Coronaviruskrise: Ein Vergleich zwischen Ost und West (Teil 2)
Der Westen wähnt sich dem Osten im Allgemeinen als überlegen. Die unterschiedlichen Arten des Umganges mit der SARS-CoV-2 Pandemie sagen uns zumindest in dieser Hinsicht jedoch etwas anderes. Ein Blick auf die US-Allierten Israel, Ecuador und Brasilien.
Von Gregor Flock
Israel
Der US-Allierte Israel ist, mehr noch als Apartheid-Südafrika, ein offenkundig rassistischer Staat, und das macht sich auch in Zeiten des Coronavirus bemerkbar. Es liegt zum Beispiel ein Fall vor, im Rahmen dessen zwei Israelis einen für einen Chinesen gehaltenen und mit dem Coronavirus in Zusammenhang gebrachten Inder(!) krankenhausreif geprügelt haben:
Two israelis viciously assault & hospitalise a man who they thought was Chinese in a racist attack related to the coronavirus #SickSociety https://t.co/NpOvY2e8gH
— Sarah Wilkinson (@swilkinsonbc) March 17, 2020
Michael Lynk, der UNO-Sonderberichterstatter für Menschenrechte im Territorium Palästina, stellte fest, dass Israel seine internationalen Verpflichtungen zur Sicherstellung des Rechts auf Gesundheit für Palästinenser tiefgehend verletzt hat:
UN special rapporteur notes that israel is in 'profound breach' of its intl obligations with regards to the Palestinian people's right to healthcare https://t.co/O6ae7t4Zt8
— Sarah Wilkinson (@swilkinsonbc) March 21, 2020
Die seit Jahren regelmäßig stattfindenden Vandalismusaktionen von radikalen israelischen Siedlern gegen Palästinenser und deren agrarische Lebensgrundlagen wie Olivenbäume oder Traubenstöcke, die über Nacht teilweise zu hunderten zerstört werden, geht munter weiter:
Untethered gangs of israelis raid, attack homes & terrorise a farming community in Burqa, north of Nablus, for the 2nd consecutive day https://t.co/prda4OAI1D
— Sarah Wilkinson (@swilkinsonbc) March 21, 2020
Auch der israelische Staat selbst ist an vergleichbaren Aktionen beteiligt. Den teilweise willkürlich verhafteten („administrative detention„) und auch oftmals minderjährigen gefangenen Palästinensern wird geraten, einfach die eigenen Socken als Gesichts- und Atemschutz zu verwenden, obwohl diese nicht feinmaschig genug sind (sieht N95 Masken), um Viruspartikel aufzuhalten. Da die palästinensischen Territorien in vielerlei Hinsicht geschwächt sind, können lockdown Maßnahmen dort sogar den gegenteiligen Effekt haben:
For us, the Covid-19 lockdown is a mechanism to save lives.. in Gaza, already strangled by israel's illegal siege, the lockdown will simply kill https://t.co/WRMHqUUPh6
— Sarah Wilkinson (@swilkinsonbc) March 26, 2020
Der Apartheid-Staat Israel sinkt dabei sogar so tief, dass er medizinische Zelte und Gerätschaften von den Palästinensern stiehlt, die sich damit auf die Coronaviruskrise vorbereiten wollten:
Morally depraved: israel steals emergency medical tents and clinical equipment from a Palestinian village readying themselves for Covid-19 https://t.co/m8K1M4bRyO
— Sarah Wilkinson (@swilkinsonbc) March 27, 2020
Der Israelische Auslandsgeheimdienst Mossad hat währenddessen 400.000 Virustestkits ‚besorgt‘ und macht keine Angaben darüber, woher diese stammen. Vielleicht war ein Teil davon von Palästinensern oder für diese bestimmt?
MOSSAD obtains another 400,000 test kits for Israel, but PM refuses to say where they came from. Where do YOU think Israel's new 400,000 test kits came from?? https://t.co/Hwo0AuTEmK
— Cynthia McKinney PhD (@cynthiamckinney) March 28, 2020
Interessant in diesem Zusammenhang ist auch der US-Diebstahl einer Lieferung von Schutzmasken für Deutschland:
Berlin muss in der Corona-Krise auf eine Lieferung von 200.000 medizinischen Schutzmasken verzichten. Grund: Die USA haben die Ware in Bangkok konfisziert. Berlins SPD-Innensenator Andreas Geisel sagt: "Wir betrachten das als Akt moderner Piraterie." https://t.co/2bQOe4jzuf
— SPIEGEL Politik (@SPIEGEL_Politik) April 3, 2020
Der Grund: Ein Million von in den USA eigentlich dringend benötigten Masken (derzeit 400.000 bestätigte Fälle, 12.911 Tote und 22.539 Genesene; hier auch ein Bericht dazu, warum die offizielle Todeszahl in den USA zu niedrig ist) wurde für viele unverständlicherweise an die israelische Armee ausgehändigt (siehe hier für weitere Kommentare dazu):
This is outrageous.
The US government sends a million masks to the Israeli occupation army.
All while the American people suffer from a shortage in medical supplies amid this deadly #COVID19 pandemic. https://t.co/cRzIGAFEGt
— Sarah Abdallah (@sahouraxo) April 8, 2020
Ecuador
Auch Ecuador ist nach dem Machtwechsel von Ex-Präsident Rafael Correa zu Lenin Moreno mittlerweile Teil der großen westlich-imperialistischen Wertegemeinschaft. Das hat sich einerseits so geäußert, dass Lenin Moreno den seit Jahren in der Ecuadorischen Botschaft in London festsitzenden, unter psychologischer Folter stehenden und mit zahlreichen Journalismuspreisen ausgezeichneten Wikileaks-Gründer und Aufdeckerjournalisten Julian Assange vor allem für einen IMF-Kredit von ein paar Milliarden Dollar im April 2019 an seine politischen Verfolger im Westen ausgehändigt hat.
In Zeiten des Coronavirus (momentaner Stand: 3737 bestätigte Fälle, 191 Verstorbene und 100 Genesene) äußern sich diese Unwerte in Form eines privatisierten Gesundheitssystems, im Rahmen dessen man sich für die bescheidenen Summe von nur rund drei Viertel eines durchschnittlichen Monatslohns auf den Virus testen lassen kann:
The US-backed right-wing neoliberal regime in Ecuador is outsourcing its coronavirus tests to private for-profit corporations. They are charging $250 to $300 per test.
The monthly minimum wage in Ecuador is $400. https://t.co/0XmlnYhyPF
— Ben Norton (@BenjaminNorton) March 16, 2020
Brasilien
Eine weitaus größere Katastrophe stellt das seit dem Bolsonaro-Regime ebenfalls mit den USA allierte Brasilien dar. Es gab widersprüchliche Berichte darüber, ob der eigentlich bereits positiv getestete und sich in Quarantäne befindliche Bolsonaro den Virus hat oder nicht. Meine Vermutung ist ja. Das hat Bolsonaro dennoch nicht daran gehindert, in einem unüberlegten Politstunt die eigene Quarantäne zu brechen und die Hände von mindestens 272 seiner Unterstützer zu schütteln. Einer von Bolsonaros wichtigsten Unterstützern hat ihn daraufhin zum Rücktritt aufgefordert und der hashtag #ImpeachmentdoBolsonaroURGENTE wurde der Nr. 1 Trend auf Brasiliens Twitter:
After Bolsonaro left his own quarantine yesterday with his new coronavirus test pending to touch at least 272 of his supporters, and one of his key loyalists has called on him to resign for possibly infecting them, this is the number 1 trending hashtag on Brazil Twitter: pic.twitter.com/5veGxdlEOI
— Glenn Greenwald (@ggreenwald) March 16, 2020
Hier einige Aufnahmen von diesem verantwortungslosen Politstunt:
Even as 16 members of his own entourage have tested positive for coronavirus, Brazilian officials are warning of an impeding crisis, and he himself is in isolation, Bolsonaro continues to leave quarantine to minimize the threat with deranged comments. WATCH: pic.twitter.com/fKeKJ3jjiz
— Glenn Greenwald (@ggreenwald) March 18, 2020
Bolsonaro hat seine Anhänger ferner zu Protestmärschen mitten in der sich ausbreitenden Coronaviruspandemie aufgerufen. Der Journalist Glenn Greenwald deutete dies – vermutlich korrekt – dahingehend, dass es sich bei Bolsonaro um einen verantwortungslosen Soziopathen handelt:
This is what a sociopath is by definition.
Bolsonaro sees his "followers" not as human beings but as pawns, and has literally zero compunction about exposing them (and everyone else) to death if he can extract even minimal benefit for himself from it. https://t.co/iTtX7rwaIv
— Glenn Greenwald (@ggreenwald) March 15, 2020
Bolsonaro ließ eine Pressekonferenz abhalten, in der die ausschließlich männlichen und weißen Minister nicht in der Lage zu adäquatem social distancing waren. Zwei seiner Minister und 16 Mitglieder von seinem Stab waren zu diesem Zeitpunkt bereits mit dem Coronavirus infiziert – und das möglicherweise sogar von Bolsonaro selbst:
Der vermutlich infizierte Bolsonaro hatte sogar Probleme damit, sich die eigene Maske korrekt aufzusetzen:
help ? pic.twitter.com/4NONerLRfm
— Amanda Audi (@amandafaudi) March 18, 2020
Das nicht besonders überraschende Ergebnis dieser für alle offen zur Schau gestellten kompletten Unfähigkeit Bolsonaros im Umgang mit der Coronaviruskrise war, dass kurz nach dieser Telekonferenz landesweit lautstarke Proteste gegen das Bolsonaroregime begannen:
Protests across Brazil for the removal of far-right President Jair Bolsonaro began during his televised press conference earlier today, and are intensifying across the country. #panelaco18M pic.twitter.com/BI9eMhmTzr
— Brasil Wire (@BrasilWire) March 18, 2020
Diese Proteste gingen tage- bzw. nächtelang ohne Unterbrechung weiter:
It is Jair Bolsonaro’s birthday, and Brazilians are screaming for his downfall for a fifth consecutive night. https://t.co/BukoqiCGwO #ForaBolsonaro pic.twitter.com/UZWmFULhgs
— Brasil Wire (@BrasilWire) March 21, 2020
Das Mandat Bolsonaros begann sich dadurch in der Tat aufzulösen:
We are watching Bolsonaro’s presidential mandate evaporate in real time. #panelaco18M #ForaBolsonaros pic.twitter.com/nChYwM6A3l
— Brasil Wire (@BrasilWire) March 18, 2020
Am Rande sei auch angemerkt, dass es kurzfristig Berichte gab, denen zufolge der Fußballer Ronaldo viel Geld spendet, um Coronaviruspatientien behandeln zu können. Diese Berichte wurden jedoch kurz danach wieder gelöscht, was stark darauf hindeutet, dass es sich dabei um eine Ente bzw. Falschmeldung gehandelt hat.
Der momentane Stand der Dinge scheint derjenige zu sein, dass sogar das Militär selbst von Bolsonaros Unfähigkeit genug hatte und diesen mittlerweile weitestgehend weggeputscht hat. Die Landesführung dürfte immer mehr ein gewisser General Walter Souza Braga Netto übernehmen:
Military figures within the Government have blocked Bolsonaro’s attempt to fire Health Minister Mandetta. This is being interpreted as further evidence that the President's powers are being silently curtailed. #Coronavirushttps://t.co/ASOj3lxwME
— Brasil Wire (@BrasilWire) April 6, 2020
Da man kaum unfähiger und widerlicher sein kann als Bolsonaro, der Brasiliens Militärdiktatur von 1964 bis 1985 gutgeheißen hat und während dieser als Offizier gedient hat, könnte man diesem vermutlich länger andauernden Machtwechsel vielleicht etwas Gutes abgewinnen. Andererseits gibt es auch bereits Berichte, dass die bereits angeschlagene Brasilianische Demokratie nun komplett tot sei:
Brazilian democracy is dead@BrasilWire explains how Brazil's democracy was gradually killed through the soft coup against the Workers' Party, "Lava Jato" farce, and installation of Bolsonaro's gang
But now it's totally dead with a de facto military couphttps://t.co/kNMPmJWSMf
— Ben Norton (@BenjaminNorton) April 7, 2020
Man darf somit also gespannt bleiben, was die Ereignisse der nächsten Tage und Wochen in Brasilien bringen werden. Fest steht jedoch schon einmal, dass die westlich-imperialistischen Vasallenstaaten wieder einmal in vielerlei Hinsicht kläglich versagt haben und das auf nichts anderes als einen gigantischen Systemfehler hindeutet.
Gregor Flock ist unabhängiger systematischer Philosoph (univie.academia.edu/GregorFlock), Zivilgesellschaftler (Global Civil Society Network), politischer Analyst (medium.com/@GregorFlock). Twittert unter @GFlock_GCSN.