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Die EU und die Ukraine

Die Regierung der Ukraine drängt gegenwärtig auf eine rasche Aufnahme von Beitrittsverhandlungen zur Europäischen Union. Selbst, wenn man den Krieg im Osten des Landes ignoriert, wäre eine Aufnahme der Ukraine in die EU wohl ein ökonomischer und finanzieller Selbstmord für die Union.

Von Andreas Pittler

I.

Die Ukraine ist ein Gebiet, das seine historischen Wurzeln recht weit in der Vergangenheit verortet. Bereits im 9. Jahrhundert begründeten die Waräger, schwedische Wikinger, ein erstes Staatswesen in der Gegend um Kiew. Die hatten ursprünglich eigentlich ganze andere Ziele als einen „ukrainischen Staat“. Der legendäre Stammesführer Rurik hatte es auf Byzanz abgesehen und errichtete, durchaus logisch für eine solche Unternehmung, einen ganzen Haufen von befestigten Lagern, die ursprünglich den Nachschub sicherstellen sollten, aber bald zu Handelsplätzen wurden. Bald schwangen sich diese Wikinger zu den unumstrittenen Herren über die slawischen Stämme der Region auf, doch beinahe ebenso schnell assimilierte sich die schmale Schicht skandinavischer Krieger in die Mehrheitsbevölkerung – wie es den Wikingern ja auch in der Normandie oder auf Sizilien ergangen war. Lassen die ersten Herrscher noch klar ihre skandinavische Herkunft erkennen – Oleg und Igor waren mutmaßlich Helge und Ivar -, so ist spätestens ab Wladimir der Integrationsprozess in das Slawentum abgeschlossen.

Oleg war es auch, der das Machtzentrum der Waräger aus strategischen Gründen von Nowgorod (eine authentische Wikingergründung, daher auch der Name „neue Stadt“) ins zentralere Kiew verlegte, das so zur ersten Metropole des neuen Staates wurde. Die „Kiewer Rus“ bedroht über hundert Jahre lang sehr effizient das Byzantinische Kaiserreich und weitet sich auch Richtung Balkan und Zentralasien aus, ehe es bis 1242 von den Mongolen vollkommen zerstört wird. Die Reste dieses ersten „ukrainischen“ Staatsgebildes formieren Kleinfürstentümer, die bald im Spannungsfeld zwischen Polen-Litauen, dem aufstrebenden Russischen Zarenreich und dem Osmanischen Reich zerrieben werden. Spätestens im 18. Jahrhundert wird die Ukraine Besitz des Russischen Imperiums und bleibt – mit kleineren Unterbrechungen während der beiden Weltkriege – bis 1991 integraler Bestandteil erst des Zarenreiches und dann der Sowjetunion.

II.

Als die neue sozialistische Staatengemeinschaft der UdSSR 1924 erstmals eine Volkszählung durchführen lässt, leben auf dem Gebiet der heutigen Ukraine 27,5 Millionen Menschen. Die Einwohnerzahl wächst bis 1940 auf 40 Millionen an (wobei hier auch die Eingliederung Westgaliziens mit Lemberg und der Karpato-Ukraine um Uzhorod zu berücksichtigen ist), ehe sie kriegsbedingt auf 36 Millionen im Jahr 1950 fällt. Als in der UdSSR 1989 letztmals ein landesweiter Zensus durchgeführt wird, hat die Ukraine 52 Millionen Einwohner, von denen 44 Millionen angeben, Ukrainer zu sein. 1989 sind also 95 Prozent aller Einwohner der Ukraine entweder Russen oder Ukrainer. Die Kopfzahl der Minderheiten ist überschaubar. Weißrussen, Moldauer, Griechen (vor allem in der Region Mariupul, wo sie sogar die Bevölkerungsmehrheit stellten) und Tataren haben nennenswerte Kontingente, der Rest stellt kaum eine Handvoll.

Als die nunmehr unabhängige Ukraine 2001 erstmals eine eigene Volkszählung vornimmt, ist die Einwohnerzahl auf 48 Millionen gesunken. Dieser Verlust geht primär zulasten der russischen Bevölkerungsgruppe, die ehedem fast ein Viertel der Einwohner zählte, 2001 jedoch nur noch 17 Prozent. Auch viele Griechen haben das Land verlassen, ebenso Weißrussen und Moldauer.

Und der Niedergang geht weiter. 2014, unmittelbar vor der Annexion der Krim durch Russland, zählt die Ukraine nur noch 45 Millionen, danach 42,9 Millionen Einwohner. Im Januar 2022, unmittelbar vor dem Überfall auf den Osten des Landes, ist die Bevölkerung auf 41,1 Millionen geschrumpft, Ende 2023 zählt das Land noch 34,7 Millionen Einwohner (alle Daten aus „State Statistic Service of Ukraine). Insgesamt hat die Ukraine also innerhalb einer Generation rund ein Drittel ihrer Bevölkerung verloren.

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Westliche Beobachter gehen von rund sechs Millionen ukrainischer Flüchtlinge seit 2022 aus, die mittlerweile in Europa oder den USA und Kanada Zuflucht gefunden haben. Allerdings zählt das Statistische Zentralamt der Russischen Föderation bereits 2014 3,5 Millionen ukrainischer Staatsbürger in Russland, sodass man davon ausgehen kann, dass in den letzten Jahren jeder fünfte Ukrainer seine Heimat verlassen hat. Und wenn man soziologische Studien zurate zieht, wonach Flüchtlinge meist jung und besser ausgebildet sind, so muss davon ausgegangen werden, dass ein nennenswerter Teil der noch in der Ukraine verbliebenen Bevölkerung nicht im erwerbsfähigen Alter ist. Laut „Statista“ sind 2023 insgesamt nur noch 64 Prozent der Ukraine im Alter von 15 bis 64 Jahren. Über 20 Prozent sind älter als 65 Jahre alt. Kriegsbedingt, so „Statista“, soll dieser Anteil in den nächsten Jahren auf über 30 Prozent anwachsen.

 III.

Schon vor dem aktuellen Krieg waren die ökonomischen Kennzahlen der Ukraine verheerend. Mit einem BNP von 13.900 US-Dollar pro Kopf lag die Ukraine europaweit ex aequo mit Moldawien auf dem vorletzten Platz (nur der Kosovo lag noch dahinter). Im Korruptions-Index von „Transparency International“ liegt die Ukraine als schlechtestes rein europäisches Land weit jenseits der TOP 100 auf Platz 121, in unmittelbarer Nachbarschaft mit Staaten wie Togo, Niger oder Papua-Neuguinea. Das Durchschnittsgehalt betrug vor dem Krieg nicht einmal 500 Euro im Monat, die Staatsverschuldung betrug bereits damals über 60 Prozent des Bruttonationaleinkommens. Zudem war 2021 jeder zehnte Ukrainer arbeitslos gemeldet.

Der Weltwährungsfonds zeichnet seitdem ein noch viel düstereres Bild der ökonomischen Entwicklung des Landes. Er prognostizierte 2023 ein Schrumpfen der ukrainischen Wirtschaft um 35 Prozent und bezifferte die Wiederaufbaukosten der Ukraine auf 500 Milliarden US-Dollar. In diesem Lichte erscheinen die 190 Milliarden Euro, welche die EU-Kommission als Beitrittskosten für die europäischen BürgerInnen im Dezember 2023 angab, als entschieden zu optimistisch geschätzt.

Interessantes Detail am Rande: zum Zeitpunkt der Unabhängigkeit hatte die Ukraine ein höheres Bruttonationalprodukt als Polen (395 zu 236 Mrd. USD), unmittelbar vor Ausbruch des Krieges in der Ostukraine kam Polen auf 1.625 Mrd. USD, die Ukraine lediglich auf 449 Mrd. USD (zitiert nach Weltbank.org). Selbst im Vergleich zu anderen Nachfolgestaaten der Sowjetunion wie Kasachstan, Belarus oder Azerbaidschan schneidet die Ukraine schon vor Kriegsbeginn katastrophal schlecht ab.

Nicht zuletzt war die Ukraine einer der Hauptleidtragenden der Finanzkrise von 2008/09, da viele jener Banken, die damals in elementare Schieflagen gerieten, gerade auch in der Ukraine Geschäfte getätigt hatten. Die Bundeszentrale für politische Bildung in Deutschland vermerkte damals: „Das Wachstum brach 2009 um 15 Prozent ein, die Exporte gingen um 40 Prozent zurück, die industrielle Produktion um ca. 22 Prozent. Die Arbeitslosigkeit stieg auf über 9 Prozent, die Reallöhne sanken um etwa 10 Prozent. Die Landeswährung Hrywnja verlor stark an Wert.“ Wenig später geriet die Ukraine in zusätzliche Turbulenzen, als sie im Gefolge von „Majdan 2“ (der Putsch gegen Präsident Janukowitsch) gleichsam über Nacht ihren wirtschaftlichen Hauptpartner Russland verlor, ohne ihn adäquat ersetzen zu können: „Im Jahr 2014 ist das Wirtschaftswachstum um 6,6 Prozent eingebrochen, im Jahr 2015 um 9,9 Prozent. Diese Entwicklungen waren auf die Auswirkungen des Ukraine-Konflikts im Osten des Landes zurückzuführen. Das BIP lag 2015 bei nur noch 90 Mrd. US-Dollar.“ Zwar erhielt die Ukraine zwischen 2014 und 2020 nennenswerte Kredite seitens des Weltwährungsfonds und der EU, doch waren diese an rigide Sparprogramme geknüpft, die den Großteil der ukrainischen Bevölkerung noch weiter ins Elend stürzte.

Gemäß der damaligen Ideologie wurde die Ukraine, wiewohl stets Kornkammer Europas, zwischen 1950 und 1990 systematisch zur Industrienation hochgerüstet. Tatsächlich war die Ukraine am Ende der UdSSR ein Land mit einer nennenswerten Stahlindustrie, wo sie noch im Jahr 2000 als der zehngrößte Produzent weltweit galt. Allerdings befinden sich zahlreiche dieser Stahlwerke im Osten des Landes (Donbass), sodass der heutige ukrainische Staat darauf gegenwärtig keinen Zugriff hat. 2009 war die Ukraine hinter den USA, Russland, Frankreich, Deutschland und Israel der sechstgrößte Waffenproduzent der Welt. 2014 wurden Kriegsgeräte im Wert von 13 Milliarden produziert, von denen allerdings Waren im Wert von 10 Milliarden exportiert wurden.

Seit Beginn der Kriegshandlungen hat sich die ökonomische Lage der Ukraine noch einmal zugespitzt. Im April 2023 berichtete die ARD in ihrer „Tagesschau“: „Die ukrainische Wirtschaft ist in Folge des von Russland gestarteten Angriffskrieges im vergangenen Jahr um fast ein Drittel eingebrochen. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) sank im vergangenen Jahr um 29,1 Prozent, wie das Statistikamt mitteilte. Die Exporte gingen wegen der russischen Blockade ukrainischer Seehäfen um mehr als 40 Prozent zurück. Den stärksten Einbruch verzeichnete die Bauwirtschaft, die um zwei Drittel schrumpfte, wie aus der Mitteilung weiter hervorging.“

Dramatisch auch die Entwicklung auf dem Energiesektor: „Die Energiewirtschaft, die besonders stark von russischen Raketen- und Drohnenangriffen betroffen war, produzierte ein Drittel weniger. Nach Schätzungen der Weltbank wurden in dem Krieg bislang mehr als 50 Prozent der Energieinfrastruktur zerstört.“

Auch das Herzstück der ukrainischen Wirtschaft blieb von diesen Entwicklungen nicht verschont. Unmittelbar vor dem Krieg war die Ukraine unter den TOP der weltgrößten Produzenten von Mais, Weizen, Hopfen, Erdäpfel, Sonnenblumen und Raps. Kriegsbedingt kann die Ukraine derzeit ihren Lieferverpflichtungen als Agrarexporteur kaum nachkommen, was das Handelsbilanzdefizit weiter vergrößert. Dazu kommt, dass der zwischen 2000 und 2014 aufblühende Tourismus praktisch zum Erliegen gekommen ist. Trugen bis dahin die Seebäder am Schwarzen Meer von Odessa bis Mariupul massgeblich zur ukrainischen Wirtschaftsleistung bei, so herrscht seit Jahren Ebbe im Sommertourismus. Ähnliches gilt für Kiew, lediglich die Region um Lemberg ist touristisch nicht völlig eingebrochen, kann aber die gesamtstaatlichen Verluste nicht wettmachen. Besuchten 2013 noch knapp 25 Millionen Touristen die Ukraine, so waren es wenig später nur noch 12 Millionen. Für die Zeit ab 2021 liegen keine Daten vor, es ist aber nicht anzunehmen, dass diese Zahlen auch nur annähernd gehalten werden konnten.

IV.

In diesem Licht erscheint es völlig unwahrscheinlich, dass die Ukraine jene Bedingungen erfüllen kann, die üblicherweise seitens der EU von einem Beitrittswerber verlangt werden. Es sind dies: „Das politische Kriterium: institutionelle Stabilität, demokratische und rechtsstaatliche Ordnung, Wahrung der Menschenrechte sowie Achtung und Schutz von Minderheiten; das wirtschaftliche Kriterium: eine funktionsfähige Marktwirtschaft und die Fähigkeit, dem Wettbewerbsdruck im EU-Binnenmarkt standzuhalten; das „Acquis-Kriterium“: die Fähigkeit, die aus einer EU-Mitgliedschaft erwachsenden Verpflichtungen und Ziele zu erfüllen.“ (Quelle: Bundeszentrale für Politische Bildung)

Der Besitzstand der EU, besser bekannt als Acquis communautaire, schließt nicht nur das Primärrecht ein, also den EU-Vertrag von Lissabon und den dazugehörigen Vertrag über die Arbeitsweise der EU. Ein Beitrittskandidat muss auch die Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs, die Entschließungen der EU-Organe sowie völkerrechtliche Verträge und Abkommen der EU mit anderen Staaten und Organisationen erfüllen können. Das kann Jahre oder gar Jahrzehnte in Anspruch nehmen, wie frühere Beitrittsverhandlungen gezeigt haben. Oder, wie es die Bundeszentrale formuliert: „Schon deshalb werden Aussagen wie die des ukrainischen Premierministers Denis Schmyhal vom Februar 2023, die Ukraine könne binnen zwei Jahren bereit für den EU-Beitritt sein, in Brüssel als illusorisch betrachtet.“

Hinter vorgehaltener Hand hält auch die Regierung Deutschlands die EU-Pläne der Ukraine für einen leeren Traum: „Zweifel existieren auch an der Fähigkeit der Ukraine, die wirtschaftlichen Voraussetzungen für einen EU-Beitritt zu erfüllen. Schon vor dem Krieg wäre die Ukraine kaum in der Lage gewesen, dem Wettbewerbsdruck im EU-Binnenmarkt standzuhalten, so wie es die Kopenhagener Kriterien erfordern. 2021 war die Pro-Kopf-Wirtschaftsleistung im wirtschaftsschwächsten EU-Mitglied Bulgarien mehr als doppelt so groß und in Deutschland mehr als zehnmal so groß wie in der Ukraine. Der Krieg hat die wirtschaftliche Lage der Ukraine noch einmal drastisch verschlechtert.“

V.

Seit dem Angriff Russlands auf die Ukraine hört man politischerseits aus der Ukraine nur noch die Stimme der Regierung. Inwieweit es eine Opposition gibt, kann derzeit nicht festgestellt werden, zumal die Parlamentssitzungen – so sie überhaupt stattfinden – aus Gründen des in der Ukraine verhängten Kriegsrechts unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden. Erschwerend kommt hinzu, dass der „Nationale Sicherheitsrat“ (und nicht etwa Gerichte) die größte Oppositionspartei unmittelbar nach Kriegsbeginn verbot, nachdem deren Parteichef schon 2021 unter Hausarrest gestellt worden war. Damals – also ein Jahr vor Kriegsbeginn mit folgender von Präsident Selenski geäußerten Begründung: „Medwedtschuk die Möglichkeit genommen, Medien und Staatseigentum dafür zu nutzen, um offen auf das Land einzuschlagen und der Sicherheit des Staates einen ruinösen Schaden zuzufügen.“ Dazu passt, dass in der Ukraine sowohl die Kommunistische als auch die Sozialistische Partei behördlich verboten sind. Als nennenswerte Kräfte jenseits von Selenskis eigener Partei blieben damit nur Timoschenkos „Vaterland“ mit 24 und Poroschenkos „Europäische Liste“ mit 23 Mandaten, wobei letzterer schon vor dem Krieg aus dem Land geflohen war. Gar nicht im Parlament vertreten ist übrigens Vitali Klitschkos Partei „Udar“ (Der Schlag), die bei den Parlamentswahlen nur etwa ein Prozent der Stimmen erhielt. Zum Vergleich: 1998 erhielt die Kommunistische Partei der Ukraine noch 26 Prozent, die Sozialisten immerhin 18 Prozent. Bei den letzten Wahlen vor dem Putsch von 2014 war Janukowitschs „Partei der Regionen“ mit 30 Prozent stimmenstärkste Gruppe geworden, gefolgt von Timoschenkos „Vaterland“ mit 25 Prozent und der KP sowie UDAR mit je rund 13 Prozent. Erst die folgenden Wahlen 2019 reduzierten die Werchowna Rada de facto auf ein Einparteienparlament.

Und dass sich, wie am 6. Dezember 2023 im ORF zu lesen, die Ukraine dazu bekennt, oppositionelle Abgeordnete, die ins Ausland geflüchtet sind, dort aufzuspüren und zu „liquidieren“, erscheint auch nicht gerade kompatibel mit EU-Standards zu sein. Der ORF dazu im Wortlaut: „Seit Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine wurden mehrere prorussische Politiker sowohl in russisch besetzten Gebieten der Ukraine als auch in Russland selbst getötet. Zunächst ließ Kiew zumeist offen, ob es für die Tötungen verantwortlich war. Zuletzt bekannte sich die ukrainische Regierung aber häufiger zu solchen Taten und drohte „Kollaborateuren“ und „Verrätern“.“

Angesichts dieser Fakten erscheint es mehr als nur riskant, die Ukraine als Mitglied in die EU aufzunehmen. Die Sofortkosten von – laut EU-Kommission – 190 Milliarden Euro und die dann jährlich fälligen 19 Milliarden aus dem Kohäsionsfonds wären unwiederbringlich verloren, zumal die Ukraine bereits jetzt die laufenden Kredite, welche die EU gewährte, nicht bedienen kann. Der Wiederaufbau des Landes steht in den Sternen, wobei nicht einmal klar scheint, wer selbigen überhaupt ins Werk setzen könnte. Bereits im März 2024 endet – theoretisch – das Mandat Selenskis als Präsident der Ukraine. Wird es in dem vom Krieg verwüsteten Land überhaupt Wahlen geben können (erst jüngst, am 7. November, erklärte Selenski, aktuell sei nicht die Zeit für Wahlen)? Und falls nicht, bleibt Selenski ohne Legitimation an der Macht? Und wie würde ein solches Verhalten zu den von der EU propagierten „westlichen Werten“ passen?

Wie immer man in der konkreten Auseinandersetzung auch stehen mag, ein Beitritt der Ukraine zur EU würde letztere mit in den Abgrund reißen. Anstatt also uneinhaltbare Versprechen abzugeben, wäre es seitens Brüssel wesentlich vernünftiger, erst einmal ein Ende des militärischen Konflikts anzupeilen, ehe man sich Gedanken über Beitrittsgespräche macht. Es könnte sonst nämlich sein, dass es nichts mehr gibt, was überhaupt noch beitreten könnte.


Titelbild: Taras Chuiko auf Unsplash

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