Der alternative Transferticker #6
Diese Woche mit Manchester-City-Schwerpunkt: Coach Guardiola durfte erneut Millionen verteilen, um seine Wunschspieler in den Nordwesten Englands zu lotsen. Außerdem: Wie ein US-Milliardär inmitten einer Pandemie einen Fußballverein kauft.
Im „alternativen Transferticker“ gibt Moritz Ettlinger einen Überblick über die interessantesten Fußball-Transfers der Woche und veranschaulicht kritisch und nicht ganz ohne Ironie, was man mit dem Geld für überteuerte Fußballer sonst noch hätte machen können bzw. was mit ähnlichen Summen bereits gemacht wurde.
68,3 Millionen Euro für Nathan Aké und Ferrán Torres – dank eines Gerichtsurteils
Um fast 800 Millionen Euro hat Manchester City-Trainer Pep Guardiola seit seinem Amtsantritt 2016 auf dem Transfermarkt eingekauft. Seit vergangener Woche sind es 68,3 Millionen mehr: Diese Summe legte der englische Vizemeister letzte Woche für Innenverteidiger Nathan Aké sowie Flügelstürmer Ferrán Torres auf den Tisch.
Der 25-Jährige Aké kommt aus dem Nachwuchs des FC Chelsea und mauserte sich seit seinem Wechsel zum AFC Bournemouth zu den besten Defensivspielern der Liga. Das würdigte der Scheich-Klub jetzt mit einer stattlichen Ablöse in Höhe von 45,3 Millionen Euro und einem Vertrag bis 2025.
Die Dienste von Ferrán Torres ließen sich die „Skyblues“ 23 Millionen Euro kosten, der 20-Jährige wechselt vom FC Valencia nach Manchester. Torres unterschreibt ebenfalls einen Vertrag bis 2025 und soll die Nachfolge von Leroy Sané antreten, der England vor ein paar Wochen in Richtung Bayern München verlassen hatte.
Dass Pep Guardiola erneut so tief in die Tasche greifen konnte, liegt auch am Urteil des Internationalen Sportgerichtshofes (CAS). Dieser hatte nämlich am 13. Juli die Europacup-Sperre der Citizens aufgehoben und die Strafe von 30 auf 10 Millionen Euro reduziert. Damit ist Manchester City nun doch in den kommenden Spielzeiten für die Champions-League spielberechtigt und kann mit diesen Einnahmen planen. Außerdem wäre es den City-Verantwortlichen wohl deutlich schwerer gefallen, ohne die Aussicht auf Champions-League-Spiele namhafte Spieler zu verpflichten.
Wen interessiert, warum dieses Urteil äußerst fragwürdig ist und einen herben Rückschlag für die UEFA und das Financial Fair-Play bedeutet, dem sei dieser Kommentar von Robert Kempe von der tagesschau sowie dieses Video von Nico Heymer von Onefootball ans Herz gelegt.
Wie wär‘s stattdessen mit der Erhaltung von Arbeitsplätzen?
Es liegt auf der Hand, dass es zahlreiche Wege gäbe, Millionen wie diese sinnvoller einzusetzen. Da wäre zum Beispiel die Rettung von Menschenleben. Um Krankentransporte, Notfälle oder sonstige Rettungseinsätze in Tirol auch für kommendes Jahr zu gewährleisten, bezahlt das Land ab 1. Jänner 2021 45,35 Millionenen Euro jährlich an Rotes Kreuz & Co. – exakt jene Summe also, die Manchester City für seinen neuesten Innenverteidiger ausgab. Auch der Covid-19-Forschung wäre mit einem Betrag wie diesem sicherlich geholfen. Deutschland hat das verstanden und will insgesamt 45 Millionen Euro in die Erforschung des Virus investieren.
Wenn man die Summe für beide Spieler zusammenrechnet landet man bei 68,3 Millionen Euro. Würde Scheich Mansour Bin Zayed Al Nahyan noch zwei Millionen Euro drauflegen, was bei einem geschätzten Vermögen von über 20 Milliarden Euro kein Problem sein dürfte, könnte er viele Arbeitsplätze retten. 70 Millionen Euro hat nämlich der österreichische Stahl- und Technologiekonzern voestalpine durch die Corona-Pandemie verloren – und angekündigt, in der Steiermark bis zu 550 Stellen zu streichen.
13 Millionen Euro Axel Disasi – oder österreichische Sportvereine
Eine Kategorie darunter, aber trotzdem als sehr teuer einstufen lässt sich der Transfer von Axel Disasi zum AS Monaco. Der 22-jährige Innenverteidiger wechselt von Stade Reims zum Team von Neo-Coach Niko Kovac und unterschreibt einen Vertrag über fünf Jahre. Der AS Monaco beendete die (abgebrochene) Saison in der Ligue 1 nur auf dem neunten Rang, Disasi soll jetzt mithelfen, die wackelige Defensive (44 Gegentore in 28 Spielen) zu stabilisieren.
Stabilisiert werden müssen auch Österreichs Sportvereine. Durch die Corona-Krise haben sie viel Geld verloren, jetzt hilft der Staat aus: Mehr als 13 Millionen Euro sollen an Unterstützung an 1400 Sportvereine fließen.
Während einer Pandemie einen Fußballverein kaufen
Zu wenig Geld auf der Seite hat der US-Unternehmer Dan Friedkin mit Sicherheit nicht. Dank eines Vermögens von über 4 Milliarden US-Dollar ging sich trotz weltweiter Gesundheitskrise sogar noch der Kauf eines Fußballvereins aus: Am 6. August wurde bekannt, das Friedkin den italienischen Verein AS Rom übernimmt. Kostenpunkt: 600 Millionen Euro.
Zum Vergleich: Genauso schwer ist das Rettungspaket für die Austrian Airlines, genauso viel will Deutschland der globalen Impfallianz „Gavi“ zusätzlich zur Verfügung stellen. Südtirol rechnet ebenfalls mit Kosten von mindestens 600 Millionen Euro, die auf das Land im Jahr 2021 durch die Corona-Krise zukommen werden.
Nur 30 Euro garantieren laut Unicef im Jemen für 36.400 Liter sauberes Trinkwasser, 100 Euro reichen aus, um 22 Schulkinder dort mit Schulsachen zu versorgen. Dan Friedkin hätte also für 728 Milliarden Liter Trinkwasser sorgen können. Oder Schulsachen für 132 Millionen Kinder kaufen können. Nicht, dass diese Kalkulationen wirklich sinnvoll wären, aber sie zeigen die Relation. Doch einen Fußballverein zu besitzen macht sicher mehr Spaß, als Geld an Bedürftige zu spenden. Oder, Mr. Friedkin?
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Zu den bisherigen Ausgaben des „alternativen Transfertickers“
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Titelbild: Unsere Zeitung/Moritz Ettlinger