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Klimaticket: Wirklich, ein Meilenstein?

„Ein Ticket täglich um einen Euro pro Bundesland, zwei Euro für zwei Länder und drei Euro für ganz Österreich“, das war die Ausgangsforderung für das sogenannte 1-2-3-Ticket. Stattdessen gibt es jetzt – zumindest österreichweit – das Klimaticket. Ein „Meilenstein für den öffentlichen Verkehr“, wie es die grüne Umweltministerin Leonore Gewessler lobt?

Ein Kommentar von Josef Stingl

Beim österreichweitem Ticket kann die Frage sicherlich mit JA beantwortet werden. Zahlreiche Pendler*innen, die sich jetzt jährlich einiges für ihre Fahrt zur und von der Arbeit ersparen, werden das sicherlich ebenfalls. Ein NA JA gibt’s von den Pendler*innen des Speckgürtel rund um Wien, sie dürfen ihre günstigeren Streckentickets behalten und haben weder ein Plus noch ein Minus.

Unübersichtlich und unterschiedlich sich die diversen Regionalticketvarianten ausgefallen. Sie starten bis spätestens zum Jahresbeginn und der Wunschpreis von einem Euro pro Tag wurde nur in nur Wien und Vorarlberg erzielt. In Vorarlberg gibt’s das Ticket im ersten Jahr sogar um 30 Euro unter der 365-Euro-Marke.

Tirol liegt schon um 40 Prozent über der Ein-Euro-Tagesmarke, Niederösterreich und Burgenland um 50 Prozent, die Steiermark (ab 1. Jänner 2022) um 61 Prozent und in Salzburg um 63 Prozent. In Oberösterreich kommt das Regionalticket inklusive Linz, Steyr und Wels mit täglich 1,94 Euro schon gefährlich nahe an das versprochene Zwei-Bundesländer-Ticket. Kärnten hatte zum Zeitpunkt des Berichts noch gar keine Regionalangebot.

Über das Wunschziel „zwei-Euro, zwei Bundesländer“ herrscht überhaupt Stille. Antworten darauf, wann es dieses gibt, oder ob es für immer (un)klimagerecht entsorgt wurde, gibt es nur ausweichend oder gar nicht.

Niederösterreich und Burgenland pochten und bekamen ein gemeinsames Regionalticket. Für viele in diesem Zielgebiet betroffene Pendler*innen eine Traumgeschichte. Für Pendler*innen von der oder in die Steiermark ist diese Lösung ein ungleichbehandelnder finanzieller Alptraum. Denn sie brauchen zusätzlich zum 550 Euro-kostenden NÖ/Bld-Ticket auch noch das steirische. Nur, da ist sogar das bundesweite Klimaticket noch günstiger. Ein Problem, das sie beispielsweise auch mit NÖ/OÖ- oder Sbg/OÖ-Pendler*innen teilen.

Vorsicht ist auch bei den veröffentlichten Kosten für das Klimaticket angeboten. Laut Umweltministerin unterstützt der Bund die Klimatickets regional jährlich mit 100 Millionen Euro. Nur, in gleicher Pressekonferenz spricht die niederösterreichische Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner von 50 Millionen Euro Bundeszuschuss und Wiens Bürgermeister Michael Ludwig von 36 Millionen Euro für die Bundeshauptstadt. Bleiben nach Adam Riese 14 Millionen für die restlichen sieben Bundesländer. Das lassen sich deren Landesfürsten gefallen?

Das neue Klimaticket ist für viele durchaus eine Erleichterung, allerdings nur ein Meilenstein mit Macken und Schrammen. Ob damit ein Ansporn zum Umstieg auf Öffis erreicht werden kann, wird sich noch weisen, bedingt zumindest auch noch einen Ausbau der Öffis. Zusammengefasst: Den Meilenstein schleifen, schleifen und schleifen, in polierter Form bedeutet er für Klima und Öffis: Nulltarif!


Dieser Beitrag erschien zuerst in der GLB-Zeitschrift „Die Arbeit“, Nr. 4/2021

Titelbild: Cody King von Pexels

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