Sind SF-Autoren in der Lage gute Dichter zu sein?
Die Kolumne für Science Fiction, Politik und Nudelsalat. Von Max Sternbauer
Vor einigen Jahren war ich auf eine glorreiche Schnapsidee gekommen.
Weil mir riesige Lücken in meinem Wissen über Science Fiction Literatur bewusst geworden waren, wollte ich diesen Missstand mit einer verstärkten Lektüre von Büchern dieser Gattung Abhilfe schaffen.
Was sich als geplanter Rohrkrepierer erweisen sollte, der nicht einmal das Stadium der ersten Versuche verlassen sollte.
Ich konzentrierte mich zuerst auf die sogenannten großen Klassiker der amerikanischen SF, also Asimov, Clarke, Heinlein.
Aber, schon bei einem oberflächigen Studium der Werkausgabe dieser Herren, musste ich geschockt feststellen, dass jeder von ihnen so im Schnitt an die fünfzig Bücher verfasst hatte, was mich zu der Ansicht brachte, dass sie wohl selten die grausamen Untiefen der Inspirationslosigkeit durchleben müssen.
Ich gab den Plan noch am selben Tag auf, um ihn durch einen anderen zu ersetzen, der mir leichter zu handhaben erschien; wenn mir ein einzelnes Buch gefällt, dann nehme ich es mit nach Hause und lese es. Revolutionär!
So kam ich dazu, Isaac Asimovs Buch „Aufbruch zu den Sternen“ zu lesen, der erste Band seines FOUNDATION-Zyklus. Dabei machte ich eine erstaunliche Entdeckung: der Mann konnte nicht schreiben.
Aber ich meine das nicht, wie Sie es höchstwahrscheinlich gerade wahrnehmen, genau ähnlicher Fauxpas ist mir mit einer Bekannten passiert, die dann naserümpfend eine Analyse über meine Schreibkünste gegeben hatte.
Aber, das erkläre ich nicht zu meiner Verteidigung, fehlte da ein Zusatz: Er konnte nicht schreiben und wollte es auch gar nicht.
Und bei dieser Bemerkung fehlt eine Berichtigung: Asimov war die Anerkennung des Feuilleton egal, sein Schreiben war ihm wichtig.
In der Tat sind Asimovs Bücher literarisch sehr karg gestaltet, was zu einem literaturwissenschaftlich kaum erschlossenes Feld führt. Viele Literaten, haben oder hatten auf sogenannte dichterische Qualität, einfach gepfiffen. Damit sind nicht Autoren von Online-Liebesromanen gemeint, die in ihrer Freizeit so sinnige Titel für ihre Werke entwerfen wie „Abmelken für den Diktator.“
Asimov war es wichtiger, seine Gedanken über die Entwicklung der Technik, in seinem Fall sind die Roboter am bekanntesten, aufzuschreiben und zu analysieren wie die Menschen damit umgehen werden. Ihm war nie daran gelegen gewesen, sprachliche Bilder zu entwerfen, in einer Lyrik, die die Zeiten überdauern sollte.
Interessanterweise fand ich an anderer Stelle eine ähnliche Überlegung. Tom Wolfe war einer der bekanntesten Vertreter des New Journalism in den USA, einer Bewegung die literarische Einflüsse in ihre Arbeit als Reporter einfließen lassen wollten. In seinem Nachtrag für sein Buch „Fegefeuer der Eitelkeiten“ verfasste er eine Analyse über die realistische Literatur in den USA, dabei kritisierte er damalige Tendenzen in der US-Literatur, die sich aus seiner Sicht in postmoderne Eperimente verirrt habe, und er vermisse Bücher, die die Spannungen der Gesellschaft unter die Lupe nahmen. Hier nahm Wolfe auch Bezug zu seinem Schreiben und musste feststellen, dass er in seiner Anfangszeit auch versucht habe, literarische Unsterblichkeit zu erreichen, dieses Experiment aber rechtzeitig wieder aufgegeben hatte. Ich hatte bei der Lektüre das ungute Gefühl, dass einer Gänsehaut glich, dass er auch SF mit gemeint haben könnte.
Ich muss gestehen, dass diese Haltungen mich sehr beeinflusst haben. So habe ich für mich, ganz privat, mein eigenes literarisches Programm erstellt. Keine Sorge, ich werde kein Manifest verfassen, davon bekommt man nur Krämpfe wegen den ständig geballten Fäusten. Meine Gedanken habe ich unter dem Titel „Revolutionärer Eskapismus“ zusammengefasst.
Zugegeben, mir gefällt Asimovs Ansatz, weil auch ich meine Gefechte mit anderen Autoren und Kritikern habe hinter mich bringen müssen, mit dem Erkenntnisgewinn, dass man es sowieso keinen Recht machen kann. Also, werde ich nur noch schreiben was mir gefällt und nicht nach Preisen schielen, weil die kriege ich sowieso nicht.
Buchtipp:
Wo endet die Welt
Science Fiction Stories
von Max Sternbauer
176 Seiten
ISBN-13: 9783744872911
Titelbild: StockSnap auf Pixabay
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