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Die Macht der Bilder

In unserer digitalisierten Welt erreicht uns audiovisuelles Material grausamster Attentate aus der ganzen Welt innerhalb weniger Sekunden. Auch große Medienhäuser müssen dementsprechend schnell auf gewisse Ereignisse reagieren. Doch der Umgang mit Bildern und Videos und deren Auswirkungen ist vielen Menschen in unserer schnelllebigen Welt nie beigebracht worden.

Ein Gastbeitrag von Julia Margreiter

Eines der wohl bekanntesten Kriegsbilder ist das Foto aus dem Vietnamkrieg, auf dem ein nacktes, schreiendes Mädchen auf die Kamera zuläuft, hinter ihr Soldaten und eine Wand aus Rauch. Es hinterließ bleibenden Eindruck auf der ganzen Welt und prägte sich in das kollektive Gedächtnis ein. Ähnlich hält es sich bei den Bildern der rauchenden Türme des Terroranschlages von 9/11, auch diese sind weitverbreitet bekannt. Während das Foto aus dem Vietnamkrieg 1973 lediglich durch Zeitungen verbreitet werden konnte, spielte beim Anschlag 2001 das Fernsehen bereits eine große Rolle. Der zweite Einschlag in den Südturm wurde dabei schon live übertragen. Dieses zeitgleiche Miterleben rief starke Emotionen hervor und führte auch deshalb dazu, dass die gesamte Weltbevölkerung sich sehr gut an diesen Tag erinnern kann. Die terroristischen Anschläge in Europa befinden sich bereits im Zeitalter der neuen sozialen Medien. Facebook, Twitter und Instagram machen es der breiten Masse möglich, jederzeit und überall auf der Welt alles live mitzuerleben, ob durch Text oder Bildmaterial. Durch die Verbreitung der Smartphones, ausgestattet mit Kamera und Mikrofon, ist es zudem jedem*r möglich, als Betroffene*r Videos und Bilder zu machen, sowie Texte zur Situation zu verfassen und diese in die Online-Welt zu setzen. Dadurch kann binnen kürzester Zeit ein enormer Informationsaustausch stattfinden.

Das Erleben von terroristischen Anschlägen wurde durch die sozialen Medien allerdings verschärft. Dies zeigt sich vor allem am Attentat in der Wiener Innenstadt im November 2020. Dabei landeten viele Fotos und Videos im Netz, die oft sehr brutal waren und vielen der Situation nicht angemessen erschienen. Die meisten informierten sich jedoch über den Anschlag genau über diese Plattformen und konnten den grausamen Dokumentationen somit nur schwer ausweichen. Es gibt auch Menschen, die sich über solches Material freuen, doch für die Allgemeinheit sind diese Aufnahmen oft zu viel des Guten. Hier braucht es die gefilterte Auswahl der Redaktionen. Die Übernahme von prominenten Fotos oder Videos aus den sozialen Medien ist zwar verführerisch, doch sollte man unter Einhaltung der Medienethik davon absehen. Das sich ein paar Medienhäuser trotzdem nicht daran hielten, zeigt das Ergebnis der Meldungen an den Presserat, einem freiwilligen Selbstkontrollorgan der Medienbranche. Es gingen nämlich 1.500 Beschwerden, so viele wie noch nie zuvor, für die Berichterstattung über den Terrorakt ein. Dabei wurden nach Sichtung auch einige Ethikverstöße festgestellt. Vor allem die beiden Plattformen „oe24.at“ und „krone.at“ wurden für das Veröffentlichen von Videomaterial, welches eine grobe Missachtung der Menschenwürde und des Opferschutzes darstellte und keinen legitimen Informationsgrund hatte, gerügt.

Grundsätzlich ist die Berichterstattung während eines Terroraktes eine Ausnahmesituation und es gilt eine erhöhte Dringlichkeit für den Austausch von Informationen. Das befugt Redaktionen zu ein paar wenigen Tabubrüchen der Medienethik, wie etwa das Verzichten auf eine ausführliche und gesicherte Recherche von Informationen. Im Einzelfall dürfen nicht verifizierte Informationen weitergegeben werden, sollte dies im Interesse der Aufklärung der Bevölkerung sein. Denn die Medienhäuser übernehmen während eines Terrorattentats die Aufgabe, die Allgemeinheit über die Ereignisse ausführlich und rasch zu informieren und vor etwaigen Gefahren während der Attacke zu warnen. Dafür dürfen sie auch auf Bild- und Videomaterial zurückgreifen, um den Menschen das Ausmaß und den Ernst der Lage besser vermitteln zu können. Doch dabei gilt trotzdem die Wahrung des Persönlichkeitsschutzes und der Intimsphäre der Menschen. Die Prämisse sollte stets sein, ein nicht noch größeres Leid bei den Betroffenen zu erzeugen. Man sollte zudem stets darauf achten, den Terroristen nicht in die Hände zu spielen mit seinen Dokumentationen. Denn viele verfolgen bei Attentaten das Ziel der Massenverbreitung von Bild- und Videomaterial im Internet. Damit wollen sie zum einen Angst und Schrecken in der Bevölkerung auslösen und zum anderen Fanatismus in ihren Reihen bestärken.

Nicht zu vergessen bei dem Thema ist der Bildüberlegenheitseffekt. „Bilder sind stärker als Worte.“ Diesen Satz hat bestimmt jede*r schon einmal gehört und er trifft die Sache auf den Punkt. Bilder prägen maßgeblich politische Diskurse und die Wahrnehmung eines Ereignisses in der Bevölkerung. Passend dazu ist die „World Press Photo Foundation“ zu nennen. Sie ist eine unabhängige, gemeinnützige Organisation deren Hauptziel darin besteht, die Arbeit professioneller Pressefotograf*innen zu unterstützen. Sie veranstaltet dazu jährlich einen weltweiten Wettbewerb, deren preisgekrönten Fotos in einer Wanderausstellung gezeigt werden. Diese Fotos treffen den Nerv der Zeit und beim Durchklicken der Galerie reichen oft ein paar wenige Bilder aus, um zu wissen, welche Themen in diesem Jahr prominent waren. Sie dienen sozusagen, wie das Foto der Vietnamesin, als „historische Referenzbilder“. Unter diesem Begriff werden alle Bilder bezeichnet, die als Symbol für historische Ereignisse stehen und zugleich auch die Erinnerungen an diese hervorrufen.

Das Wissen über die Macht der Bilder ist mittlerweile als extrem wichtig zu bewerten und Medienhäuser sollten sich dessen stets bewusst sein. Doch auch die Bevölkerung ist hier in die Verantwortung zu ziehen und es kann nur im Sinne eines*r jeden sein, sich zu diesem Thema weiterzubilden.


Julia Margreiter studiert MultiMediaArt an der FH Salzburg.

Dieser Beitrag wurde als Gastartikel eingereicht. Auch Dir brennt etwas unter den Nägeln und Du willst, dass es die Öffentlichkeit erfährt? Worauf wartest Du noch? Jetzt Gastartikel einreichen!

Titelbild: Gerd Altmann auf Pixabay

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