Gazakrieg: Was ist los mit Österreich?
Politik und Medien scheint Empathie für das Leid der Palästinenser weitgehend zu fehlen und Österreichs Außenpolitik hat sich vom Geist der Neutralität einmal mehr distanziert. Vor diesem Hintergrund sind mutige Worte des ORF-Korrespondenten Karim el Gawhari besonders positiv aufgefallen.
Ein Kommentar von Udo Bachmair, Präsident der Vereinigung für Medienkultur
Es war in der reichweitesten Informationssendung des ORF, der ZiB1 (7.1.), als der Korrespondent für den arabischen Raum verblüffend offen und beherzt die dramatische Lage im Nahen Osten schilderte. Karim El Gawhari fand selten mutige Worte über das nach dem abscheulichen Massaker der Hamas besonders brutale Vorgehen Israels gegen die Bevölkerung im Gazastreifen. Eine solche Offenheit, ein solcher Mut fällt besonders in den Medien Deutschlands und Österreichs auf, zwei Länder, die sich im Gazakrieg voll auf die Seite Israels gestellt haben und die damit auch die weltweit bereits höchst umstrittene aggressive Politik der rechtsradikalen israelischen Regierung unterstützen. Nicht nur humanitäre Grundsätze, sondern auch Österreichs Neutralität werden damit unterminiert.
Karim El-Gawhari bringt die dramatische Lage eindrucksvoll auf den Punkt:
„Die letzten 3 Monate des Krieges waren für die Zivilbevölkerung im Gazastreifen ein absoluter Alptraum. 1,9 Millionen von 2,3 Millionen mussten nach UN-Angaben ihr Zuhause verlassen, nach Angaben des Gesundheitsministeriums in Gaza sind mehr als 22.000 Menschen getötet worden, unter ihnen zahlreiche Frauen und Kinder. Bei all dem scheint es, dass Israel mit dem Ziel, die Hamas zu zerstören, sehr weit entfernt ist. Der Gazastreifen wurde in Schutt und Asche gelegt, doch die Hamas agiert dort weiter.“
Der Krieg Israels gegen Gaza hat also kaum Fortschritte bezüglich einer Ausschaltung der militärischen Struktur der Hamas gebracht, stattdessen einen im Nahen Osten in so kurzer Zeit beispiellos hohen Blutzoll unter der Zivilbevölkerung. Alle bisherigen Versuche der UNO, aber auch von US-Außenminister Blinken, die israelische Regierung in ihrer Überreaktion zu stoppen und mehr auf die Zivilbevölkerung Rücksicht zu nehmen, haben bisher nichts gefruchtet.
Ganz zu schweigen von Österreich, dessen Außenpolitik sich ohne Wenn und Aber hinter Israel stellt. Besonders unverständlich, dass Österreich als einziger neutraler Staat der Welt in der UNO-Generalversammlung gegen eine humanitäre Feuerpause im Gazakrieg gestimmt hat. Eine außenpolitische und neutralitätspolitische Schande. Zudem eine Fahrlässigkeit sondergleichen, Österreich als UNO-Standort und Ort von Friedenskonferenzen enorm geschadet zu haben. Außenminister Schallenberg und die gesamte schwarz/grüne Bundesregierung werden die Konsequenzen ihrer Außenpolitik weg von Neutralität und Humanität zu verantworten haben.
Diese Haltung Österreichs, die ganz im Gegensatz zur früheren ausgleichenden Außenpolitik Österreichs steht, hat mittlerweile die guten Beziehungen unseres Landes zur arabischen Welt erkalten lassen. Auch diesbezüglich fand ORF-Korrespondent Karim El Gawhari klare Worte in der ZiB1 :
„Immer wieder fragen mich Leute, was ist denn los mit den Österreichern und auch den Deutschen, die Leute verstehen einfach nicht, warum es so wenig Empathie gibt gegenüber dem Leiden der Zivilbevölkerung im Gazastreifen. Das wird, denke ich, auch langfristige Folgen haben für die Beziehungen Österreichs, aber auch Deutschlands und der EU insgesamt zur arabischen Welt.“
Diesen klaren Worten ist in der Sache nichts hinzuzufügen, außer dass sich die Bundesregierung endlich darauf besinnen möge, den Geist der Neutralität nicht zu ignorieren, sodass Österreich als Ort von Begegnungen international wieder akzeptiert wird. Doch es ist zu befürchten, dass Einseitigkeit und Einäugigkeit der gegenwärtigen österreichischen Außenpolitik dieses wichtige auch staatspolitische Anliegen weiter konterkarieren. Wider besseres Wissen, denn das wird sicher auch eines der Reizthemen im heurigen Superwahljahr sein.
Titelbild: Zerstörte Gebäude im Gaza-Streifen im Oktober 2023. Foto: Palestinian News & Information Agency (Wafa) in contract with APAimages, CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons
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ALLES GUTE
EVA
IST JA UNGLAUBLICH, WIE DIE HARVARD PRÄSIDENTin JETZT BIS ZUM RÜCKTRITT GEMOBBT WURDE. NACH DEMOCRACY NOW ZAHLT DIE ISRAEL LOBBY, DAMIT DIE KRITISCHEN STIMMEN GEKILLT WERDEN
Gratulation, dass die Ungerechtigkeit, die den Palästinensern widerfährt endlich thematisiert wird!
Es ist höchste Zeit, dass der Genozid, den Israel gerade mit aller Härte durchzieht, thematisiert und so rasch als möglich beendet wird!
Mein Großvater war bis zur Nakba so etwas wie ein Bürgermeister im Gebiet von Shaab/Umgebung … mein Vater und 8 seiner Geschwister sind im damaligen Palästina geboren … die bis dato andauernden schmerzvollen Dramen in ihrer ehemaligen Heimat bleibt denjenigen welche nicht mehr unter uns weilen zumindest erspart. Leider wird die Problematik des „refused Homeland Palestine“ in der internationalen Politik seit jahrzehnten nicht mehr ernsthaft, noch neutral, mit Fairness lösungsorientiert und Weise behandelt. Anscheinend war und ist bei den Protagonisten die Angst davor größer als das was gerade in dieser Region geschieht. Erstaunlich in unserer „modernen und fortschrittlichen Zeit“ … fehlender Mut für Frieden aber Mut für Eskalationen, Krieg und Tod, geschürt wodurch auch immer. Dem palästinensischen Volk, welches ja am ehesten betroffen ist, hat es bis heute nichts gebracht. Chapeau vor jeder Person und speziell vor jedem Land (egal welcher Religion, ppolitischer Ausrichtung, Hautfarbe, Rasse, ethnischer Zugehörigkeit, etc.) welches den Mut hat hier mit der historischen Wahrheit in der Gegenwart fair und neutral umzugehen und jede humanitäre Schande unverblümt in welcher friedlichen Form auch immer aufzuzeigen und sich davon nie abhalten lässt. Einer von vielen möglichen Gründen warum internationale Lösungsversuche bis dato gescheitert sind ist sicher eine nicht vorhandene Lobby für das auch international wirtschaftlich nicht interessante palästinensische Volk. Ein notwendiges wirtschaftliches Interesse aufzubauen ist ja seit 1948 diesem Volk nicht ermöglicht worden. Die Existenzberechtigung für dieses ist wie so auch für manches Andere sehr, sehr klein und daher auf der Tagesordnung am internationalem Parkett nicht der Rede bzw. Taten wert.
Ich hoffe, dass es einmal eine Generation geben wird, welche die faire anhaltende Lösung diese Konfliktes erlebt und die Vergangenheit nur von Dokumentationen, Geschichtsbüchern und Erzählungen kennen lernt, so wie wir es von unseren Vorfahren von der „Nakba“ erfuhren.