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Chile: Kongress diskutiert Rentenreform

Die Rentenreform soll eine gerechtere Grundversorgung für alle Chilen*innen bringen. Enteignungen seien nicht vorgesehen, so Präsident Boric.

Von La Diaria / NPLA

Anfang November wurde der Gesetzentwurf zur Rentenreform dem chilenischen Kongress vorgelegt. Eine Woche zuvor hatte der chilenische Präsident Gabriel Boric das Konzept offiziell im nationalen Fernsehen vorgestellt. Nach Angaben des Fernsehsenders Televisión Nacional de Chile wurde der Antrag mit einer 30-tägigen Bearbeitungsfrist eingereicht und wird zunächst im Parlament von den Ausschüssen für Finanzen und Arbeit behandelt, die das Dokument gründlich analysieren werden.

Der Gesetzentwurf sieht die Abschaffung des bisherigen Rentensystems AFP vor. Das Kürzel steht für Administradoras de Fondos Privados, einen Zusammenschluss mehrerer privater Finanzinstitute. Geplant ist ein Mischkonzept, das ein neues Rentensystem und eine Sozialversicherung im Bereich der Arbeitnehmer*innenbeiträge sowie eine Erhöhung der garantierten Universalrente (PGU) für Menschen ab 65 umfasst. So sollen Arbeitgeber*innen künftig Beiträge in Höhe von sechs Prozent in einen gemeinsamen Rentenfonds zahlen. Bisher liegt die Verwaltung eines Großteils der Renten der chilenischen Beschäftigten komplett in privater Hand.

Die Menschen haben das bisherige System satt

Wie Boric in seiner Rede erläuterte, besteht das Hauptziel der Reform darin, die Renten der derzeitigen und künftigen Rentner*innen nachhaltig und erheblich zu erhöhen. Niemand könne leugnen, dass sich das derzeitige Rentensystem in einer Krise befinde und dass die derzeit gezahlten Renten nicht ausreichten, um den Menschen eine angemessene Lebensqualität zu ermöglichen, unabhängig davon, wie viele Jahre sie im Laufe ihres Lebens gearbeitet hätten.

„Die Menschen haben es satt, dass die Fonds immer weniger Geld zur Verfügung haben, während die AFP weiterhin Geld verdienen. Warum ist das so?“ , so Boric weiter. Es gehe darum, „die positiven Elemente früherer Reformen wie der Garantierten Sozialrente von Präsident Sebastián Piñera oder des Pilar Solidario von Präsidentin Michelle Bachelet zu stärken“. Der 2008 von der Expräsidentin eingeführte Pilar Solidario bietet denjenigen, die nie in das Rentensystem eingezahlt haben, eine solidarische Grundrente. Außerdem versorgt sie Arbeitnehmende, die nur sehr wenig sparen konnten, mit Solidaritätsbeiträgen, um ihre Rente zu verbessern.

Entwarnung an alle, die Enteignungen fürchten

Mit der Reform solle die Leistung eines gesamten Arbeitslebens anerkannt und belohnt werden, so Boric. An die Kritiker*innen seiner Reformvorschläge gewandt betonte der Präsident laut Radio Universidad de Chile: „Um jegliche Gerüchte oder Falschmeldungen zu beseitigen: Die Rentenersparnisse auf den individuellen Konten – sowohl die bisher angesparten als auch die zukünftigen – werden nicht vergesellschaftet, sondern bleiben privates Eigentum, das vererbt werden kann.“

Der dritte Punkt der Reform, die in den Kongress eingebracht wurde, wird Boric zufolge darin bestehen, dass die Arbeitnehmenden die „Freiheit haben werden, zu wählen, wer ihren Rentenfonds verwaltet. Eine Option, die es heute nicht gibt, da wir alle verpflichtet sind, in einen von der AFP betriebenen Fonds einzuzahlen. Darum haben wir ein gemischtes Rentensystem entwickelt, das auf den Grundsätzen der sozialen Sicherheit beruht und von Staat, Arbeitgeber*innen und Arbeitnehmer*innen getragen wird.“

Falls das vorgeschlagene neue Rentensystem angenommen wird, werden die AFP aufgelöst. An ihre Stelle würden dann neue private Einrichtungen treten, die die Rentengelder anlegen, während alles andere, Verwaltung der Beiträge, Auszahlung der Renten, Kundendienst etc., von einer öffentlichen Institution übernommen würde.


Dieser Beitrag erschien am 13.11.2022 auf npla.de, lizensiert unter Creative Commons Namensnennung-Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0 international. Originalartikel: ladiaria.com

Titelbild: Fotografoencampana, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons

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