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Ein letztes Adieu

Liebe Leser:innen,

der aktuelle Zustand einer zerrissenen Welt, in der der gesellschaftliche Zeit-(Un)geist, einer ständigen Druckerhöhung und ausgeprägter medialen Negativität, dazu ausgelegt erscheint, Empathie von Angst überwältigen zu lassen, war mein Ausgangspunkt für die unten folgenden Worte.

Obgleich es dadurch womöglich eine düstere Grundierung bekommen hat, möchte ich gerade auch die kleinen wundervollen Sprengel der Empfindsamkeit feiern. So ist ein politisches Gedicht, voller Melancholie, wie auch Romantik und vom Suchen und Finden der Zuneigung entstanden, das schlussendlich eine Verbeugung vor der Magie der Hoffnung sein möchte.

Wenn Sie mir noch den kleinen Anflug von Pathos erlauben, ist es ein Gedicht über das Leben und den Glauben, dass auch ein Richtiges im Falschen entstehen kann.

Mit diesen Worten möchte ich Ihnen abschließend ein hoffentlich anregendes Lesevergnügen wünschen.

Benjamin Lapp


Ein letztes Adieu

Lass uns noch ein letztes Adieu in die flirrende Luft voll Zärtlichkeit flüstern, bevor die vergängliche Nacht, die uns so schön gebettet, dem schnöden Morgen weichen muss, der im trügerisch schimmernden Dämmerlicht erste Hiobsbotschaften des unheilvollen Alltags, an der Außenseite unseres Fensters niederschreibt.

Schenken wir uns noch einmal mit aller Hingabe Zärtlichkeit vor dem letzten Adieu.

Entsinnen wir uns, wie wir zwei Seelen, Gestrandete von den Höhen der Erschöpfung zum melodischen Klang einer besseren Welt den Boden in unseren Gemächern zum Tanzen brachten, auf dass die blauen Bände in den Regalen vor Freude zu hüpfen begannen, und wie wir schließlich Zuflucht fanden unter den wärmenden weißen Laken, die dem Stakkato aus kalter Angst von draußen wundervoll trotzen.

Schenken wir uns noch einmal Zärtlichkeit vor dem letzten Adieu.

Dies möge der Ort auf ewig sein, an dem wir uns wieder aufs neue hinein lebten und liebten in das richtige, in das gute Leben, und nicht länger unbeachtetes Treibgut blieben im falschen, feindlichen Leben einer unsozialen Hetze, sondern vielmehr von eigener Hand gekrönte Diener einer neu erblühenden Empfindsamkeit.

Zärtlichkeit vor dem letzten Adieu.

Ein achtsamer Blick allein reicht schon aus, auf dass die entblößte Zerbrechlichkeit unserer Geständnisse, wer wir wirklich sind, auf wunderbarste Weise vom Atem raffinierter Leichtigkeit geküsst werde, die als strahlend Dreingabe das zu erlöschen drohende Licht unseres Wesens neu entzündet.

Ein letztes Adieu.

Wir wissen um die seelenfressende Gefahr, die durch ein Gesellschaftsbild droht, in der das Verständnis füreinander verbrämt werden soll. So begehre ich im Widerschein der Dämmerung ein letztes Adieu von deinen Lippen trinken zu dürfen, um mit dieser Woge der Sinnlichkeit auf meinen Lippen in den feindlichen Tag hinauszugehen, um dort eine Botschaft von magischem Aufbruch zu verkünden, mit Worten, noch salbungsvoll benetzt von deiner sanften Stärke.

Adieu.


Titelbild: Goran Horvat / Pixabay

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