KulturSchweiz

Buchtipp: „Dramolette“ von Franz Billeter mit Bildern von Michael Wyss

„Ein gelungenes Wechselspiel zwischen erfrischend und gegen den literarischen Mainstream gebürstete Texte im Dialog von genauso erlebbare Kunst“

Ein Buchtipp von Urs Heinz Aerni

Dramolette 2

Mit Vernunft, gegenseitiger Akzeptanz und gesundem Menschenverstand könnten die Protagonisten der Dramolette eigentlich ganz gut unterwegs sein. Aber sie schaffen es en passant, ihre Beziehungen und die Erwartungen aneinander ins Dramadreieck, ins Katastrophenkarree zu schleusen. Sie reden aneinander vorbei, deuten und missdeuten in alle Richtungen und möchten einander an den Kragen gehen um des eigenen Vorteils, der eigenen Idee willen. So geraten die Mutter Jesu nebst Schwiegertochter Maria Magdalena ebenso leicht und lustvoll in tragische Verwicklungen wie der Barkeeper, der Hauptkommissar und die verständnisvolle Stimme des Beratungstelefons Die Dargebotene Hand. Kleine dramaturgische Stücke, tragisch, komisch, vielleicht nicht immer ganz ernst gemeint und doch ein Spiegel dessen, wie unser aller Alltag sich manchmal gestaltet.

Dramolette 3

Die ganz besondere Welt, der eigene Kosmos von Fritz Billeters kauzig-normalen Figuren zeigt sich erneut in kurzen, rasant bis pragmatischen Szenen. Gott selber diskutiert mit Theo und Theresa, die ihn für nicht existent halten, über ihre Ehe, zwei alte Damen im Altersheim unterhalten mit bitterem Gezänk über gewesene Liebhaber die lauschende Pflegerin. Diebe, Schauspielerinnen, der Nikolaus, der Präsident, die Fotografin lassen uns Einblick nehmen in ihr Leben, das sie dramatisch ins Abseits katapultiert. In wenigen Sätzen, mit kleinen Gemeinheiten, sanften Fallen, grossen Gefühlen. Fast wie im echten Drama. Sie alle kommunizieren akribisch destruktiv, um tatsächlich gehört zu werden, und das Unglück nimmt seinen Lauf. Nicht ohne hintergründigen Humor und manchmal in atemberaubendem Tempo.

 

 


Fritz Billeter, geboren 1929 in Zürich, aufgewachsen in Basel; promoviert an der Universität Basel: Dissertation «Das Dichterische bei Kafka und Kierkegaard»; 1959 Rückkehr nach Zürich, Unterricht an verschiedenen Gymnasien: Deutsch, Französisch, Filmkunde; von 1971 bis 1995 Kulturredaktor beim Zürcher Tagesanzeiger; Verfasser zahlreicher Monografien von Schweizer Künstlern; 2009 erschien im Verlag Benteli, Zürich, die Aufsatzsammlung «Für den Tag/Über den Tag hinaus». Zuletzt veröffentlichte Fritz Billeter im ATHENA-Verlag «Kunst und Gesellschaft. Ein Essay» (2017) und «Dramolette. 25 bedenkliche Stücke» (2021).

Michael Wyss, geboren 1952 in Luzern, übersiedelt 1974 nach Berlin, wo er an der Kunsthochschule und der Freien Universität studiert. Nach Abschluss der Studien 1981, Rückkehr in die Schweiz. Regelmässige Ausstellungstätigkeit. Verschiedene grössere Werke im öffentlichen Raum, z.B. künstlerische Ausgestaltung der Vorhalle des Auditoriums im Swisscom-Hauptsitz. 2012 erscheint im Verlag Benteli, Zürich, die Monografie «MICHAEL WYSS». Wyss publiziert mehrere literarische Werke, so 2015 «WUNSCHLOS WIRKLICH» im Verlag edition clandestin. 2016  Realisation des Films «WUNSCHLOS WIRKLICH, Michael Wyss – Künstler und Autor». Ein Film von Heidi Bader. Musik: Paul Locher.
Informationen: wyss-art.ch

Dramolette 2: 164 Seiten, Klappenbroschur mit 16 farbigen Abbildungen, ISBN: 978-3-7455-1136-9

Dramolette 3: 160 Seiten, Klappenbroschur mit 16 farbigen Abbildungen, ISBN: 978-3-7455-1138-3

Link: Zum Beispiel auch in der schönen Buchhandlung Heyn in Klagenfurt käuflich erwerbbar.

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Titelbild (Hintergrund): Michaela, at home in Germany • Thank you very much for a like auf Pixabay

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