Das Grazer Phänomen
100 Worte zum Sonntag von Michael Wögerer
Der heute erreichte Platz eins für die KPÖ in Graz lässt viele mit offenem Mund stehen. Einigen treibt es die Schweißperlen auf die Stirn, dass 30 Jahre nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion eine Partei, die sich auf die Lehren von Marx, Engels und Lenin bezieht, die zweitgrößte Stadt Österreichs übernimmt.
So überraschend das Ergebnis der Grazer Kommunist_innen für viele auch sein mag, so ist es doch nicht unerklärbar. Den Grundstein für ihren Erfolg legte die KPÖ bereits unter Wohnbaustadtrat Ernest Kaltenegger (1998 bis 2005). Dass alle KPÖ-Mandatare rund 70 Prozent ihres Nettoeinkommens an sozial Bedürftige spenden, macht sie doppelt glaubwürdig.
Titelbild: KPÖ Graz
Naja, auch wenn es in Graz ein paar Genossen gibt, die etwas marxistische Rhetorik pflegen, in der Praxis ist die KPÖ Graz aber sehr brav und angepasst und keine wirkliche Gefahr für die herrschenden Klassen. Das hat mensch auch bei den Protesten gegen das Murkraftwerk gesehen, wo nicht einmal die KPÖ Graz den weniger prominenten Opfern der Repression beigestanden ist oder gar gegen die Allgemeingefährdung für hunderte Menschen durch den Einsatz von Harvestern im WOHNGEBIET (Sicherheitsabstand von 60-70 Metern wegen Gefahr des Kettenschusses wurde nicht einmal ansatzweise eingehalten! Nicht einmal die obligatorischen 2 Baumlängen!) vorgegangen ist. Oder die Übergriffe von Securites gegen Versammlungsteilnehmer*innen blieben ebenso ungestraft!
So nett die Elke Kahr ist, so schwächelt sie in mancher Hinsicht sehr und war nicht einmal in der Lage dafür zu sorgen, dass ihr Ressort korrekt volle Auskunft auf ein Auskunftsbegehren zu den höchstumstrittenen gemeingefährdenden Baumfällungen gab.
Krähwinkel bleibt Krähwinkel!
https://www.murxkraftwerk.at
So erfreulich das Wahlergebnis für die KPÖ Graz ist, so bleibt es vorerst ein Lokalerreignis, weil es auch der überheblichen Nagl-ÖVP zu verdanken ist!
Die KPÖ Graz ist zwar ganz nett, bleibt aber im Großen und Ganzen im engen Rahmen der herrschenden Verhältnisse, ist also so etwas wie bessere Sozialdemokratie. Immerhin.
In Oberösterreich hingegen konnte die KPÖ trotz Coronakrise nur um 0,06% zulegen! In OÖ war die KPÖ so weit ich das feststellen kann in Sachen Coronakrise ziemlich obrigkeitsstaatsgläubig.