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Die ökosoziale Steuerreform versagt dabei, Österreich sozialer oder ökologischer zu machen

Eine verantwortungsvolle Regierung hätte die Chance ergriffen, um nach der Corona-Krise eine „ökosoziale“ Steuerreform umzusetzen, die ihren Namen verdient. Was die türkis-grüne Regierung als „ökosoziale“ Steuerreform präsentiert hat, ist hingegen leider weder besonders ökologisch, noch besonders sozial. Es ändert die ungerechte Steuerstruktur so gut wie nicht.

Von Sophie Achleitner (MOMENT)

Die Regierung hat ihr niedergeschriebenes Regierungsprogramm unbeirrt durchgeklopft. Davon profitieren vor allem Mittel- und Besserverdiener:innen, sowie große Unternehmen in Österreich. Wer die großen Verlierer:innen der vorgestellten Reform sind, ist somit klar: Niederigverdiener:innen und allen voran das Klima.

Gerade angesichts des historischen Ausmaßes der Krise wäre es höchste Zeit gewesen, die Verteilung der Steuern und Abgaben gründlich zu überdenken. Hier herrscht eine enorme Schieflage. Fast 8 von 10 Steuereuros wurden 2019 vom Faktor Arbeit geschultert, während Einnahmen aus der Besteuerung von Vermögen und Unternehmensgewinnen nur knapp ein Zehntel der Staatseinnahmen ausmachen. Umso fraglicher ist es, wie die Regierung eine Steuerreform, die Arbeit und Umwelt entlasten sollte, aber gleichzeitig ein Zugeständnis und Steuergeschenk an Großkonzerne und Vermögende ist, als „ökosozial“ verkaufen konnte.

CO2-Steuer geht in der Steuerstruktur unter

Der groß angekündigte und „ökologische“ Teil der Steuerreform ist die CO2-Steuer. Nach jahrelanger Diskussion haben schädliche Emissionen in Österreich nun endlich einen Preis: 30 Euro pro Tonne CO2-Äquivalent. Während sich die Bundesregierung dafür auf die Schultern klopft, ist die Kritik laut. Ein Einstiegspreis von 50-60 Euro und eine langfristige Entwicklung hin zu mehr als 100 Euro pro Tonne wären absolut notwendig, um einen echten Lenkungseffekt zu erzielen.

Die errechnete Treibstoffpreiserhöhung um ca. 8 Cent pro Liter im Jahr 2022 wird kaum dazu führen, dass sich Verhalten ändert. Allein saisonale Preisschwankungen fallen oft höher aus, ohne dass Menschen deshalb das Auto stehen lassen. Viele Einnahmen wird die CO2-Steuer auch nicht bringen. Nicht einmal 2 Mrd. Euro wird die Steuer pro Jahr einbringen. Verglichen zu jährlichen Einnahmen durch Einkommen- und Lohnsteuern von 30 Mrd. Euro ändert das die Steuerstruktur kaum und entlastet den Faktor Arbeit dadurch auch kaum. Insgesamt wird nur rund 1 % der Staatseinnahmen aus der CO2-Steuer lukriert werden.

Wer mehr hat, bekommt mehr

Bundeskanzler Sebastian Kurz trommelt: „Jeder der arbeiten geht, wird entlastet“. Was er nicht dazu sagt: wer schon mehr hat, der bekommt auch deutlich mehr. Kleine Einkommen sind durch kleinere Beiträge zur Sozialversicherung erfasst.

Für hohe Einkommen passiert viel mehr. Die Steuersätze der zweiten und dritten Stufe der Einkommensteuer werden deutlich gesenkt. Dadurch profitieren mittlere und vor allem hohe Einkommensbezieher:innen. Die stärkste Entlastung landet in den Taschen der reichsten 10 % der Erwerbstätigen. Im untersten Einkommensfünftel profitiert niemand von der Tarifsenkung.

Im Gesamtblick sind höhere Einkommen in Österreich verhältnismäßig trotz fortschreitenden Steuerstufen nicht wesentlich stärker besteuert. Nicht nur wird der größte Teil der Steuereinnahmen von Arbeitenden getragen, sondern hohe Einkommen tragen anteilsmäßig nicht mehr bei als alle kleinere.

Österreichs Steuersystem hat kaum progressive Wirkung. Grafik: MOMENT

Das Motto der Steuerreform: “Die Reichen noch reicher machen”

Reicher werden durch die Steuerreform die Unternehmen und jene, die sie besitzen. Die Körperschaftsteuer,  sinkt von 25 auf 23%. Die vergleichsweise wenigen Unternehmen, die KöSt auf ihre Gewinne entrichten müssen, (AG, GmbH u.a.), werden also weniger zum Steuerkuchen beitragen. Schon jetzt tragen die Einnahmen aus der Körperschaftsteuer, nur knapp 6 % des Steueraufkommens. Es sind aber vor allem die Vermögendsten in Österreich, die Unternehmen besitzen – also von der KöSt-Senkung am meisten profitieren.

Interessant für die Beschriftung „sozial“ ist auch, was gar nicht angetastet wurde. Die Dividenden, die KöSt-pflichtigen Unternehmen ausschütten, zählen zum Kapitaleinkommen. Dieses wird mit einer „Flat Tax“ von 25 % bzw. 27,5 % besteuert. Egal, ob man 20 Cent oder 1 Mio. Euro an Zinsen oder Dividenden erhält, man zahlt immer denselben Anteil an Steuern. Das Erwerbseinkommen hingegen wird progressiv besteuert – der Steuerbeitrag steigt, je höher das Einkommen ist. Das ist eine weitere Ungleichheit zwischen der Besteuerung von Arbeit und Kapital, die nicht angetastet wurde – zugunsten der Vermögenden.

Wo sind die Vermögensteuern?

Abgesehen vom kläglichen Versuch, schädlichen CO2-Emissionen einen fairen Preis zu geben, sucht man in der ökosozialen Steuerreform vergeblich nach einer Besteuerung von Vermögen und Vermögenseinkommen. Würde man die heimische Steuerstruktur sozial gerechter machen wollen, wäre auch eine Wiedereinführung der Erbschaftsteuer gefragt: knapp 600 Milliarden Euro werden in den nächsten drei Jahrzehnten vererbt. Die Erb:innen kommen an ihr Vermögen ohne Leistung – und das komplett steuerfrei.

Vermögensbezogene Steuern machen insgesamt nur mickrige 3% der gesamten Steuerstruktur aus. Sie wären wichtig, um in Österreich für mehr Steuergerechtigkeit zu sorgen. Das würde dem „sozialen“ Teil der Steuerreform auch mehr Würde und Wahrheit verleihen. Warum Dividenden einer geringeren Besteuerung unterliegen sollen als das mittlere Bruttoeinkommen einer Vollzeit-Arbeitskraft, ist nicht nachvollziehbar.

Im Hinblick auf die große Ungleichheit der österreichischen Steuerstruktur enttäuscht die ökosoziale Steuerreform in vielen Belangen. Wenig öko und kaum sozial ist kurzum einfach zu wenig, um den Titel „ökosozial“ zu verdienen.


Titelbild: Mikhail Nilov von Pexels

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