Senegals Wahlausschuss schließt zwei wichtige Oppositionspolitiker von Wahl aus
Macky Sall (Foto), Senegals scheidender Staatspräsident, hat es geschafft, seinen Hauptkonkurrenten von der richtungsweisenden Präsidentschaftswahl am 25. Februar auszuschließen.
Von David Bieber
„Ousmane Sonko wird nicht auf den Wahllisten stehen. Das steht fest“, sagt der senegalesische Jurist Abdou Mbaye, ein Beobachter der senegalesischen Politik, im Gespräch mit der Redaktion. Der charismatische Sonko ist in Westafrika mittlerweile fast jedem Jugendlichen ein Begriff. Der 49-Jährige will nicht nur der in weiten Teilen perspektivlosen senegalesischen Jugend – fast die Hälfte des Landes ist jünger als 25 Jahren –, sondern der westafrikanischen Jugend generell eine Stimme gegen das in seinen Augen korrupte Establishment geben. Dafür wird er von etablierten Kräften wie eben den für die Wahl nicht mehr kandidierenden Sall und anderen zur Macht gehörenden Eliten in Senegal seit Jahren bekämpft. Anzeigen, Verurteilungen, brutale Attacken, Anfeindungen und Verleumdungen sowie Hausarreste und Gefängnisstrafen sollten Sonko und seine Partei in die Knie zwingen. Sonko und seine Partei gaben nicht auf. Zuletzt kam dann sogar die Bestätigung des Ausschlusses Sonkos von der Wahl Ende Februar durch den obersten Gerichtshof. Bereits zuvor wurde Pastef verboten. Sall hatte sein Ziel zum Ende seiner Amtszeit also erreicht. Er fürchtet, wenn Sonko zur Wahl antreten könnte, dass er gewinnt und Sonko ihn juristisch verfolgt. Genauso wie es Sall mit dem Sohn von Ex-Präsident Abdoulaye Wade machte. 2013 – ein Jahr nach der Wahlniederlage seines Vaters – wurde er wegen Korruptionsverdachts verhaftet und schließlich zu sechs Jahren Haft verurteilt. Nach seiner Begnadigung lebte er für einige Zeit im Exil. Auch Karim Wade ist nun zu der anstehenden Wahl ausgeschlossen worden. Er kämpft juristisch dagegen nun an.
Ousmane Sonko, der wochenlang in einen Hungerstreik während seiner Gefängnisstrafe getreten war, macht indes weiter. Will nicht aufgeben für seine Idee, den Senegal zu einem gerechteren Staat in einem panafrikanischen Staatenverbund zu machen. Der frühere Spitzenkandidat von der als linkspopulistisch bezeichneten Pastef-Partei versucht nun, dass seine Leute trotz des Verbots zur Wahl antreten können. „Viele Sonko-nahe Personen bandeln bei Koalitionen und Parteien an, versuchten dort, sich als Kandidat für die Präsidentschaftswahl aufstellen zu lassen“, erklärt Mbaye. In ihren Köpfen versuchen sie natürlich, die Inhalte von Pastef dort unterzubekommen und voranzubringen. Gute Chancen haben dürften diese wenigstens bei der urbanen Jugend in Dakar und Ziguinchor. Sonko und Pastef gelten als die Stimme der Jugend. Mit Versprechen wie mehr Arbeit, bessere Infrastruktur und gerechtere Verteilung des Reichtums könnten sie punkten. Was auch verfängt: Nicht selten wird sich gerne einmal antiwestlicher Rhetorik bedient.
Die politischen Spannungen der vergangenen Jahre aufgrund der Coronavirus-Maßnahmen, die viele arme Menschen besonders hart trafen, sowie die Preissteigerungen in Folge des Ukrainekriegs sowie eine generelle Unzufriedenheit mit Salls Politik und der damit verbundenen Diskreditierung Sonkos sorgten für landesweite Proteste mit vielem Toten. Im Sommer 2022 bekam Salls Regierungskoalition Benno Bokk Yaakaar einen deftigen Denkzettel bei den Parlamentswahlen. Erstmal in Senegals Parlamentsgeschichte verlor die Regierung die absolute Mehrheit und hatte sogar nur noch knapp eine Mehrheit in der Nationalversammlung in Dakar, Senegals Hauptstadt.
Amadou Ba, amtierender Premierminister und Salls Nachfolgekandidat für den „Chefsessel“, hat die besten Chancen auf den Präsidentenposten, jetzt nachdem seine beiden Hauptkonkurrenten ausgeschlossen worden sind. Bei der Wahl sind insgesamt 20 Bewerber zugelassen worden, darunter nur zwei Frauen.
In Europa wird Senegal generell als zuverlässiger und politisch stabiler Partner in der Region gesehen. Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch kritisierte zuletzt jedoch die zunehmende Härte im Umgang mit Zivilgesellschaft, Medienvertretern und Oppositionellen. Seit März 2021 wurden rund 1.000 Aktivist:innen und Oppositionsanhänger:innen verhaftet. Die Nichtregierungsorganisation Freedom House mit Sitz in Washington bezeichnet das Land in Bezug auf politische Rechte nur noch als „teilweise frei“.
Titelbild: Der amtierende Präsident Macky Sall 2012. Foto: MONUSCO Photos auf Flickr / CC BY-SA 2.0 DEED
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