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“Project 2025”: Wie Trump dem Plan zur Aushöhlung der Demokratie folgt

Wie viel wurde vom “Project 2025” umgesetzt? In diesem Artikel aktualisieren wir laufend, wie weit die Demokratie in den USA gemäß dem christlich-nationalistischen Plans bereits umgesetzt wurde.

Von Sebastian Panny / MOMENT

Donald Trump wollte laut eigener Aussage Diktator sein – für seinen ersten Tag im Amt. Inzwischen inszeniert er sich als König. Seine Politik zeigt: Er meint es ernst. Fast 100 Dekrete hat Trump am Tag seiner Amtseinführung unterzeichnet. Viele davon werden bereits juristisch bekämpft. Doch der Weg wurde vorgegeben – und die Geschwindigkeit, mit der die Aushöhlung der US-Demokratie voranschreitet, hat sich beschleunigt.

Grundlage: Das “Project 2025” der Heritage Foundation. Ein Plan, um die USA in einen christlich-nationalistischen Staat umzubauen. 34 Prozent dieses Plans wurden laut Project 2025 Tracker bereits umgesetzt (Stand Ende Februar 2025). Es ist ein Projekt von Privatpersonen, die die Dekrete und Maßnahmen Donald Trumps mit dem 920 Seiten langen Plan abgleichen.

Das hat Trump von Project 2025 bereits umgesetzt:

Personal und Behörden kontrollieren

Für die ersten 180 Tage der neuen Amtszeit gibt es im Project 2025 eine klare Vorgabe: Das Personal im öffentlichen Dienst muss so schnell wie möglich ausgetauscht werden. Wer nicht loyal zu Trump ist, muss gehen. Dazu dient “Schedule F”: Durch diese Order werden bis zu 50.000 Bundesangestellte zu “politischen Besetzungen”. Das heißt: Sie haben keine Art von Kündigungsschutz mehr. Trump kann sie einfach entlassen und mit “passendem” Personal ersetzen.

Genau das passiert aktuell. Trump hat ein Dekret zum Einsetzen von Schedule F unterzeichnet. Unter dem Vorwand der “Effizienz” werden tausende Menschen durch loyale Parteigänger ersetzt. Hier kommt wieder die Heritage Foundation ins Spiel: Sie hat schon lange vor Amtsantritt eine Liste mit Menschen erstellt, die dafür infrage kommen.

Einige staatliche Behörden sollten laut Project 2025 auch aufgelöst oder zumindest Trump direkt unterstellt werden. Das wird länger dauern, doch erste Schritte wurden auch hier bereits gesetzt. So haben etwa alle größeren Bundesbehörden eigene Kontrollorgane – von denen Trump in kürzester Zeit mehrere gefeuert hat. Auch einige Personen im Justizministerium, die an Verfahren gegen Trump gearbeitet haben, wurden sofort entlassen. Betroffene klagen bereits dagegen.

Zuletzt unterzeichnete Trump einen Erlass, mit dem ihm sämtliche unabhängige Regulierungsbehörden wie die Finanz- oder Kommunikationsbehörde unterstellt werden. Ausgenommen sind nur der Gouverneursrat und der Offenmarktausschuss, der über Zinsen entscheidet. Die bislang unabhängigen Aufsichtsbehörden seien nicht ausreichend rechenschaftspflichtig – dem amerikanischen Volk gegenüber, sagt Trump. Er meint damit sich selbst.

Entwicklungshilfe umbauen und kürzen

Die US-Entwicklungsbehörde hat Trump bereits mehr oder weniger gemäß Project 2025 umgebaut. Sie soll dem Außenministerium und damit Marco Rubio unterstehen. Tausende Mitarbeiter:innen wurden entlassen und/oder daran gehindert, das Gebäude zu betreten. Die Website ist nicht mehr online. Programme wurden eingestellt. Die finanziellen Mittel wurden gestoppt – vorerst für 90 Tage. In dieser Zeit soll jedes Programm überprüft und entschieden werden, ob es “fortgesetzt, verändert oder eingestellt” wird.

Geprüft werden soll dabei auch, ob die Projekte mit der “America First”-Politik (Deutsch: Amerika zuerst) in Einklang stehen. Die Beiträge müssten also den USA nutzen. Das widerspreche den Grundsätzen der Entwicklungshilfe, warnen Expert:innen. Das zerstöre auch sozialen Konsens und den Sozialvertrag, auf den man sich als Weltgemeinschaft geeinigt habe.

USAID ist für die Entwicklungshilfe und humanitäre Hilfe im Ausland zuständig. Die USA sind dabei der größte Geldgeber für die internationale Entwicklungshilfe. Programme gegen Krankheiten wie HIV oder Malaria hängen an diesen Mitteln. Projekte gegen Hunger und für sauberes Trinkwasser, für Frieden, Selbstversorgung und vieles mehr wird damit finanziert. Viele dieser Projekte stehen nun still. Das bedeutet: Menschen verlieren ihre Jobs und Lebensgrundlage, Medikamente, Lebensmittel und Trinkwasser. Für lebensnotwendige Dinge sollte es zwar eine Ausnahmeregelung geben, laut Medienberichten gebe es diese in der Praxis aber kaum.

Wie es nach den 90 Tagen weitergeht, ist noch offen. Expert:innen gehen aber davon aus, dass die Entwicklungsbehörde in gewohnter Form Geschichte ist. Project 2025 lässt das auch vermuten.

Diversität und Minderheitenrechte einschränkten

Auch hier folgt Trump sofort den Vorgaben des Project 2025. Vermeintlich “woke Propaganda” an Schulen – also Aufklärung und Verständnis für verschiedene Lebensformen – soll verboten werden. Programme für mehr Diversität und Inklusion in Bundesbehörden wurden sofort gestoppt. Wer mit der Regierung zusammenarbeitet, muss in Zukunft keine ähnlichen Programme oder Quoten mehr erfüllen.

Die Situation für trans Menschen wird unter Trump noch schlimmer: Ein Dekret untersagt Behandlungen für Menschen unter 19 Jahren. Für das Militär sollen sie nicht mehr arbeiten dürfen. Es darf nur mehr zwei Geschlechter geben. Auch das sind alles Kernelemente des Project 2025. Diversität wird darin als Gefahr betrachtet.

Auch bei der Entwicklungshilfe findet sich die Transfeindlichkeit. Aktivitäten im Zusammenhang mit trans Personen sollen auch nach den 90 Tagen, in denen alle Projekte überprüft werden, nicht mehr finanziert werden, berichtet die Leiterin des Institute of HIV Research an Innovation in Bangkok gegenüber der Zeit. Trans Menschen werden auch aus dem Militärdienst verbannt.

Militär und Immigration kontrollieren

Gegen Immigration soll laut Project 2025 verstärkt militärisch vorgegangen werden. Eines der ersten von Trumps Dekreten folgt diesem Plan. Die Nationalgarde wurde an die Grenze zu Mexiko verlegt. Um das tun zu können, hat Trump einen nationalen Notstand ausgerufen.

Immigration soll generell stark eingeschränkt werden. Auch bei diesem Punkt folgt Trump der vorgegebenen Strategie. Programme zur Immigration werden gestoppt, Migrant:innen massenhaft ausgewiesen.

Klimaschutz ruinieren

Project 2025 sieht vor, dass der “Kampf gegen Öl und Gas” enden muss. Klimaschutz würde generell zu weit gehen. Dem folgt Trump mit seinem Slogan “drill, baby, drill”: Während die Notwendigkeit zu mehr erneuerbarer Energie immer größer wird, setzt er auf fossile Energie. In geschützten Regionen soll wieder nach Öl und Gas gebohrt werden. Speziell auf die Rohstoffe in Alaska hat er es abgesehen.

Aus dem Pariser Klimaabkommen sind die USA ebenfalls ausgestiegen. Ein Grund dafür, laut Project 2025: Die USA müsse eigenständiger werden, sich isolieren und Regulierungen wo möglich abschaffen.

Was laut Project 2025 noch kommen soll

Trump will noch mehr Macht bei sich konzentrieren und wird das auch versuchen. Indem Behörden aufgelöst oder ihm unterstellt werden. Sie sind dann seiner Willkür ausgeliefert. Ermittlungen gegen ihn oder andere Personen kann er etwa, wenn es so weit kommt, einfach einstellen.

Kontrollorgane gibt es so oder so kaum noch welche. In beiden Kammern des US-Kongresses hat die Republikanische Partei aktuell die Mehrheit. Und sie wird sich Trump bei keiner seiner Entscheidungen in den Weg stellen. Auch der Oberste Gerichtshof ist fest in der Hand von teils ultrarechten Richter:innen.

Gegen Diversität und Inklusion ist Trump bereits vorgegangen. Sogar dem Schutz vor rassistischer Diskriminierung, der im Zuge der Bürgerrechtsbewegung erkämpft wurde, hat er bereits den Kampf angesagt. Nach und nach wird die Trump-Präsidentschaft die Rechte aller Gruppen bis auf die von heterosexuellen Weißen Männern einschränken, wenn es nach dem Project 2025 geht. Die gleichgeschlechtliche Ehe wird bereits attackiert. Abtreibung soll auf lange Sicht immer weiter eingeschränkt werden. Es ist ein erklärtes Ziel, dass die christliche, heterosexuelle Familie als Kern des amerikanischen Lebens “zurückkehren” soll.

Noch gibt es politischen und juristischen Widerstand gegen Trumps Pläne. Nicht alles kann und wird von einem Tag auf den anderen umgesetzt werden. Doch das Ziel ist bekannt. Und Trump setzt alles daran, mit seinen Unterstützer:innen dort anzukommen.

Warnungen wurden Realität

Die ersten Tage der Trump-Präsidentschaft haben fast auf eindrucksvolle Art und Weise gezeigt, wie schnell es gehen kann. Viele scheinen davon überrascht zu sein. Dabei war Trumps Plan schon vor seiner Wiederwahl klar: Im “Project 2025” wurde detailliert ausgeführt, was in seiner neuen Amtszeit geschehen muss, um die Fundamente für einen christlich-nationalistischen Staat zu legen. Trump hat damals abgestritten, etwas darüber zu wissen – was zu diesem Zeitpunkt bereits eine offensichtliche Lüge war. So hat er etwa geleugnet, Menschen zu kennen, die daran mitgearbeitet haben. Einige von ihnen waren jedoch bereits in seiner ersten Amtszeit in Trumps Kabinett.

Einige Medien und Politiker:innen beruhigten. So schlimm werde es schon nicht werden. Sie bezogen sich dabei auch gerne auf Trumps erste Amtszeit. Doch dieses Mal gehen er und sein Team wesentlich systematischer vor. Nicht nur was die Themen, sondern auch was das Personal betrifft. Das Project 2025 und die Heritage Foundation waren dafür wesentliche Bausteine. Einige der Personen hinter dem Plan waren bereits in Trumps erstem Kabinett vertreten. In seiner zweiten Amtszeit erhalten Autor:innen und Mitwirkende des Project 2025 wichtige Positionen. Darunter etwa Russell Vought, einer der “Architekten” des Plans. Bereits das zeigt, wie tief das Projekt in Trumps Kabinett verankert ist.

Jetzt zeigt sich, wie wertlos diese Beruhigungen waren. Trumps Handlungen und sein Personal spiegeln das wider, was im Project 2025 gefordert wird. Es wird Zeit, dass wir die Pläne zur Aushöhlung der Demokratie endlich ernst nehmen. Nicht nur in den USA.


Dieser Beitrag wurde am am 30.01.2025 veröffentlicht und am 20.02.2025 aktualisiert auf moment.at unter der Creative-Commons-Lizenz CC BY-SA 4.0 veröffentlicht. Diese Lizenz ermöglicht den Nutzer*innen eine freie Bearbeitung, Weiterverwendung, Vervielfältigung und Verbreitung der textlichen Inhalte unter Namensnennung der Urheberin/des Urhebers sowie unter gleichen Bedingungen.

Titelbild: Donald Trump wird wieder Präsident. Das „Project 2025“ soll ihm zu fast uneingeschränkter Macht verhelfen. Erste Pläne dazu wurden schon umgesetzt. Foto: Gage Skidmore/ CC BY-SA 2.0

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