Tag des Tigers: Gestreifter Segen für das Ökosystem
Jedes Jahr am 29. Juli wird der Internationale Tag des Tigers begangen. Was hat es damit auf sich? Weshalb sind Tiger so gefährdet? Und warum sollten wir die Großkatzen überhaupt schützen?
Von Moritz Ettlinger
Als sich im Jahr 2010 die sogenannten „Tiger Range Countries“ zu einem außerordentlichen Treffen in St. Petersburg versammelten, war die Lage ernst. Von den vormals 100.000 Tigern in freier Wildbahn waren nur noch etwa 3.200 übrig geblieben, allein in der ersten Dekade des 21. Jahrhunderts gingen Tigerpopulation und -lebensraum um 40 Prozent zurück.
Um eine Trendumkehr zu schaffen und die Großkatzen vor dem Aussterben zu bewahren, stellten die 13 Länder, Bangladesch, Bhutan, China, Indien, Indonesien, Kambodscha, Laos, Malaysia, Myanmar, Nepal, Russland, Thailand und Vietnam, eine Vielzahl an Forderungen auf – vor allem an sich selbst. Es müsse alles Mögliche getan werden, um die Tiger-Habitate zu schützen und zu erweitern, der (illegale) Handel mit Tigern und allem, was dazu gehört, müsse unterbunden, die internationale Zusammenarbeit auf diesem Gebiet gestärkt werden. Und, als zehnten Punkt der Deklaration: Der 29. Juli solle von diesem Zeitpunkt an ganz im Zeichen des Tigers stehen.
Heute, am 29. Juli 2021 und Tag des Tigers, sieht die Lage etwas besser aus. Circa 3.890 Tiger lassen sich laut Angaben des WWF aktuell in freier Wildbahn finden – immerhin knapp 700 mehr als 2010. Erfolge konnten dabei vor allem Indien, dem Land mit der größten Anzahl an Tigern und Nepal, das den Bestand der gestreiften Raubtiere im eigenen Land zwischen 2009 und 2018 verdoppeln konnte, verzeichnen. Auch Russland konnte einen Anstieg vermelden.
Schlechter sieht es laut WWF in Laos, Kambodscha und Vietnam aus; dort gelten die Großkatzen als ausgestorben. In Thailand und Malaysia konnte dieses Worst-Case-Szenario bisher vermieden werden, doch auch dort gehen die Zahlen zurück.
Warum sind Tiger gefährdet?
Die Gefahren für die Wildkatzen sind vielfältig. Dem Österreichischen Tierschutzverein sowie dem WWF zufolge haben Tiger durch die Abholzung von Wäldern für Landwirtschaft und Straßenbau 95 Prozent ihrer natürlichen Habitate verloren. Der Klimawandel und die durch ihn häufiger und heftiger werdenden Überschwemmungen beispielsweise in Bangladesch tragen ebenfalls nicht gerade zur Besserung der Lage bei.
Auch das Jagen von Tigern für Fell oder Knochen ist kein Klischee, sondern traurige Realität: Die Preise auf illegalen Märkten für Produkte aus Tigererzeugnissen gehen durch die Decke. 15.000 Euro muss man für ein Fell laut übereinstimmenden Angaben von WWF und Tierschutzverein auf den Tisch legen, ein Kilo Knochen kostet demnach rund 6.500 Euro. Knochen werden beispielsweise in der traditionellen chinesischen Medizin verwendet, der sogenannte “Tigerwein”, eine Brühe aus zerriebenen Tigerknochen, ist noch immer verbreitet und wird als angebliches “Heilwasser” gegen verschiedene Krankheiten verkauft.
Ein großes Problem stellt außerdem die Haltung der Großkatzen auf Tigerfarmen und in Zoos dar. Mehr als 20.000 Tiger werden weltweit in Gefangenschaft gehalten, das sind mehr als fünf Mal so viele Tiere als in freier Wildbahn leben. In vielen Fällen landen diese Tiere dann schlussendlich auf dem Schwarzmarkt.
Tigerschutz ist Klimaschutz
Tigerschutz ist allerdings kein Selbstzweck – Tiger stellen einen essenziellen Bestandteil für ihr Ökosystem dar. Sie stehen ganz oben in der Nahrungskette und sorgen als große Raubtiere dafür, dass eben diese Nahrungskette im Gleichgewicht bleibt. Wenn der Tiger als natürlicher Feind vieler Tiere verschwindet, würde das fast zwangsläufig zu nachhaltigen Schäden der Vegetation führen.
Der Schutz des Lebensraums des Tigers bedeutet gleichzeitig eine geringere Abholzung von Wäldern und trägt damit sowohl zur Sicherung der Artenvielfalt als auch insgesamt zum Klimaschutz bei. Dass die Zerstörung dieses Lebensraums auch die Konflikte zwischen Menschen und Tiger verschärfen können, sei hier nur am Rande erwähnt.
Ein Jahr haben die 13 Staaten jedenfalls noch Zeit, das 2010 angestrebte Ziel einer Verdoppelung der Tigerpopulation zu erreichen. Stand jetzt ist das sehr unwahrscheinlich, zurücklehnen dürfen sich die „Tiger Range Countries“ aber auch dann nicht, sollte 2022 überraschenderweise doch die 6.400-Tiger-Marke geknackt werden; denn die Gefahren für die majestätischen Tiere werden nicht kleiner.
Quellen:
Titelbild: Chiru Clicks von Pexels
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