Arbeitsplatzforschung: sie habe ja gerade den Zweck, die Zeit festzulegen, in der jeder Arbeiter mühelos eine bestimmte Aufgabe erfühlen könne, um ihm dann diese spezielle Arbeit zuzuweisen. Lüge, nichts als Lüge war das! Seine Arbeiter wollten vor Wut schreien, wenn sie solche Artikel von ihm lasen. Sie waren müde, wenn sie morgens zur Arbeit gingen, und wenn sie heimgingen waren sie grau und stolperten vor Erschöpfung. Zitronenschalen glichen sie, der letzte Tropfen Saft war aus ihnen herausgepresst“. (S. 138)

So ging es überall zu, nicht nur bei Ford; die ganze Industrie war grausam. Schneller, immer schneller! Bis die Herzen vor Bitterkeit kochten. Alle Autowerke standen unaufhörlich in Konkurrenz auf Leben und Tod; jede Abteilung in jedem Werk wetteiferte mit den anderen, ja sogar mit sich selbst – mit ihren Leistungen von gestern, mit den neuen >Normen<, welche die Ingenieure forderten, die immer neue Maschinen und Metoden erfanden und die Arbeit überwachten. (S. 139)

Sinclairs Aktualität zeigt sich heute darin, „… dass der Aufschwung wie auch der Niedergang einer Industrie auf dem Rücken, auf den Mägen der Arbeitenden ausgetragen wird, bei gleichzeitiger Realisierung von Profitraten für wenige in einem Wirtschaftssystem, dessen Grundstruktur sich …“ seit dem Erscheinen des Romans nur unwesentlich verändert hat, schreibt Dieter Herms im Nachwort des Buches. (S. 285). Dieser sozialkritische Roman beschreibt auch ausführlich die intensiven Ausbeutungsmethoden des Fordismus und Taylorismus.

Upton Sinclair veröffentliche mehr als neunzig Bücher. Er starb in einem kleinen Pflegeheim in Bound Brook, Jersey, am 25. November 1968.

Literaturnachweis:


Werner Lang, geboren 1955 in Hönigsberg, lebt in Wien. War tätig als Betriebsschlosser, Schweißer, Monteur, Verschieber, Lokführer, Kranführer, zerstörungsfreier Werkstoffprüfer. War in der Gewerkschaftsbewegung, Friedens- und Umweltbewegung aktiv. Weiters: Ausstellungen, Vorträge, Puppentheater für Erwachsene, Kleintheater. Schreibt für die Kulturzeitschrift Tarantel und theoretische, sozialpolitische Artikel für das Magazin des Gewerkschaftlichen Linksblocks „Die Arbeit“. Letzte Veröffentlichungen: Vor Ort; Theaterstück (Sonderheft Tarantel) Arbeitswelten in Bild und Wort (VIZA Edit 2012) Gasthaus Sudy, ein Theater (edition tarantel 2013) (Herausgeber) Erich Zwirner: Schreib! Arbeiter! (edition tarantel), 2013 (Herausgeber) Eva Priester: Der Weltkrieg I – Ende und Anfang, edition tarantel, Tarantel Werkkreis Literatur der Arbeits (losen) Welt, Wien 2014 „Herzblut“ Beschädigte/r Erzähler/Erzählungen, Herausgeber: Werkkreis Literatur der Arbeitswelt – Werkstatt Wien, mit Unterstützung der MA 17/ Kulturabteilung der Stadt Wien, edition tarantel, 2016
2018 „Stramm“ Ein Buch über Arbeitsbedingungen und Arbeitsverhältnisse in österreichischen Industriebetrieben in Form einer Erzählung von einem Werksarbeiter, transfer EditionUnterstützt vom Österreichischen Bundeskanzleramt. 2020 Zweite Auflage, Unterstützt vom Land Steiermark. Kultur, Europa Außenbeziehungen.

Titelbild: Clker-Free-Vector-Images auf Pixabay


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