Ein Jammer, dass die „Wiener Zeitung“ den Prozess des Wandels nicht mehr begleiten darf
In Zeiten des gesellschaftlichen Wandels braucht es Wissenschaftsjournalismus mehr denn je. Der konstruktive Journalismus der Wiener Zeitung wird hier besonders fehlen.
Ein Gastbeitrag von Ilse Kleinschuster
In seinem Gastkommentar fragt sich Reinhold Christian, Präsident des Forums Wissenschaft und Umwelt und Vizepräsident des Umweltdachverbands: „Wird es gelingen, den dringend notwendigen Wandel mit Sicherung einer guten Lebensqualität für die Menschen herbeizuführen, oder setzen gegenläufige Interessen endgültig den Kollaps durch? Und er in seinem Beitrag meint es sei zutiefst zu bedauern, dass die Wiener Zeitung diesen Prozess nicht mehr mit gewohnt seriösen Berichten und zukunftsorientierten Impulsen begleiten darf.
50 Jahre Umweltdachverband – wo wäre Österreich ohne ihn?
Haben wir in Österreich als Abonnent*innen der Zeitschrift des Umweltdachverbandes (UWD) gelernt uns als Gesellschaft auf einem lebendigen Planeten, einer Erde für Alle, zu fühlen? Haben wir gelernt, die Natur nicht als unseren Feind zu betrachten, den es zu beherrschen und überwinden gilt, sondern mit ihr zu kooperieren? Nun, vielleicht wird dieses Denken heute von vielen Menschen schon etwas ernster genommen als vor 50 Jahren, aber das entsprechende Handeln? Tja, immer wieder wurden von der Politik Ziele gesetzt, aber für ihre Erreichung fehlte es an konkreten Maßnahmen.
Nun, wo „die Natur langsam die Geduld mit uns zu verlieren scheint“, sollten wir uns ernsthaft fragen, warum es zwar vonseiten der Politik z.B. heißt, gesteckte Ziele bezüglich Energieeffizienzgesetz (EEffG) seien erreicht, aber leider die notwendige Verbrauchsreduktion sei ausgeblieben. Da stimmt doch was nicht mit unserem Verständnis von Wandel! Tja, das ist ein Jammer mit unserer Vorstellungskraft in Zeiten des Umbruchs! Liegt es vielleicht an der Politik, die nicht und nicht auf die Wissenschaft hört? Im Bericht „Strukturen für ein klimafreundliches Leben“ der WU Wien und des APEC (Austrian Panel on Climate Change) wird diese Problematik genau beschrieben.
Zivilgesellschaftliche Initiativen von unten müssen Platz greifen – mit Unterstützung vonseiten eines konstruktiven Wissenschaftsjournalismus?
Wenn „Wissen wirklich Lust auf mündige Bürger schafft“ – wie die Wissenschaftsjournalistin Eva Stanzl in ihrem WZ-Bericht kürzlich meinte, dann sollten wir schnell dem Wissenschaftsjournalismus in Österreich wieder auf die Beine helfen! Denn, geht es jetzt nicht darum, nicht nur die Politik, sondern vor allem auch die breite Bürgerschaft – die „politische Mitte“ – in die Pflicht zu nehmen? Lange Zeit hindurch war die Beschäftigung mit Ethik für die Ökonomie und relevante Wissenschaften von entscheidender Bedeutung. In den letzten Jahrzehnten, mit zunehmender Globalisierung unter der Vorherrschaft eines neoliberalen Systemdenkens, hat sich das geändert. Das Bestreben der Ökonomen und der Wissenschaft generell sich von Gut und Böse fernzuhalten hat den Einbruch in Bezug auf die Wertebeurteilung gefördert. Vielleicht war es auch diese Gleichgültigkeit gegenüber Wertekategorien, die eine derart starke Wissenschaftsskepsis hervorgerufen hat?
Nun, nicht nur unser sehr geschätzter Nobelpreisträger Anton Zeillinger meint, dass es in Österreich zu wenig Berichterstattung über Wissenschaft gäbe. Ich finde, in der Wiener Zeitung wurde diese Kategorie niemals vernachlässigt. Es stimmt mich als Abonnentin der Wiener Zeitung sehr traurig, dass ich in Zukunft konstruktive Nachrichten, basierend auf wissenschaftlich fundierten Erkenntnissen mit Zukunftsverantwortung und beharrlich eingebettet in das Tages- und Zeitgeschehen, vermissen muss.
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Titelbild: Moritz Ettlinger
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