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Wie wir unsere Mobilität sozial und ökologisch umbauen können

Mobilität ist ein zentrales Grundbedürfnis. So wie sie momentan organisiert ist, ist sie jedoch teuer, klimaschädlich, ungerecht und oftmals ineffizient. Wir zeigen in unserem Umbauplan, wie eine gute Zukunft für die Vielen ausschauen kann, in der wir die Klimakrise bekämpfen und dabei das Leben der Arbeitenden verbessern. Im Verkehr heißt das, auf die drei Grundprinzipien Vermeiden, Verlagern, Verbessern zu setzen. Wir schlagen konkrete Maßnahmen vor, wie das gehen kann.

Von Heinz Högelsberger, AK Wien (A&W-Blog)

Schon unsere Großeltern hatten – so wie wir – durchschnittlich drei Wege pro Tag und waren dabei anderthalb Stunden unterwegs. Daran hat sich nicht viel geändert. Wir sind also weder mobiler geworden, noch haben wir uns Reisezeit erspart. Wir sind halt hauptsächlich mit dem Auto unterwegs und damit häufig auch schneller. Das wird aber durch die längeren Distanzen wieder kompensiert.

Daran muss sich etwas ändern, denn unser derzeitiges Verkehrssystem ist teuer, ineffizient, unsozial, unökologisch und ungesund. Wir legen 60 Prozent unserer Wege mit benzin- oder dieselbetriebenen Autos zurück; und zwar meist allein. Der Verkehr belastet die Umwelt und verfehlt die Klimaziele. 99 Prozent der Verkehrsemissionen gehen laut österreichischem Klimaschutzbericht auf den Straßenverkehr zurück (der internationale Flugverkehr wird hier allerdings ausgeklammert). Autofahren ist sehr teuer, doch fast ein Fünftel der Bevölkerung lebt fern jeder Öffi-Anbindung und hat wenig Alternativen. Güter werden zu oft per Lkw transportiert – auch weil die Fahrer:innen durch schlechte Löhne und Arbeitsbedingungen ausgebeutet werden. Mit dem Umbauplan der Arbeiterkammer Wien zeigen wir, wie es anders geht, wie wir die Klimakrise abwenden können und dabei das Leben der Arbeitenden verbessern. Wir zeigen das in allen Bereichen, in denen wir die Interessen unserer Mitglieder vertreten, einer davon ist Verkehr.

Nach dem Umbau …

… bewegen wir uns weniger mit Autos und mehr mit öffentlichen Verkehrsmitteln, zu Fuß oder mit dem Rad. Alle Menschen haben ein Recht auf gute und nachhaltige Mobilität. Das hat viele positive Folgen: Weniger Lärm, sauberere Luft und mehr Bewegung stärken unsere Gesundheit. Es gibt kaum noch Tote durch Verkehrsunfälle oder Luftverschmutzung. Unsere Städte sind lebenswerter, weil Parkplätze und Straßen rückgebaut und durch Grünflächen ersetzt wurden. Kinder können sich freier und sicherer bewegen. Ehemalige Autofahrer:innen sparen sich Geld und kommen entspannter ans Ziel. Die Arbeitsbedingungen im Verkehrsbereich haben sich entscheidend verbessert. Um aus dieser Vision Wirklichkeit zu machen, müssen wir die drei Grundprinzipien der Mobilitätswende konsequent anwenden:

Verkehr vermeiden – verlagern – verbessern

Der sauberste und billigste Verkehr ist jener, der nicht stattfindet. Raum- und Stadtplanung sorgen dafür, dass Schule, Kindergarten oder Einkauf zunehmend in kurzer Zeit und ohne Auto erreichbar sind. Die Fachmarktzentren am Kreisverkehr haben ausgedient. Das Leben verlagert sich wieder in die Ortskerne. Wir schaffen „Städte und Regionen der kurzen Wege“. Siedlungsentwicklung findet nur mehr entlang von Öffi-Achsen statt. Die Wirtschaftspolitik fördert regionale Wertschöpfungsketten statt ruinösen Standortwettbewerb. Das vermeidet unnötigen Güterverkehr und schafft Arbeitsplätze vor Ort.

40 Prozent aller Autofahrten sind heute kürzer als fünf Kilometer (ideale Raddistanz), zwei Drittel kürzer als zehn Kilometer (Umstieg auf das E-Bike). Diese Zahlen legen nahe, dass schon jetzt ein Großteil der Pkw-Fahrten verlagerbar wäre. Dafür muss eine bessere Infrastruktur geschaffen werden. Aber auch sogenannte Push-Maßnahmen, wie strengere Tempolimits oder Fahrverbote, sind hilfreich. In der Stadt erleichtern in Zukunft immer mehr attraktive Geh- und Radwege den Ausstieg aus dem Pkw. Am Land erreichen reaktivierte Regionalbahnen Menschen, die zuvor keinerlei Öffi-Anschluss hatten. Durch eine Mobilitätsgarantie und Öffi-Mindestversorgungsstandards können Alltagswege ohne eigenen Pkw bewältigt werden. Unternehmen an schlecht angebundenen Standorten schaffen mit Werksbussen eine Alternative zum Autopendeln. Betriebliches Mobilitätsmanagement muss gesetzlich verankert werden.

Fliegen ist die umweltschädlichste Art der Fortbewegung; sie wird bevorzugt von Wohlhabenden genutzt. Um den Flugverkehr zu reduzieren, bedarf es einer erhöhten und stärker differenzierten Flugticketabgabe. Um den Umstieg auf Nachtzüge und die Bahn generell zu fördern, wäre es denkbar, Kurzstreckenflüge und Privatjets zu verbieten. Weitere Ausbaupläne von Flughäfen wären zu hinterfragen. Die Arbeitsbedingungen in der Luftfahrt müssten sich stark verbessern und die Berufsqualifikationen auch für andere Tätigkeitsfelder anwendbar sein.

Im Güterverkehr müssen wir echte Kostenwahrheit schaffen, die Umwelt- und soziale Kosten einrechnet. So ist eine flächendeckende Lkw-Maut überfällig. Die Elektrifizierung von Liefer- und Zustellverkehren wäre technisch schon längst möglich. Die nötige Kapazitätssteigerung im Bahnverkehr können wir durch langfristig fixierte Investitionen ermöglichen.

Was weiterhin an Pkw-Verkehr notwendig ist, wird durch Elektromotor, Sharing oder Sammeltaxis ökologischer gemacht. Faire Löhne und gute Arbeitsbedingungen machen den Verkehrssektor, von Bus und Bahn über Lkw und Flugzeug bis hin zu Taxis und Zustelldiensten, attraktiver.

Drei Maßnahmenbündel für die Mobilitätswende

1. Recht auf gute und nachhaltige Mobilität für alle: Alltagswege müssen ohne Pkw möglich sein. Dabei helfen die Reaktivierung und Elektrifizierung der Regionalbahnen, ein engmaschiges Busnetz, Sammeltaxis, regionale Sharing-Modelle sowie attraktive Geh- und Radwege.

2. Faire Löhne und gute Arbeitsbedingungen schaffen: Im gesamten Transport- und Logistiksektor stellen engmaschige Kontrollen sicher, dass Kollektivverträge, Arbeits- und Lenkzeiten, Löhne, Sozialstandards, Tempolimits und Höchstgewichte eingehalten werden.

3. Unsere Bahnen schützen und stärken: Die Bahn als Rückgrat der Verkehrswende bleibt in öffentlicher Hand. Negative Liberalisierungen werden zurückgenommen. Öffentliche Investitionen ermöglichen die geplante Verdoppelung der Transportkapazitäten der ÖBB bis 2040. Die Fahrzeuge und Schienen für die Mobilitätswende produzieren wir selbst in den Regionen. Die Bahnindustrie und der öffentliche Verkehr insgesamt machen sich mit guten Arbeitsbedingungen attraktiv für Beschäftigte, die andere Branchen verlassen.

Dieser Beitrag beruht auf dem Kapitel zum Thema Verkehr aus dem Plan der Arbeiterkammer Wien für den sozialen und ökologischen Umbau, in dem wir zeigen, wie wir die Klimakrise abwenden können und dabei das Leben der Arbeiter:innen und Angestellten verbessern.
Hier geht’s zum ganzen Umbauplan:

Langfassung:
https://emedien.arbeiterkammer.at/resolver?urn=urn:nbn:at:at-akw:g-6692583

Broschüre:
https://emedien.arbeiterkammer.at/resolver?urn=urn:nbn:at:at-akw:g-6692598

Website:
https://wien.arbeiterkammer.at/umbauplan


Dieser Beitrag wurde am 14.06.2024 auf dem Blog Arbeit & Wirtschaft unter der Creative-Commons-Lizenz CC BY-SA 4.0 veröffentlicht. Diese Lizenz ermöglicht den NutzerInnen eine freie Bearbeitung, Weiterverwendung, Vervielfältigung und Verbreitung der textlichen Inhalte unter Namensnennung der Urheberin/des Urhebers sowie unter gleichen Bedingungen.

Titelbild:  Jason Mavrommatis auf Unsplash

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