Am 1. November ist Equal Pay Day
45 Jahre Gleichbehandlungsgesetz und immer noch kein Licht am Ende des Tunnels
Ein Gastbeitrag von Josef Stingl
Seit 1979 gibt es in Österreich ein Gleichbehandlungsgesetz. Es besagt: „Am Arbeitsplatz müssen alle Menschen gleich behandelt werden. Egal, welches Geschlecht sie haben oder wie alt sie sind.” Fast ein halbes Jahrhundert später spukt nach wie vor der „Geist der Ungleichbehandlung” herum – dieses Jahr ironischerweise gleich nach der Halloween-Geister-Nacht. Der Equal Pay Day fällt heuer auf den 1. November. Ab diesem Zeitpunkt müssen sich Frauen für ihre Lohnarbeit gegenüber Männern mit einem Null-Euro-Entgelt begnügen.
Die Fakten: Frauen werden in Österreich um 9.820 Euro (16,6 %) weniger entlohnt als Männer. Während das durchschnittliche Bruttoeinkommen von Männern bei Vollzeitbeschäftigung 59.258 Euro beträgt, sind es bei Frauen im Schnitt nur 49.438 Euro. Frauen verlieren so in ihrem Arbeitsleben rund eine halbe Million Euro.
Teilzeitbeschäftigungen sind dabei nicht einmal eingerechnet. Die Teilzeitquote der Frauen lag im Jahr 2023 bei 50,6 %, jene der Männer lag mit 13,4 % deutlich darunter. Die Gründe dafür sind vielfältig: beispielsweise fehlende Kinderbetreuungseinrichtungen und eine ungerechte Verteilung der Care-Arbeit, aber auch das mangelnde Angebot an Vollzeit-Arbeitsplätzen und die Gesundheit belastenden Arbeitsbedingungen in sogenannten „Frauenbranchen“, wie Handel oder Pflege.
Bei Berücksichtigung der Teilzeitarbeit läge der Einkommensunterschied zwischen den Geschlechtern nicht bei 16,6 Prozent, sondern gar bei 28,6 Prozent. Eine Beseitigung dieser Missstände liegt im besten Fall fern der Zukunft. Denn während die Handels- und Gesundheits- und Pflegeangestellten in der Pandemie „systemrelevant“ beklatscht wurden, hat sich seitdem ihre karge Einkommenssituation wenig verändert.
Ihre KV-Mindestgehälter hinken monatlich um ein Viertel jener ihrer großteils männlichen Metaller-Kolleg:innen nach. Die Gehaltsverhandlungen der heurigen KV-Lohnrunde mit einem Plus von 6,1 Prozent bei der Sozialwirtschaft (SWÖ) und gar nur 4,8 Prozent für die Handelsangestellten werden zu keinem Aufholen führen.
Was tun: Niederösterreichische Gewerkschafter:innen fordern, notwendige Rahmenbedingungen zu schaffen, um diesen Einkommensunterschieden entgegenzusteuern und Beruf und Betreuungspflichten besser vereinbar zu machen. „Die Ursachen für die Einkommensunterschiede sind vielschichtig, daher ist ein umfassendes Maßnahmenpaket zur nachhaltigen Schließung der Lohnlücke erforderlich“, so die steirische ÖGB-Frauenvorsitzende Helga Ahrer.
Offen bleibt das WIE. “Eine rasche Aufwertung der Berufe in frauen*dominierten Branchen, das Schließen der Lohnlücke durch die Pflicht, die Entgelt-Praxis regelmäßig zu überprüfen und einem Prüfrecht der Arbeiterkammer sowie ein Gleichstellung-Check für alle politischen Vorhaben, damit sie den unterschiedlichen Lebenswirklichkeiten von Frauen* und Männern gerecht werden“ könnte der Ansatz sein. Es darf einfach kein weiteres halbes Jahrhundert vergehen, in dem sich das Gleichbehandlungsgesetz bei den Fraueneinkommen als zahnlos erweist.
Titelbild: Gerd Altmann / Pixabay
DANKE, DASS DU DIESEN BEITRAG BIS ZUM ENDE GELESEN HAST!
Unsere Zeitung ist ein demokratisches Projekt, unabhängig von Parteien, Konzernen oder Milliardären. Bisher machen wir unsere Arbeit zum größten Teil ehrenamtlich. Wir würden gerne allen unseren Redakteur*innen ein Honorar zahlen, sind dazu aber leider finanziell noch nicht in der Lage. Wenn du möchtest, dass sich das ändert und dir auch sonst gefällt, was wir machen, kannst du uns auf der Plattform Steady mit 3, 6 oder 9 Euro im Monat unterstützen. Jeder kleine Betrag kann Großes bewirken! Alle Infos dazu findest du, wenn du unten auf den Button klickst.