Das Bedingungslose Grundeinkommen im Parlament
Am 3. November wurde das Volksbegehren für ein Bedingungsloses Grundeinkommen (BGE) im Parlament diskutiert. Bei Abgebordneten und Expert*innen fand das Begehren nur wenig Zuspruch.
Ein Gastbeitrag von Ilse Kleinschuster
Vorweg: Es geht den mir bekannten Proponenten des österreichischen Volksbegehrens für das „Bedingungslose Grundeinkommen“ nicht um „koste es was es wolle“, sondern um die demokratiepolitische Aufforderung, möglichst vielen Menschen die Chance auf ein „gutes Leben“ zu erhöhen (wobei die Definition eines guten Lebens im Sinne der alten griechischen Philosophen, auch der heutigen Indigenen zu verstehen ist) und letztlich geht es darum, das „Recht auf Rechte“ für alle Menschen auf der Welt geltend zu machen.
Es ist gut zu hören, dass – wenn auch erst nach einer Stunde – Herr Arbeitsminister Kocher zur Debatte um das Grundeinkommen im Parlament eingetroffen ist, betrifft diese Diskussion hier und jetzt ja doch hauptsächlich den aktuellen Arbeitsmarkt. Allgemein herrschte große Skepsis unter den Abgeordneten, aber auch den Experten. So meinte beispielsweise der grüne Abgeordnete Karl Öllinger in der zweiten Fragerunde, dass der Zusammenhang zwischen der Höhe der Löhne und Sozialleitungen und der Höhe des BGE noch zu klären wäre – als er der tatsächliche Anreiz auf reine Lohnarbeit. Er hege da große Skepsis.
Interessant waren auch die großen Bedenken bezüglich einer möglichen zukünftigen Situation, wenn sich herausstellen sollte, dass die Einführung des BGE eine Fehlentscheidung war. Wie könnte der Sozialstaat je wieder reinstalliert werden, so die Sorge. Was mich wunderte: Niemand sprach von der Möglichkeit, Arbeit schon heute niedriger zu besteuern, dafür aber Umweltverbrauch bzw. Umweltnutzung höher. Oder, warum nicht endlich Finanztransaktions- oder Zufallsgewinnbesteuerung – und vor allem klimafeindliche Förderungen zu stoppen?
Die schon längst fällige Reform des Steuer- und Abgabensystems wurde nicht angesprochen. Aber ich meine, diese müsste doch angesprochen werden, wenn es um derart wichtige Budgetdebatten geht, in denen die UN-Ziele für nachhaltige Entwicklung (SDGs), zu denen Österreich sich ja bekannt hat – und diesbezüglich notwendigen Verschärfung der nationalen Reduktionspläne (NDGs) eine große Rolle spielen sollten.
Nach der 2-stündigen Rede-und-Antwort-Sitzung gab man dem Proponenten-Vertreter des Volksbegehrens noch sechs2 Minuten Zeit zu antworten. Klaus Sambor dankte und sprach den Wunsch zu mehr Gesprächsbereitschaft aus, da jetzt doch viele Fragen, aber auch Missverständnisse noch offen wären. Wichtig wäre ihm hier und jetzt noch einmal zu betonen, dass das BGE grundsätzlich die Erweiterung und Aufwertung des Sozialstaates zum Ziel hätte, dass es eine mögliche Antwort auf die Digitalisierung, aber auch eine Antwort auf die großen Herausforderungen unserer Zeit sei: die Aufarbeitung der Verluste und Schäden durch den Klimawandel, die nur durch eine rasche, sozial-ökologische Transformation gemeistert werden können.
Fazit: Wenig Zuspruch unter den Expert*innen und Abgeordneten. Warum? Offensichtlich ist nach wie vor die menschliche Fähigkeit zur kollektiven Selbstorganisation im Sinne des Gemeinwohls eine Illusion, der nötige Bewusstseinssprung ist noch nicht erfolgt. Er ist aber im Anlauf. Klar! Evolution findet nicht im Parlament statt.
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Titelbild: Moritz Ettlinger
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