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Österreichs Export­finanzierung verab­säumt Hebel für Klima­schutz

Die Republik Österreich verfügt über einen Haftungsrahmen von 40 Milliarden Euro für Exportförderungen. Noch immer stehen diese auch für fossile Projekte zur Verfügung. Während Österreich den fossilen Ausstieg verschleppt, sind andere Länder bereits weiter auf dem Weg zur Klimaneutralität ihrer Exportversicherungen.

Von Lukas Schlögl, David Pfaffenbichler, Werner Raza (A&W-Blog)

Öffentliche Versicherung für fossile Projekte?

Und wieder wird es das heißeste Jahr der Messgeschichte gewesen sein: Alles deutet darauf hin, dass Österreich auch 2024 Hitzerekorde gebrochen hat. Die verheerenden Hochwasser im September sprechen eine deutliche Sprache: Die Zeit für business as usual ist vorüber.

Doch eine neue Studie zeigt: Diese Botschaft ist in der öffentlichen Exportförderung bislang nur teilweise angekommen. Wie können Exportprojekte zur Bewältigung der Klimakrise beitragen, anstatt diese zu befeuern? Wie gelingt ein ambitionierter Umbau zur klimaneutralen Weltwirtschaft? Diese Fragen müssen sich die mit öffentlichen Geldern gestützten Exportförderungen dringend stellen.

Im Rahmen der Exportförderung unterstützen Staaten heimische Unternehmen dabei, ihre Produkte und Dienstleistungen im Ausland zu verkaufen, indem sie ihnen finanzielle Risiken abnehmen. Gefördert und versichert werden unter anderem Großprojekte wie Industrieanlagen, Kraftwerke oder Transportinfrastruktur. Das birgt Potenziale, aber auch Risiken für den Klimaschutz, denn Windparks werden ebenso finanziert wie Gasfelder.

Seit einigen Jahren gibt es deshalb eine Debatte darüber, wie die Exportförderung nachhaltiger werden kann. Grundlegende Sorgfaltspflichten und internationale Normen existieren seit Langem. 2022 einigten sich die EU-Mitglieder darauf, den Ausstieg bei öffentlichen Haftungen für fossile Exportprojekte einzuleiten. 2023 unterzog die OECD ihr einflussreiches Abkommen über Exportkredite einer sanften Ökologisierung. Darüber hinaus gibt es verschiedene internationale Vorstöße und Bemühungen.

Exportförderung geht auch klimaneutral

Auch Österreich betreibt seit Ende des Zweiten Weltkriegs öffentliche Exportförderung. Das Finanzministerium verfügt derzeit über einen gesetzlich vereinbarten Haftungsrahmen für die Versicherung von Exportgeschäften von 40 Milliarden Euro. Abgewickelt werden die Geschäfte über die Österreichische Kontrollbank (OeKB).

Wie alle Mitglieder des OECD-Abkommens deckt die Republik seit 2021 keine Neuprojekte im Bereich der Verstromung von Kohle mehr. Ferner schuf die OeKB Instrumente mit attraktiveren Konditionen für erneuerbare Energie und ähnliche grüne Exportprojekte. Zur Einhaltung multilateral vereinbarter Sorgfaltspflichten und Standards bekennt man sich. Doch während andere europäische Länder wie Schweden und Deutschland ambitionierte Strategien und Methoden verfolgen, um ihre Exportfinanzierung umfassend klimafit zu machen, hinkt Österreich hinterher.

Ende 2023 verabschiedete das Finanzministerium eine Nachhaltigkeitsstrategie für die Ausfuhrförderung. Wie wir in unserer neuen Studie zeigen, setzt diese auf einen der langsamsten Ausstiegspfade beim Fossilausstieg unter vergleichbaren Ländern und erlaubt potenziell weitreichende Ausnahmen. Besonders problematisch: Die Unterstützung für neue (!) Exportprojekte im Bereich Erdgas soll erst 2030 enden – angesichts der langen Laufzeit entsprechender Anlagen ein fatales Signal.

Liest man zwischen den Zeilen der Nachhaltigkeitsstrategie, wird schnell klar: In dieser heiklen Materie hat Österreich noch keinen klaren Kurs gefunden. Fossile „Brückentechnologien“ sollen tragfähig bleiben, eine „Interessenabwägung“ zwischen Nachhaltigkeit und Wettbewerb vorgenommen werden. Auf der internationalen Bühne verhält sich die Republik auffällig unauffällig: Das Glasgow Statement zum Ausstieg aus der öffentlichen Finanzierung fossiler Energien? – Wurde nicht unterzeichnet. Mitgliedschaft bei der Nachhaltigkeits-Initiative Export Finance for Future? – Leider Fehlanzeige.

Auch ein Blick ins Portfolio der öffentlichen Haftungen hinterlässt einen fossilen Nachgeschmack. Ja, es werden erneuerbare Projekte gedeckt und das teils schmutzige Russland-Geschäft gehört derzeit der Vergangenheit an. Aber zwischen 2019 und 2023 wurden immer noch Haftungen über 325 Millionen Euro für Projekte im fossilen Bereich eingegangen, wie parlamentarische Anfragen ergaben (siehe hier und hier). Noch problematischer ist aber: Österreich legt keinerlei Rechenschaft über die durch öffentliche Haftungen verursachten Treibhausgasemissionen ab. Gegenüber dem 1,5-Grad-Ziel des Pariser Klimaabkommens befinden wir uns damit im Blindflug.

Lernen von schwedischen und deutschen Vorreitern

Wie der Ausstieg aus öffentlich finanzierten Treibhausgas-Emissionen bei der Ausfuhrförderung gelingen könnte, zeigt ein Blick auf die internationale Best Practice. Die Industrienation Schweden setzt mit ihrer Initiative „Fossil Free Sweden“ auf klare Prioritäten: keine fossilen Projekte, stattdessen Förderung nachhaltiger Technologien. Der Exportweltmeister Deutschland bilanziert Exportgarantien nach ihrem Klimaeinfluss und verankert Klimaschutzmaßnahmen direkt in der Exportpolitik. Beide Länder verfolgen einen „Netto-Null-Ansatz“, bei dem Emissionen gemessen und schrittweise reduziert werden. Und beide zeigen: Es geht schneller und ambitionierter – wenn der politische Wille da ist.

Österreichs Exportförderung hat das Potenzial, nicht nur die Wirtschaft zu stärken, sondern auch international Klimaschutzstandards zu setzen. Dazu braucht es zwei Säulen: (i) den sofortigen und lückenlosen Stopp öffentlicher Haftungen für Fossilprojekte auf der einen Seite und (ii) einen raschen und vollständigen Reduktionspfad für finanzierte Treibhausgas-Emissionen auf der anderen Seite. Das Finanzministerium sollte dafür einen wissenschaftlichen Klimarat einsetzen und zeitnah einen Fahrplan zur Klimaneutralität bis 2040 vorlegen. Bei der Projektprüfung bräuchte es neben der Emissionsbilanzierung auch standardisierte Prüfverfahren, um fossile Abhängigkeiten zu vermeiden (wie sogenannte „Carbon lock-in-Tests“). Und schließlich wäre der Beitritt zu Initiativen wie „Export Finance for Future“ (E3F) überfällig.

Österreich hat großes Potenzial beim Export grüner Technologien – und kann damit gute Arbeitsplätze schaffen. Aber die Exportfinanzierung bleibt ein nicht ausreichend genutzter Hebel beim Klimaschutz. Mit einer mutigen, ambitionierten Neuausrichtung könnte Österreich einen Beitrag zur Erreichung der Klimaziele leisten und zugleich ein Vorbild für andere werden. Dringlich wäre es, zu Vorreitern in der EU aufzuschließen.

Die gesamte Studie „Net Zero Export Finance: Lessons for Austria from International Best Practice“ ist hier abrufbar.


Dieser Beitrag wurde am 06.12.2024 auf dem Blog Arbeit & Wirtschaft unter der Creative-Commons-Lizenz CC BY-SA 4.0 veröffentlicht. Diese Lizenz ermöglicht den NutzerInnen eine freie Bearbeitung, Weiterverwendung, Vervielfältigung und Verbreitung der textlichen Inhalte unter Namensnennung der Urheberin/des Urhebers sowie unter gleichen Bedingungen.

Titelbild: JoBischPeuchet / Pixabay

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