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Burkina Faso versinkt im Terror

Westafrika: Deutsche Bundeswehr nimmt Mali-Einsatz wieder auf. Derweil erschüttert eine Explosion einer Mine den Norden Burkina Fasos. Dabei sterben mindestens 35 Menschen.

Von David Bieber

Der Krisenstaat Burkina Faso kommt nicht zur Ruhe. Kämpfe zwischen der Militärregierung und islamistischen Aufständigen destabilisieren das westafrikanische Land bereits seit mehreren Jahren. In der vorvergangenen Woche kamen laut einer Pressemitteilung des Gouverneurs der sogenannten nördlichen Sahel-Region mindestens 35 Menschen bei der Explosion einer Mine ums Leben. 37 weitere wurden verletzt. Die Schwerverletzten wurden in geeignete Gesundheitseinrichtungen gebracht.

Die Opfer waren Zivilisten. Sie gehörten zu einem begleiteten Versorgungskonvoi, der auf dem Weg in die Hauptstadt Ouagadougou im Zentrum des Landes gewesen war.

Ein Fahrzeug des Konvois ist laut Mitteilung zwischen den nördlichen Städten Djibo und Bourzanga auf einen improvisierten Sprengsatz gefahren, der die Explosion auslöste. Die Region gilt als weitgehend vermint. Immer wieder kommt es im Norden des Landes, der an die beiden Staaten Mali und Niger grenzt, zu Anschlägen von islamistischen Extremisten auf Soldaten und Zivilisten. Gruppen, die mit dem Extremistennetzwerk Al-Kaida und dem „Islamischen Staat“ in Verbindung stehen, sind seit mindestens 2015 in der Region und darüber hinaus aktiv.

Die Kämpfe haben in dem mehr als 20 Millionen Einwohner zählenden Burkina Faso bereits etwa 1,85 Millionen Menschen vertrieben, heißt es von Hilfsorganisationen wie etwa „Aktion Deutschland hilft“. Die gesamte westafrikanische Sahel-Region, zu der Senegal, Niger, Mali, Burkina Faso und auch Mauretanien zählen, ist seit Jahren Schauplatz blutiger Anschläge sowie ethnischer und politischer Konflikte, Entführungen, Militärputschen und ist ferner Rückzugsort von Islamisten. Die bitterarme Region gilt international daher zunehmend als Krisenregion. Starke Migrationsbewegungen in Richtung Europa sind die Folge.

Nicht nur, aber vor allem, sind es die Migrationsströme nach Westeuropa, besonders auch nach Deutschland, die ebenfalls die deutsche Bundeswehr im Rahmen der Vereinten Nationen und der Europäischen Union dazu veranlasst, in der Region verstärkt aktiv zu werden. Stichwort: UN-Stabilisierungsmission MINUSMA (Multidimensionale Integrierte Stabilisierungsmission der Vereinten Nationen in Mali) und EU-Ausbildungsmission EUTM (europäische Trainingsmission). Letztere wurde im April 2022 ausgesetzt und ist neuerdings in den Niger verlagert worden. Der Grund: Die verstärkte Partnerschaft Bamakos mit Russland und die Zusammenarbeit mit der höchst umstrittenen russischen Söldnertruppe Wagner.

Nachdem die Bundeswehr vor vier Wochen auch MINUSMA – wegen Spannungen und Unstimmigkeiten mit der Militärregierung wegen verweigerten Überflugrechten für deutsche Militärflugzeuge – vorerst ausgesetzt hatte, teilte ein Sprecher des Einsatzführungskommandos in Schwielowsee bei Potsdam am vergangenen Dienstag mit, dass die Bundeswehr wieder die Arbeit im Rahmen der Friedensmission MINUSMA aufgenommen hat. Die deutschen Soldatinnen und Soldaten in Mali sind vorwiegend sowohl in Aufklärungsmissionen an Boden und in der Luft als auch für den Transport in der Luft und die Betankung von Flugzeugen eingesetzt. An direkten Anti-Terror-Einsätzen oder anderweitigen Kampfhandlungen ist sie laut Angaben der Bundeswehr nicht beteiligt gewesen und wird dies im Rahmen des Bundestagsmandats auch nicht sein.

Ungeachtet dessen gehen die Kämpfe weiter. Tausende Menschen sind den Kämpfen zwischen Armee und Extremisten zum Opfer gefallen. Allenfalls vereinzelt trägt die UN-Mission zum Schutz der Zivilbevölkerung bei. Der mit Abstand noch stabilste Staat der Sahelregion ist der Senegal, der kürzlich weitgehend friedlich ein neues Parlament gewählt hatte und bislang von islamistischen Angriffen verschont geblieben ist.

Ganz anders als im Senegal und wohl noch schlechter als in Mali ist die Lage derzeit in Burkina Faso: Nach einem friedlichen Volksaufstand aus dem Herbst 2014 wurde der damalige Präsident, Blaise Compaoré, nach 27 Jahren an der Macht abgesetzt. Bei den ersten Präsidentschaftswahlen nach der Ära des Langzeit-Präsidenten im November 2015 gewann die Opposition. Doch auch seit diesen Wahlen kam es regelmäßig zu politischen Unruhen. Im Januar 2022 hatte die Armee von Burkina Faso gegen eine zivile Regierung geputscht, seitdem führt eine Junta das Land mit Oberstleutnant Paul-Henri Sandaogo Damiba an der Spitze. Das Chaos, das die Dschihadisten säen, bekommt auch die Junta nicht in den Griff. Neben radikalen Islamisten sind auch kriminelle Banden und örtliche Selbstverteidigungsgruppen der Bevölkerung am Konfliktgeschehen beteiligt.

In letzter Zeit hieß es von treuen Anhängern Compaorés, der mittlerweile im Exil in der benachbarten Elfenbeinküste lebt, daher immer wieder, dass Burkina Faso während seiner 27-jährigen Herrschaft immerhin sicherer gewesen sei als heute. Seit Compaorés Sturz haben islamistische Terrorgruppen, teils aus Mali eingedrungen, weite Landesteile unsicher gemacht. Allein im ersten Halbjahr dieses Jahres wurden 2224 Personen bei mehr als 900 Attacken getötet. „In Burkina Faso gibt es mehr Anschläge als in Mali. Burkina Faso ist das neue Epi-Zentrum der Dschihadisten im Sahelraum“, sagt Ulf Laessing, Leiter des Sahel-Programms der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung in Malis Hauptstadt Bamako.

In diesem Jahr sind laut Laessing weite Teile des Landes der Kontrolle der Zentralregierung entglitten. Nur noch die Hauptstadt Ouagadougou gelte als einigermaßen sicher. Außerhalb der Hauptstadt Ouagadougou sei das Land eine No-Go-Area. „Dschihadistische Gruppen fokussieren sich auf Burkina Faso als Ausgangsbasis, um Richtung stabilere Küstenstaaten wie Togo oder Ghana vorzudringen. Sie haben sich in den unwegsamen Waldgebieten im Süden festgesetzt, um von dort grenzüberschreitende Anschläge zu verüben“, erklärt Laessing weiter.

Der Terror verlagert sich auch zunehmend in die Hauptstadt sowie in die östlichen Gebiete des Landes. Da auch im angrenzenden Mali zwischen der sich 2020 an die Macht geputschten Militärregierung und Islamisten kriegerische Auseinandersetzungen stattfinden, flüchten viele Malier nach Burkina Faso. Dort erleben sie aber eine ähnlich unzureichende Sicherheitslage.

Krieg und Terror sind aber längst nicht die einzigen Probleme vor Ort. Genauso wie die anderen Sahel-Staaten leidet auch Burkina Faso unter dem fortschreitenden Klimawandel. Dürreperioden oder sintflutartige Regenfälle nehmen zu und sind ganz konkrete Auswirkungen der globalen Klimaerwärmung. Etwa 80 Prozent der Menschen in dem Land leben vom primären Sektor, der Landwirtschaft. Wenn aber ihre Ernten durch langanhaltende Dürreperioden und Starkregenereignisse vernichtet werden, sind sie in ihrer Existenz bedroht. Viele Menschen in der Sahel-Region leiden auch an den wegen des Ukraine-Kriegs gestiegenen Preisen für Grundnahrungsmittel. „Viele können sich kaum noch die notwendigsten Lebensmittel leisten. Hungersnöte könnten ausbrechen“, sagt etwa der senegalesische Journalist Coumba Ndoffene. Immer mehr Menschen in der wenig fruchtbaren Region erleiden Hunger und sehen in der Flucht die einzige Lösung der Armut und dem Hunger zu entkommen.


Titelbild: jorono auf Pixabay 

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