Wut und Menschlichkeit
Über 600 TraiskirchnerInnen protestierten in Wien gegen „erbärmliches Spiel“ der Innenministerin – Bürgermeister Babler: „Wir werden nicht locker lassen.“
Wien – Dienstag, 18.45 Uhr: 13 Busse aus Traiskirchen machen Halt vor dem Burgtheater. Geplant ist keine Sightseeing-Tour durch den 1. Bezirk, sondern ein Aufmarsch wütender BürgerInnen, die sich von der Bundesregierung und ihrer Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) im Stich gelassen fühlen.
Seit Jahrzehnten ist Traiskirchen der Brennpunkt österreichischer Asylpolitik. Das Erstaufnahmezentrum für Kriegsflüchtlinge platzt aus allen Nähten, in den letzten Tagen wurden zudem noch Zeltstädte errichtet. Gegen das Massenlager läuft die Stadtgemeinde Sturm, allen voran ihr Bürgermeister, Andreas Babler (SPÖ).
In seiner beeindruckenden Rede vor dem Innenministerium geißelt er das „erbärmliche Spiel“, das nicht nur auf dem Rücken seiner Stadt, sondern auch auf dem der Asylsuchenden ausgetragen wird.
„Flüchtlinge menschlich unterbringen!“, war eine der drei Losungen, die Hunderte auf kleinen roten Schildern in die Höhe hielten. „Hinter jedem Flüchtling steckt eine Geschichte und wir sind nicht diejenigen, die darüber richten, ob jemand zurecht Asyl bekommt, oder nicht“, so Babler, der auch den Begriff „Wirtschaftsflüchtling“ kritisierte, weil viele Länder unter dem Profit des Westens leiden. Kritik übte der streitbare Bürgermeister auch an seiner eigenen Partei und verlangte von Bundeskanzler Werner Faymann dafür zu sorgen, dass die Regierung ordentlich arbeite.
Es sei an der Zeit über alle Parteigrenzen hinweg zu Lösungen zu kommen, so Babler, der abermals betonte, dass Traiskirchen durchaus bereit sei, 300 bis 400 Flüchtlinge zu beherbergen. Der Bürgermeister forderte in seiner knapp 30 minütigen Rede abermals ein bundesweites Asylbetreuungsgesetz und kritisierte die Blockadehaltung Mikl-Leitners, die es als Innenministerin, so Babler, nicht mehr lange geben werde, „wenn sie noch ein paar Interviews gibt“.
Für die Traiskirchner Bevölkerung war die heutige Kundgebung jedenfalls nicht der Abschluss ihres Protests. Babler kündigte an, dass die Innenministerin, wenn sie im Sommer auf diversen Weinfesten und dergleichen die „heile Welt“ vorspielen möchte, mit einer Abordnung aus Traiskirchen konfrontiert werde, um sie an den „Skandal“, den sie zu verantworten habe, zu erinnern. „Wir werden nicht locker lassen!“, so Babler. Er stehe als Bürgermeister und Mensch zu seiner Verantwortung.
Respekt zollte ihm nach Ende der Kundgebung auch sein Vorgänger, Fritz Knotzer: „Der mocht des scho guat! Es geht in die richtige Richtung.“, so das Traiskirchner Stadtoberhaupt von 1984 bis 2014.
Text: Michael Wögerer
Fotos: Unsere Zeitung (Alexander Roll und Michael Wögerer)
VIDEO (Auszug aus der Rede von Bgm. Andreas Babler):
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