Schweiz: Wenn Medien mutieren und eine Regierungspartei gegen Pressevielfalt ist
Georg Häsler schrieb als Sicherheits- und Militärexperte für die „Neue Zürcher Zeitung“ (NZZ). Nun wurde er überraschend für die FDP in das Stadtparlament von Bern gewählt. Das Magazin „Klein-Report“ fragt sich, ob sein Bekanntheitsgrad den Ausschlag für die Wahl gab.
Ein Gastbeitrag von Urs Heinz Aerni
Im Interview sagt Häsler: „Ich glaube, dass innerhalb der liberalen Kreise in der Stadt Bern mehr meine pointierten Meinungsartikel und Analysen zur Sicherheitspolitik in der NZZ den Ausschlag gegeben haben als…“
Mit anderen Worten: Mit dem Ausbau von Meinungsartikeln auf Kosten von Reportagen und Kultur erreichte die NZZ ihr Ziel, mehr Einfluss auf das politische Leben zu bekommen.
Sie tat dies schleichend und mutierend, mit neuem Personal und inhaltlichem Umbau. Die „Weltwoche“ und der „Nebelspalter“ wurden durch Kräfte der SVP aufgekauft und dienen heute als erweiterte Parteiblätter im Magazinformat. Die Wochenzeitung “WOZ” und die zürcherische „P.S. Zeitung“ wurden gegründet, um ihre politische Perspektive kundzutun.
Dass Medien Lebensanschauungen vertreten und verbreiten ist legitim und üblich. Eine Herausforderung für die Leser*innenschaft wird bleiben, zu merken, wenn bestehende Titel den Besitzer wechseln oder sich inhaltlich wandeln. Damit die Über- und Durchsicht nicht verloren geht, hilft Medienkompetenz. Das heißt, zu wissen, wer als Quelle hinter einem Text oder eines Mediums steht.
Deshalb ist es keine gute Entscheidung des Berner Parlaments, das Gratis-Zeitungsabo für 18-Jährige zu streichen. Das wäre ein Mittel, um die Medienkompetenz und die Leseförderung bei jungen Menschen zu unterstützen.
Ein gutes Signal kommt aus Bundesbern. Der Ständerat hat der Erhöhung der Post-Rabatte für die Regionalpresse zugestimmt. Und die Förderung der Stiftungs- und Mitgliedschaftspresse soll ebenfalls bleiben. Dagegen stimmte die Partei SVP und ihr Bundesrat (zuständiger Minister der Schweizer Regierung), Albert Rösti.
Es muss die Frage gestellt werden, warum eine Regierungspartei nicht will, dass alle Menschen zu moderaten Konditionen eine Medienvielfalt nutzen können und somit Zugang zu Bildung, Kultur und allen Sichtweisen unserer pluralistischen Gesellschaft gelangen. Jede Partei, die das nicht will, macht sich verdächtig.
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