Zollfreie Kolumne
Sollen Schweizer Konsument*innen, die im benachbarten Ausland einkaufen, mehr Zollgebühren zahlen?
Eine Kolumne von Urs Heinz Aerni
Haben Sie es mitbekommen? Zürich ist die teuerste Stadt der Welt, zusammen mit Singapur laut dem Magazin «Economist». Und Genf teilt sich den zweiten Platz mit New York. Regelmässig kritisiert der Preisüberwacher die Preispolitik der Konzerne und Konsumentenmagazine berichten über Tricks, wie Großunternehmen mit schlechterem Service noch mehr Geld verdienen.
Und haben Sie das auch gehört? Das Eidgenössische Finanzdepartement (EFD) will die Wertfreigrenze im Reiseverkehr auf 150 Franken pro Person senken. Bis jetzt sind es 300 Franken. Mutiert die Eidgenossenschaft zu einer Schweiz AG?
Konzerne beschäftigen für den Telefon-Service Menschen in Asien und Osteuropa, Banken suchen das schnelle Geld weltweit mit Risikogeschäften und die Behörden ordern Material von Globalplayern statt von Lieferanten aus der Region. Bücher werden fast nur noch im Ausland gedruckt und die Textilbranche produziert in Südostasien. Mit welchen Argumenten? Steigerung der Rendite, Optimierung des Gewinns. Kurz: Firmen agieren wirtschaftlich. Logisch.
Nur warum darf der einzelne Mensch im teuersten Land der Welt nicht auch wirtschaftlich denken und den famosen Vorteil nutzen, im benachbarten Ausland das einzukaufen, was hierzulande sauteuer ist? Und wie machen wir es mit den Billig-Ferien in Tunesien, Rimini oder im Südtirol? Müssen die nun auch eine Zollsteuer zahlen, wenn sie mit vollem Bauch samt schönen Erinnerungen aus dem Flugzeug oder Zug steigen? Statt die Preis-Spirale anzugehen, sollen Menschen bestraft werden, wenn sie in Lörrach, Bregenz, Delle oder in Tirano einkaufen. Warum soll der Kleine für das büßen, was Konzerne im großen Stil tun?
Haben Sie einen fröhlichen Jahresausklang und wenn Sie in Chiavenna mal einen guten und günstigeren Prosecco in der Bar bestellen sollten, dann stoßen Sie auf diese Kolumne an.
PS: Ein Teil dieses Textes entstand in Frankfurt, ist aber zollfrei.
Diese Kolumne erschien zuerst in der Zeitung „Bündner Woche“.
Titelbild: Yvonne Huijbens from Pixabay