Studienerfolg und Erwerbstätigkeit dürfen kein Widerspruch sein!
Ältere Studierende sind häufig neben ihrem Studium berufstätig. Aktuelle Studienergebnisse zeigen, dass sie eine deutlich geringere Abschlusswahrscheinlichkeit aufweisen als ihre jüngeren Studienkolleg*innen. Vor allem öffentliche Universitäten sollten deshalb ihr Studienangebot für berufstätige Studierende ausbauen, damit ältere Studierende nicht benachteiligt werden und genauso erfolgreich studieren können wie ihre jüngeren Studienkolleg*innen.
Von Franziska Lessky (A&W-Blog)
Studienabbruch in Österreich – eine Bestandsaufnahme
Laut des aktuellen Zusatzberichts der Studierenden-Sozialerhebung zum Thema Studienverläufe, betragen die Abbruchquoten in Universitätsstudien 34% und in FH-Vollzeitstudien 20%. Sowohl an öffentlichen Universitäten als auch an Fachhochschulen erfolgt ein großer Anteil der Abbrüche während des ersten Studienjahres („frühe Abbrüche“). Frühe Abbrüche machen mehr als die Hälfte aller Studienabbrüche an öffentlichen Universitäten (54%) und fast zwei Drittel an Fachhochschulen (64% bei Vollzeitstudien bzw. 62% bei berufsbegleitenden Studien) aus.
Vor allem an öffentlichen Universitäten fällt eines besonders auf: Ältere Studienanfänger*innen haben eine deutlich geringere Abschlusswahrscheinlichkeit als jüngere Studienanfänger*innen. Während nach 14 Semestern etwas mehr als 50% der Studierenden, die zu Studienbeginn jünger als 21 Jahre alt waren, ihr Bachelorstudium abgeschlossen haben, sind es unter Anfänger*innen über 30 Jahre nur 19%. Diese Unterschiede sind in berufsbegleitenden Fachhochschulstudien jedoch deutlich geringer ausgeprägt: 71% der unter 21-jährigen und 61% der über 30-jährigen Studienanfänger*innen schließen in diesen Studien ihr Studium erfolgreich ab. Dies verdeutlicht, wie wichtig geeignete Studienstrukturen für den Studienerfolg und die Prävention von Studienabbrüchen sind.
Wie hängen studienbegleitende Erwerbstätigkeit und Studienabbruch zusammen?
Studienergebnisse zeichnen ein diverses Bild hinsichtlich der Auswirkungen von studienbegleitender Erwerbstätigkeit auf den Studienerfolg. So zeigt sich, dass vor allem das zeitliche Ausmaß der Erwerbstätigkeit ausschlaggebend ist: Während eine studienbegleitende Erwerbstätigkeit bis zu 5 Stunden pro Woche einen positiven Effekt auf die Noten der Studierenden haben kann, zeigt sich bei höherer Stundenzahl ein negativer Effekt auf den Studienerfolg: ab einem Erwerbsausmaß von etwa 10 Stunden pro Woche beginnt das zeitliche Ausmaß, welches für das Studium aufgewendet wird, zu sinken. Zudem steigen mit erhöhtem Erwerbsausmaß die Vereinbarkeitsschwierigkeiten, welche wiederum das Studienabbruchrisiko erhöhen. Davon sind vor allem ältere Studierende betroffen, wie die aktuelle Studierenden-Sozialerhebung zeigt: Je älter Studierende sind, desto eher gehen sie einer Erwerbstätigkeit nach und desto höher ist das zeitliche Ausmaß ihrer Erwerbstätigkeit. Ältere Studierende sind nicht zuletzt deshalb deutlich häufiger erwerbstätig, weil für sie das Erwerbseinkommen zur Bestreitung ihres Lebensunterhalts unbedingt erforderlich ist.
Qualitative Studien haben hinsichtlich des subjektiv wahrgenommenen Wohlbefindens von erwerbstätigen Studierenden gezeigt, dass diese häufiger von Müdigkeit und Schlafproblemen berichten, oder das Gefühl haben, vermehrt krank zu werden. Dies trifft vor allem auf jene Studierenden zu, die aufgrund von finanzieller Notwendigkeit studienbegleitend erwerbstätig und über mehrere Jahre hinweg dieser Doppelbelastung ausgesetzt sind. Eine solche Belastung kann in letzter Konsequenz zu einem Studienabbruch führen. Studium und Beruf miteinander zu vereinbaren, ist daher vor allem an öffentlichen Universitäten, an denen es kaum berufsbegleitende Studienangebote gibt, kein leichtes Unterfangen.
Was können Institutionen tun, um das Studienabbruchrisiko erwerbstätiger Studierender zu senken?
Im Sinne des lebenslangen Lernens (LLL) sollte vor allem an öffentlichen Universitäten das berufsbegleitende Studienangebot ausgebaut werden. Des Weiteren wären an Hochschulen auch der Ausbau an Betreuungseinrichtungen, wie z.B. Kindergärten, eine wichtige Entlastung. Damit könnte die Vereinbarkeit von Studium und Familie, welche ebenfalls ältere Studierende tendenziell häufiger betrifft, verbessert werden.
Nachdem mehr als die Hälfte der Studienabbrüche innerhalb des ersten Studienjahres stattfinden, sollten vor allem in der Studieneingangsphase gezielte Maßnahmen gesetzt werden. Diese sollten unter anderem das Zurechtfinden mit den Anmeldesystemen, das Erproben geeigneter Lernstrategien zur Prüfungsvorbereitung sowie die soziale und akademische Integration an der Hochschule betreffen. Auch in der Studienabschlussphase – in welcher es primär um das Schreiben der Abschlussarbeit geht – sind engmaschige Unterstützungsangebote von Relevanz. Diese Angebote sollten jedoch nicht als extracurriculare Aktivitäten angeboten werden, sondern so weit wie möglich in das Studium integriert sein. Des Weiteren sollte das hochschulische Personal im Hinblick auf eine heterogenitätssensible Gestaltung der Lehre unterstützt werden. Das betrifft zum Beispiel den Einsatz vielfältiger Formate, wie Lecture Casts, mit Hilfe derer Lerninhalte online und zeitlich flexibel konsumiert werden können.
Nicht zu vernachlässigen sind schließlich die finanziellen Hürden, die mit einem Studium verbunden sind. Daher sollte die Berufstätigkeit wieder als Grund für den Erlass von Studiengebühren gelten und die staatliche Studienförderung weiter ausgebaut werden. In der „Nationalen Strategie zur sozialen Dimension“ wurde das Ziel verankert „die Studienerfolgschancen für alle Studierendengruppen zu verbessern“. In diesem Sinne dürfen Studienerfolg und Erwerbstätigkeit kein Widerspruch mehr sein!
Titelbild: Wokandapix auf Pixabay