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Südkoreas Einfluss in Afrika

Bislang ist in erster Linie von China die Rede, wenn es um wirtschaftliche Aktivitäten und Investments auf dem afrikanischen Kontinent geht. China ist unangefochten der Hauptakteur Asiens in Afrika. So baut es entweder selbst oder finanziert im großen Stil über Kredite wichtige Infrastrukturprojekte wie Eisenbahnen, Flughäfen und Straßen oder auch Spitäler. Doch es gibt auch weitere asiatische Länder, die Afrika auf der wirtschaftlich-politischen Agenda stehen haben – wie etwa Südkorea.

Von David Bieber

Kürzlich hat die südkoreanische Regierung in der Hauptstadt Seoul zum ersten Korea-Afrika-Gipfel geladen. Unter dem Motto „The Future We Make Together: Shared Growth, Sustainability and Solidarity“ nahmen neben dem südkoreanischen Präsidenten Yoon Suk Yeol Delegationen aus 48 afrikanischen Staaten, darunter auch 25 Staats- und Regierungschefs sowie Vertreterinnen und Vertreter internationaler Organisationen teil.

Der innenpolitisch angeschlagene Yoon Suk Yeol kündigte an, Südkoreas Entwicklungsgelder für afrikanische Staaten bis 2030 auf mindestens zehn Milliarden US-Dollar verdoppeln zu wollen. Des Weiteren sagte die Regierung südkoreanischen Unternehmen, die in den afrikanischen Markt eintreten wollen, 14 Milliarden US-Dollar an Exportfinanzierung zu. 47 Abkommen, unter anderem in den Bereichen Bergbau, Energie und Industrie, wurden auf dem Gipfel geschlossen.

Rohstoffarmes Südkorea

Für Südkoreas Wirtschaft spielt der afrikanische Kontinent eine immer wichtigere Rolle. Die für Südkoreas Wirtschaft so zentrale Halbleiterindustrie und andere Bereiche der Technologieindustrie hängen bekanntlich stark von Mineralien ab. Sie gibt es überwiegend in afrikanischen Staaten. Genauso wie fossile Brennstoffe. Denn 98 Prozent der fossilen Energieträger muss das rohstoffarme Südkorea importieren. Nordkorea – das für Devisenzahlungen bereits Bauarbeiter in den Senegal entsandt hat, um in Dakar das riesige „Monument der afrikanischen Wiedergeburt“ zu erbauen – ist in Sachen natürliche Rohstoffvorkommen deutlich besser aufgestellt.

Südkoreas vornehmliche Strategie ist es, Rohstoffe aus afrikanischen Ländern zu importieren und fertig verarbeitete Produkte nach Afrika zu exportieren. Südkorea ist seit vielen Jahren in Afrika aktiv. Dabei reichen Verbindungen bis in den blutigen Koreakrieg von 1950 bis 1953 zurück, bei dem Legionäre aus Äthiopien und Südafrika unter UN- bzw. US-Kommando gegen den Norden und die UdSSR kämpften. In den 1960er-Jahren war es das Ziel Südkoreas, den Einfluss Nordkoreas in Afrika zurückzudrängen. Seoul warb zugleich auch um afrikanische Unterstützung für eine UN-Mitgliedschaft, die erst 1991 erfolgte. Diplomatische Beziehungen werden seither zu vielen Staaten unterhalten. 2006 rief Südkorea das afrikanische Freundschaftsjahr aus.

Trotz aller Bemühungen und der zunehmenden Relevanz Afrikas für Seoul fällt Südkoreas Handelsvolumen mit Afrika im Vergleich zu China oder Japan natürlich deutlich geringer aus. Gerade einmal 2,2 Prozent oder knapp 20,45 Milliarden US-Dollar macht der Handel mit Afrika gemessen an der südkoreanischen Gesamtaußenhandelsbilanz aus. Davon gehen immer noch rund 20 Prozent der koreanischen Exporte ins Erdölland Nigeria. Chinas bilateraler Handel mit Afrika hingegen erreichte im ersten Quartal 2022 etwa ein Volumen von 64,8 Milliarden US-Dollar, was einem Anstieg von 23 Prozent im Vergleich zum selben Zeitraum 2021 entspricht. China importiert vor allem Rohstoffe aus Afrika, während die Exporte aus China auf den afrikanischen Kontinent auf 35,16 Milliarden US-Dollar stiegen. Rund ein Fünftel aller Exporte Afrikas kommt aus dem Reich der Mitte.

Entwicklungshilfe nicht ohne Bedingungen

Japan war lange Zeit Hauptgeldgeber in der Entwicklungshilfe, seit 30 Jahren aber liegt auch hier der Fokus auf Handel. China hat Japan längst überholt und ist der dominante Player in Afrika. Aber vor allem Chinas Engagement löst immer wieder Kritik aus. Der Vorwurf: Es trete wie eine neue Kolonialmacht auf und treibe viele Länder Afrikas in den finanziellen Ruin durch die Vergabe von Krediten mit hohen Zinsen. Konkret wurde es auch auf dem zweitägigen Gipfeltreffen in Seoul. Es wurde ein Abkommen mit dem ostafrikanischen Tansania über ein konzessionäres Darlehen in Höhe von 2,5 Milliarden US-Dollar, das vor allem in den Ausbau der Gesundheitsinfrastruktur auf Sansibar fließen soll, geschlossen. Dieses Darlehen ist an Bedingungen geknüpft. Die Südkoreaner wollen im Gegenzug, dass Tansania südkoreanischen Firmen Zugang zu den Mineralien im Land gewährt. Künftige Partnerschaften mit Firmen aus Südkorea, etwa bei der Erforschung, dem Abbau und der Verwertung wichtiger Mineralien, sollen folgen, heißt es von höchster tansanischer Stelle.

Mehreren anderen, vor allem ost- und südafrikanischen Staaten wurden ebenso Förderzusagen erteilt. Ein prominentes Land ist Äthiopien, das wie andere Länder am Horn von Afrika unter Dürre, Hungersnot und Krankheiten leidet. Äthiopien wurde aus Seoul eine Milliarde US-Dollar zum Ausbau der Infrastruktur, des Wissenschafts-, Technologie- und Gesundheitssektors sowie zur Stadtentwicklung zugesagt.

Südkorea leistet auch in Westafrika Entwicklungshilfe, genauso wie Japan und China. Etwa im – verglichen mit anderen Staaten – immer noch relativ stabilen Senegal. Dort ist mitunter die südkoreanische Hilfsorganisation Koica präsent und hilft Menschen und Organisationen vor Ort, aber auch Unternehmen, die es auf die ergiebigen Fischbestände vor den Küsten des Senegals abgesehen haben. Vor einigen Jahren wurde bekannt, dass von 2013 bis 2015 in den Gewässern des Senegals südkoreanische Fischereifirmen illegal gefischt haben. Mit der Konsequenz, dass dies die ohnehin prekäre Lage der senegalesischen Fischer weiter verschärfte. Viele einheimische Fischer fangen nicht mehr genug Fisch, um davon wirtschaften und leben zu können. Eine Erholung der Fischbestände und der misslichen Situation der Fischer ist indes nicht in Sicht. Noch heute sind illegal große Schiffe unter chinesischer oder europäischer, vor allem französischer Flagge unterwegs in den hoheitlichen Gewässern des Senegals. Der kürzlich neu gewählte senegalesische Präsident Bassirou Diomaye Faye will, so sein Versprechen im Wahlkampf, die für den Senegal wenig profitablen Fischereiabkommen neu verhandeln. Ein schwieriges Unterfangen, angesichts des Gewichts der Verhandlungsgegner und den damit verbundenen Abhängigkeiten. Übrigens gibt es freilich auch seriöse und offizielle Fischereifirmen aus Südkorea, die verlässlicher Arbeitgeber für Senegalesen sind und diese ausbilden. Neben Samsung produziert auch der nächste Global Player Südkoreas, LG, Smartphones und Flachbildschirme in Afrika, unter anderem in Senegal.

Um klassische Hunger- und Entwicklungshilfe ging es auch auf dem Korea-Afrika-Gipfel. Mit Angola, Madagaskar, Malawi und Simbabwe sind vier weitere afrikanische Staaten dem sogenannten Korean Rice-Belt, auch kurz „K-Belt“ genannt, beigetreten. Diese Entwicklungsinitiative soll zur Verbesserung der Ernährungssicherheit in Afrika beitragen. Widerstandsfähige und hochwertige südkoreanische Reissorten werden dafür eigens in afrikanischen Staaten, die öffentliches Land zur Verfügung stellen, angebaut. Dortige Landwirte werden zudem für den speziellen Reisanbau ausgebildet.

Wie bei solchen Gipfeln üblich, wurden auch zwischen südkoreanischen Konzernen und einzelnen afrikanischen Staaten Kooperationen vereinbart. So unterzeichnete das südkoreanische Konglomerat „Hyosung Corp“ (etwa IT, Chemie und Industrie) unter anderem einen Vertrag über die Lieferung von elektrischen Transformatoren nach Mosambik im Wert von 30 Millionen US-Dollar.

Neben allen wirtschaftlichen Bestrebungen suchte Seoul mit Blick auf das benachbarte Nordkorea weitere Partnerschaften mit afrikanischen Staaten, um Nordkoreas Einfluss, auch über China, in Afrika gegenzusteuern und sich stärker auf der internationalen Bühne zu positionieren. Aktuell stehen Afrika drei nichtständige Sitze im UN-Sicherheitsrat zu.

Um die in Corona-Zeiten stagnierten bilateralen Beziehungen wieder aufleben zu lassen, ist im vergangenen September die siebte Ministerkonferenz über die wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen Südkorea und Afrika veranstaltet worden. Dabei hat sich Südkorea verpflichtete, Afrika über einen Zeitraum von zwei Jahren Finanzmittel in Höhe von sechs Milliarden US-Dollar zur Verfügung zu stellen.


Titelbild: jorono / Pixabay

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