Wie schnell können sie lesen?
Die Kolumne für Science Fiction, Politik und Nudelsalat. Von Max Sternbauer
An einem Tag, den ich schon längst wieder vergessen habe, konsultierte ich die digitale Präsenz der Tageszeitung Welt, und dort sah ich etwas was ich zuvor noch nie gesehen hatte.
Neben dem Artikel, den ich konsumieren wollte, war eine kleine Uhr angebracht, neben einer Angabe über die Lesezeit, in meinem Fall wären es vier Minuten gewesen. Meine erste Reaktion war, was soll der Scheiß? Ist es neuerdings Sitte, die Länge eines Textes nicht mehr an so profanen und traditionellen Mitteln wie Seiten und Wörtern zu bestimmen, sondern über eine, die ausgerechnet wurde zu dem Zweck, dem Leser eine statistische Durchschnittslesezeit anzubieten?
Warum klebt dieser Hinweis nicht schon längst auf Büchern, wäre das nicht praktisch. Man könnte sich überlegen, ob es die Lebenszeit wert ist, die man für diesen Schmöker verplempern könnte.
Auf dem Hinweis könnte vermerkt sein: Stephen King, Lesedauer zwei Wochen, oder: Umberto Eco, Lesedauer, hängt von der individuellen Lebenserwartung ab.
Wurde während des Rechenvorgangs besondere Umstände berücksichtigt, wie etwa Ferien oder Aufenthalte im tiefsten Urwald. Man liest nämlich anders, wenn man von Kannibalen oder Alligatoren gejagt wird. Spannend bleibt auch die Frage, wie Welt dieses Modell errechnet hat, sicher mit Hilfe eines Computers. Ich mag aber lieber die Idee, dass die Tageszeitung Welt einhundert GermanistikstudentInnen in eine geheime Halle gesperrt hat, um sie Artikel um die Wette lesen zu lassen. Der/Die Gewinner/in konnte sich dann über ein Gratis-Abo der Welt freuen.
Was wird sich als neuer Trend einbürgern, Tolstojs Krieg und Frieden mit einer Stoppuhr lesen?
Tolle Zeiten werden das……….
Um der Wahrheit die Ehre zu geben, habe ich diesen Text nur geschrieben, um meine Bücher zu bewerben. Hier der Link.
Titelbild: Pixabay
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